Sachsenheim Biker sind Anwohnern zu laut

Von John Patrick Mikisch
Häfnerhaslach ist bei Motorradfahrern beliebt, zum Leidwesen der Einwohner. Foto: /Martin Kalb

Motorradlärm nervt viele Häfnerhaslacher, doch Beschwerden verhallen bislang. Doch die Behörden tun sich schwer, etwas dagegen zu tun.

Wer Entspannung sucht, ist in Häfnerhaslach eigentlich richtig. Die Kirbachtalgemeinde kuschelt sich malerisch zwischen Weinbergen und Wald in die Landschaft, knorrige Fachwerkhäuser prägen den Ortskern. Es gibt einen Eisautomaten, einen Sportverein und einen Friedhof. Der Bus in die nächstgrößere Gemeinde fährt tagsüber jede halbe und nachts zur vollen Stunde. Kurz: Hier ist es ruhig, jedenfalls meistens.

Beliebte Biker-Strecke

Denn sobald die ersten Krokusse im Frühling durchs Erdreich brechen, sind sie wieder da – die Motorradfahrer. Vorzugsweise am Wochenende sind die in und um Häfnerhaslach unterwegs, wie die Ortsvorsteherin Claudia Volk erzählt. Dafür hat sie durchaus Verständnis. „Ich bin selbst Motorradfahrerin“, sagt Volk. Und das Kirbachtal und der umliegende Naturpark Stromberg-Heuchelberg bieten Bikern viele reizvolle Strecken.

Dazu gehört auch die Kreisstraße 1644, die Häfnerhaslach mit Gündelbach verbindet und sich den Hamberg hinaufwindet. Das Problem: Häfnerhaslach liegt auf der Gegenseite unterhalb des Schlierkopfs. „Wenn Motorradfahrer auf der K 1644 die Maschine aufreißen, schallt das direkt in den Ort hinein“, sagt Volk.

Manche fahren den Hang immer wieder auf und ab und geben dabei kräftig Gas, berichtet sie. Andere Biker sind zwar defensiver unterwegs. Allen gemein ist aber, dass sie durch den Ort müssen, um etwa nach Gündelbach oder Zaberfeld zu fahren.

Während der Motorradsaison von April bis Oktober sei dann an Wochenenden Hochbetrieb auf den Straßen. Und je wärmer die Jahreszeit, desto mehr verlagerten sich die Touren in die frühen Morgen- und späten Abendstunden. Dafür hat Claudia Volk einerseits Verständnis. „Bei 30 Grad im Schatten, schwitzt du dich in der Motorradkombi ja sonst tot.“

Was hilft gegen den Lärm?

Andererseits hat sie großes Verständnis dafür, dass sich Anwohner darüber ärgern, wenn am Samstag oder Sonntag ganze Bikergruppen schon um 6.30 Uhr durchs Örtchen knattern und auch noch abends um 22.30 Uhr unterwegs sind. „Halt solange, wie Licht zum Fahren da ist.“

Um die Lärmbelastung zu reduzieren, seien verschiedene Möglichkeiten denkbar, so Claudia Volk: eine Tempobeschränkung oder ein Blitzer etwa sowie verstärkte Polizeikontrollen, um Raser und getunte Motorräder aus dem Verkehr zu ziehen. Ideen zur Regulierung des Motorradlärms gibt es also, doch bei der Umsetzung hakt es. Denn wie sehr die auswärtigen Biker den Häfnerhaslachern auf die Nerven fallen und wie viele es tatsächlich sind, ist unklar. Es gebe lediglich wenige offizielle Beschwerden, teilt Arved Oestringer, Sprecher der Stadt Sachsenheim, auf BZ-Anfrage mit. Auch der städtische Lärmaktionsplan 2018 sehe für Häfnerhaslach keine Maßnahmen vor.

Das ist auch wenig verwunderlich. Denn die Lärmaktionspläne werden aufgrund von Lärmkarten verfasst, die die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg mit Rechenmodellen erstellt. Diese berücksichtigen allerdings nur Ballungsräume und Hauptverkehrsstraßen mit mehr als 8200 Fahrzeugen am Tag. Wenig überraschend zeigt auch die 2022 fertiggestellte Lärmkartierung für Häfnerhaslach nichts an.

Das bestätigt auch das Landratsamt Ludwigsburg: „Ob Lärmgründe eine Geschwindigkeitsreduzierung des Kraftfahrzeugverkehrs innerhalb von Häfnerhaslach notwendig machen, können wir derzeit nicht beurteilen, da uns keine Lärmdaten vorliegen“, heißt es in einer Stellungnahme.

Tempolimit nicht möglich

Für ein Tempolimit müsste zudem eine Gefahrenlage aufgrund örtlicher Verhältnisse vorliegen. Ein kurvenreicher Streckenverlauf – wie bei der K 1644 nach Gündelbach – stelle nicht automatisch eine besondere Gefahrenlage dar. Die Strecke sei nicht unfallauffällig, so das Landratsamt. „Damit wird eine Geschwindigkeitsreduzierung (innerorts/außerorts) aus Verkehrssicherheitsgründen – ob temporär von April bis Oktober oder lediglich für Motorradfahrer – aktuell nicht erforderlich.“

Grundsätzlich sehe das Landratsamt unterschiedliche Geschwindigkeiten für Auto- und Motorradfahrer „sehr kritisch“. Diese würden Pkw-Fahrer zu gefährlichen Überholmanövern der langsameren Biker verleiten.

Polizei registriert kaum Verstöße

Über die Frequenz von Motorradfahrern Aufschluss geben könnte eine Verkehrszählung. Die hat es auf der K 1644 im Zuständigkeitsbereich des Kreis Ludwigsburg (ab Höhe Rennweg) bisher nicht gegeben. Dahinter sei die Große Kreisstadt Vaihingen zuständig.

Immerhin im Ort hat der Kreis schon einmal Fahrzeuge gezählt. „Das Ergebnis liegt uns aber nicht vor“, sagt der Sachsenheimer Stadtsprecher Arved Oestringer. Ortsvorsteherin Claudia Volk verspricht sich davon aber nicht allzu viel. „Die waren im Januar da. Aber da fährt ja niemand Motorrad“, sagt sie.

Und wie sieht es mit Verkehrskontrollen durch die Polizei aus? Bei einer Aktion im vorigen Jahr habe die Polizei bei Häfnerhaslach mehr als 100 Motorräder überprüft, teilt das Polizeipräsidium Ludwigsburg mit. Demnach wurde bei zwei Motorrädern die Betriebserlaubnis kassiert; in einem anderen Fall stand der Fahrer möglicherweise unter Drogeneinfluss. Ansonsten habe sich die Zahl der Beanstandungen „erfreulicherweise“ bis auf einige kleinere Mängel und Ordnungswidrigkeiten in Grenzen gehalten.

Es scheint so, als ob die Häfnerhaslacher den Motorradlärm wohl noch eine Weile ertragen müssen – zumindest bis die Saison im Herbst wieder endet.

 
 
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