Vaihinger Tour-de-France-Teilnehmer Nur wenig Zeit für Muße

Von kü/ae
Der Vaihinger Radprofi Alexander Krieger vom Team Alpecin-Deceuninck kommt nach der zwölften Etappe der Tour de France in Alpe d’Huez an. Foto: Imago/Panoramic International/Nico Vereecken

Nach seiner Tour-de-France-Premiere und einer Phase der Entschleunigung ist der Vaihinger Radprofi Alexander Krieger wieder im Wettkampfmodus. Bei der Straßenrad-EM in München wird er drittbester Deutscher.

Körperliche Anstrengung ist er gewöhnt. „Aber bei der Tour de France ist immer noch ein bisschen mehr los als bei anderen Radrennen“, sagt Alexander Krieger. Der 30 Jahre alte Radprofi aus Vaihingen war zum ersten Mal bei der Tour dabei. Danach hat er ein paar Wochen gebraucht. „Entschleunigen“ hieß das Stichwort. „Da bin ich erst mal nicht so viel Rad gefahren“, berichtet er. „Ich habe mal mit Freunden was gemacht, mich einfach mal um nicht so viel gekümmert.“

84. Platz in München

Die Zeit der Muße war allerdings nur kurz: Bei der Straßenrad-EM im Rahmen der European Championships war Krieger zuletzt schon wieder im Einsatz für sein belgisches Team Alpecin-Deceuninck. Über 209 Kilometer ging es von Murnau am Staffelsee über Walchensee und Starnberger See bis nach München, wo zum Abschluss fünf Runden durch die Innenstadt anstanden. Den Sieg holte sich der Niederländer Fabio Jakobsen. Krieger landete als drittbester Deutscher auf Rang 84 – einen Platz hinter Roger Kluge. Phil Bauhaus gelang als 18. der Sprung in die Top 20. Ausgerechnet Deutschlands Topsprinter Pascal Ackermann avancierte zum Pechvogel: Der Pfälzer stürzte knapp 45 Kilometer vor dem Ziel, prallte mit voller Wucht in ein Absperrgitter – und musste das Rennen vorzeitig beenden.

Für Krieger ist dagegen in diesem Jahr bisher vieles gut gelaufen. „Seit Anfang, Mitte April war alles sehr eng getaktet“, sagt Krieger. „Es gibt nur einen schmalen Grat zwischen ,es läuft‘ und dass der Körper nicht mehr mitmacht.“ Doch dieses Mal hatte er kaum körperliche Probleme. „Komplett verschont geblieben bin ich nicht“, sagt der Vaihinger, der nach einem Höhentrainingslager die Giro d’Italia, und nach dem nächsten Trainingslager die Tour de France fuhr. Dazwischen absolvierte er noch die Belgien-Rundfahrt und die DM. 

Berühmte Rennen wie den Giro und auch die Vuelta a España – in diesem Jahr vom 19. August bis zum 11. September – kennt Krieger schon, die Tour de France war für ihn Neuland. „Von der Fahrweise sind sie schon ein bisschen unterschiedlich“, fasst er zusammen. „Jedes Rennen ist ultra hart, und drei Wochen sind auch verdammt lang. Aber bei der Tour ist die Leistungsdichte einfach noch mal größer. Und sie ist kontinuierlich schnell. Bei den anderen Rennen wechseln sich schnellere auch mal mit etwas ruhigeren Tagen ab. Ruhig gibt es aber bei der Tour nicht, und dadurch ist die Ermüdung noch größer.“

Rein jahreszeitlich habe man bei Tour und Vuelta üblicherweise mehr mit der Hitze zu kämpfen als beim Giro, sagt Krieger. „Das war dieses Mal aber auch anders“, erinnert er sich an die Italien-Rundfahrt unter sengender Maisonne. Doch abseits vom Sportlichen gebe es bei Giro und Vuelta „deutlich weniger Stress neben dem Rennen“, sagt der 30-Jährige. „Man kann später am Hotel losfahren und ist näher am Parkplatz. Bei der Tour ist viel mehr drumrum. Darum sagen auch manche Profis, sie fahren lieber Giro und Vuelta, aber sie haben keinen Bock mehr auf die Tour.“ Doch die Frankreich-Rundfahrt bekomme eben die weitaus größte Aufmerksamkeit.

Zufrieden mit dem Tour-Debüt

In sportlicher Hinsicht kann Krieger, der jede Rennteilnahme selbstkritisch beurteilt, zufrieden sein mit dem Tour-Auftritt seines Teams – und auch mit dem eigenen Debüt. „Man will immer das Bestmögliche herausholen, aber ich kann sagen: Ich habe es ganz gut gemacht“, berichtet der 30-Jährige. „Wenn Jasper Philipsen in der Position war, zum Sieg zu sprinten, dann habe ich einen guten Job gemacht.“ Denn er war es, der kurz vor Schluss die Vorarbeit zum Erfolg zu leisten hatte. „Da sind aber natürlich noch fünf, sechs andere aus dem Team davor, die auch schon viel Arbeit gemacht haben“, sagt Krieger.

Team feiert zwei Etappensiege

Zwei der vier Sprintwertungen bei der Tour de France gingen an das Team Alpecin-Deceuninck. „Da war ich über die drei Wochen eine Konstante, und Jasper wusste, dass er jemanden hat, dem er vertrauen kann“, sagt Krieger über seinen eigenen Anteil an den zwei Etappensiegen. Dass sich nicht jede Hoffnung bei dem Großevent erfüllt hat – und auch nicht jede Chance genutzt wurde – sei völlig normal. „Manchmal fehlt ein bisschen Glück, manchmal macht man kleine Fehler“, sagt Krieger. Und außerdem müsse man der hohen Leistungsdichte Tribut zollen. „Du hast einen Plan“, sagt er. „Aber du weißt nicht, was die 150 anderen machen. Das ist immer ein bisschen unberechenbar.“ kü/ae

 
 
- Anzeige -