Riesen starten gegen Bamberg in die Playoffs Überflieger bleiben auf dem Teppich

Von Andreas Eberle
Ludwigsburger Senkrechtstarter in Aktion: Riesen-Profi Desi Rodriguez  hängt sich im Heimspiel gegen den FC Bayern München an den Basketball-Korb. ⇥ Foto: Hansjürgen Britsch/Imago Images

Die MHP Riesen Ludwigsburg starten gegen Bamberg in die Playoffs. Trotz der geschichtsträchtigen Hauptrunde verzichtet man beim Spitzenreiter auf kesse Sprüche.

Platz eins, 30 Siege in 34 Spielen, mehr als 3000 erzielte Punkte, eine blütenweiße Weste zu Hause – die letzte Niederlage dort liegt schon 738 Tage zurück –, zwischendurch die längste Erfolgsserie mit 18 Siegen am Stück, die Playoff-Qualifikation nach nur 23 Partien – so eine Hauptrunde werden die MHP Riesen Ludwigsburg wahrscheinlich nie mehr absolvieren. All jene schönen Rekorde sind aber nur noch Schall und Rauch, wenn der Spitzenreiter an diesem Mittwoch (19 Uhr/Live auf Sport 1) Brose Bamberg zum ersten Viertelfinalduell erwartet. „Eigentlich beginnt der Teil, der zum Schluss entscheidet, wo man steht, erst jetzt. Das wissen wir, und darauf sind wir auch gut vorbereitet“, sagt der Vorsitzende Alexander Reil. „Nun müssen wir ein Stück weit das bestätigen, was wir in den 34 Spieltagen erreicht haben.“

Auch wenn Trainer John Patrick nach eigenen Worten nicht viel auf Expertenmeinungen gibt, so werden ihm die lobenden Worte von Henrik Rödl sicherlich gefallen. Der Bundestrainer hatte Ludwigsburg unter der Woche zum heißen Titelkandidaten erklärt und in einem Atemzug mit den Branchenriesen Alba Berlin und FC Bayern München genannt. Doch schwäbisch-bescheiden bleiben die Überflieger aus der Barockstadt auf dem Teppich. Kesse Sprüche sind aus ihrem Lager vor dem Start in die Playoffs nicht zu hören. „Bei aller Euphorie und Erwartungshaltung müssen wir die Kirche im Dorf lassen“, sagt Reil. Er sieht nach wie vor in den Euroleague-Teams von der Spree und der Isar die Topfavoriten auf den Titel und verweist auf deren üppig bestückten Aufgebote und die inzwischen weggefallene Zusatzbelastung durch die internationalen Einsätze mitsamt der Reisestrapazen. „Aber das heißt nicht, dass wir Angst vor diesen Mannschaften haben“, fügt der Klubchef hinzu.

Zunächst gilt die volle Konzentration aber dem einstigen Serienmeister aus Bamberg. Im Pokal und im Liga-Heimspiel haben sich die Riesen mit 99:72 und 83:75 durchgesetzt, Ende April gab es am 31. Spieltag hingegen eine hauchdünne 93:94-Niederlage im Oberfränkischen. Da war allerdings der mittlerweile längst wieder fitte Star und MVP-Kandidat Jaleen Smith wegen einer Fußverletzung nicht mit von der Partie. „Uns ist bewusst, dass wir jedes Spiel gewinnen, aber auch verlieren können. Besonders in den Playoffs zählen Energie, Selbstvertrauen und Aggressivität“, stellt Patrick fest. Seine Prophezeiung: „Letztlich wird die Tagesform die Spiele entscheiden.“

Über allem hängt ohnehin das Damoklesschwert Corona. „Es ist immer ein Stress mit dieser Covid-Pandemie. Wir wissen, dass nur ein positiver Test alles kaputtmachen kann. Deswegen sind wir alle nervös, aber auch sehr diszipliniert“, sagt der Coach. Vor knapp einem Jahr, als seine Truppe überraschend Vizemeister wurde, befanden sich alle Mannschaften während des Finalturniers in München in einer Hotelblase, abgeschirmt von der Außenwelt. Dies ist nun zwar nicht der Fall, aber viel freier werden sich die Profis nicht fühlen. Zwischen Arena und Wohnung pendeln sie. Spiel, Training, Online-Videos zur Vorbereitung auf den Gegner, Spiel – so sieht in den nächsten Wochen ihr Alltag aus. Doch all das wird leicht zu verschmerzen sein, wenn die Riesen im Juni tatsächlich zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte Deutscher Meister werden.

 
 
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