Sachsenheim Großes Interesse an Windkraft

Von Martin Hein
Michael Ilk (vorne links) moderierte die Informationsveranstaltung in der Kleinsachsenheimer Mehrzweckhalle. Foto: /Oliver Bürkle

Rund 100 Bürger haben sich über einen möglichen Windkraftausbau bei Kleinsachsenheim informiert und kritische Fragen gestellt.

Die Stadt hat mit vielen Besuchern und großem Interesse zum Thema Windkraftausbau gerechnet und – wurde nicht enttäuscht. Rund 100 Interessierte fanden den Weg in die Kleinsachsenheimer Mehrzweckhalle. Bekanntlich wurde auf einem Areal zwischen Hohenhaslach und Kleinsachsenheim unter der Bezeichnung LB-18 ein Vorranggebiet für den Windkraftausbau ausgewiesen (die BZ berichtete).

Bürgermeister Holger Albrich wies zu Beginn der Infoveranstaltung darauf hin, dass es der Stadtverwaltung ein großes Anliegen sei, die Bürger möglichst frühzeitig und umfassend zu informieren. Michael Ilk, Leiter Fachbereich Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit, moderierte die Veranstaltung. Zunächst konnten die Bürger über ihre Smartphones die Erwartungen an diese Veranstaltung kundtun. Die Umfrage ergab, dass die meisten Besucher Informationen zum Thema Windkraft wünschten. Ilk wies eindringlich darauf hin, dass es noch ein sehr langer Planungsprozess sei und man erst ganz am Anfang stehe.

Als erstes erläuterte Corinna Schmidt, Referentin für Regionalplanung- und Entwicklung beim Verband Region Stuttgart, dass alle Bundesländer einen definierten Beitrag zur Nutzung von Windenergie liefern müssen. Anhand von Karten veranschaulichte die Referentin, wie auch unter Berücksichtigung des Winddargebotes immer weniger Flächen für solche Anlagen überhaupt in Betracht kommen.

Baden-Württemberg muss nach der Vorgabe des Bundes 1,8 Prozent der Fläche für Windenergie ausweisen. Letztendlich bleibt unter Berücksichtigung aller Vorgaben unter anderem eben dieses Vorranggebiet LB-18 zwischen Hohenhaslach und Kleinsachsenheim als potenzieller Standort übrig.

Wind über Schwellenwert

Ein Bürger stellte fest, dass es in Sachsenheim relativ wenig Wind gebe. Michael Ilk erklärte, dass nach dem Windatlas der Wind über dem definierten Schwellenwert für die erforderliche Windstärke liege. Die Karten seien ungenau, bemängelte ein Bürger, worauf Ilk antwortete, dass es bisher noch keine flurstückscharfe Abgrenzung gebe. AfD-Kreisrat Walter Müller wollte wissen, ob das Vorranggebiet in kommunalem oder privatem Besitz sei und wie viele Windkraftanlagen in LB-18 möglich seien, eine oder zwei oder sogar drei, vier oder fünf? Zur Besitzfrage erläuterte Ilk, dass das Vorranggebiet im Mischbesitz sei und wie viele Anlagen dort möglich seien, werde sich im weiteren Verlauf zeigen.

Der Sachsenheimer Nabu-Vorsitzende Christoph Kaup war ebenfalls unter den Zuhörern und meinte, dass Windräder bei Industriegebieten, beispielsweise beim Eichwald sinnvoller wären.

Ein Bürger wollte von Hallmann wissen, was so ein Geschäftsanteil einbringt. Hallmann antwortete, dass in diesem Jahr vier Prozent Dividende ausgeschüttet werden, im vergangenen Jahr seien es fünf Prozent gewesen. Walter Müller fragte, ob die Stadt Sachsenheim bereit sei, sich an einem solchen Investment zu beteiligen, worauf Bürgermeister Albrich antwortete, dass die Stadt da noch keine Festlegung getroffen habe. Man werde das dann mit dem Gemeinderat beraten. Ilk wies erneut darauf hin, dass man erst ganz am Anfang des Weges sei. Dr. Falk Hecker, Geschäftsführer des Projektplaners WW-Süd erklärte, dass seine Firma bereits 1996 die erste Anlage errichtet und inzwischen rund 100 Anlagen in Betrieb habe.

Er wies darauf hin, dass sich technisch viel getan habe. Aktuelle Anlagen hätten eine Nabenhöhe von bis zu 200 Metern. Dadurch habe man höhere und gleichmäßigere Windgeschwindigkeiten. Anlagen mit 175 Metern Rotordurchmesser würden über sechs Megawatt Peak-Leistung bringen.

„Rein exemplarische Planung“

Es sei eine rein exemplarische Planung, die er nun vorstelle. Für den Bau einer Windkraftanlage benötige man in etwa eine 4000 Quadratmeter große Fläche sowie eine ebenso große Fläche für die Bauphase. Falk Hecker erklärte, dass ein Windrad vom Typ Enercon E175 mit einer Nabenhöhe von 175 Metern und einem Rotordurchmesser von 175 Metern einen Stromertrag von rund 15 000 Mwh pro Jahr erziele. Eine solche Anlage ist 175 Meter hoch und hat eine Nennleistung von 6,3 Megwatt. Hecker zeigte eine Fotomontage des Vorranggebietes LB-18 auf der vier Anlagen zu sehen waren. Nach seiner Aussage wären auf dieser Fläche eventuell sogar fünf oder sechs Anlagen möglich.

Bevor eine Anlage überhaupt erstellt wird, müssten Nutzungsverträge mit den Grundstückseigentümern geschlossen und diverse teils sehr zeitaufwendige Gutachten erstellt werden. Darunter ein avifaunistisches-Gutachten (Artenschutz), Schallgutachten, dann seien noch Gutachten zum Schattenverlauf sowie Wind- und Ertragsgutachten notwendig.

Dann erfolge das Genehmigungsverfahren, dem sich das Ausschreibungsverfahren anschließe sowie eine Streckenstudie für die Transportstrecke. Schließlich seien Schwertransporte für die etwa 100 Meter langen Flügel und Turmkomponenten erforderlich. Dann komme noch die Vergabe weiterer Gewerke für das Fundament, Netzanbindung, eventuell Umspannwerk und dergleichen hinzu.

Für den rein hypothetischen Fall, dass man die Anlage jetzt geplant hätte, würde sich frühestens Mitte 2028 ein Windrad auf der ausgewiesenen Fläche drehen. Ein Bürger merkte an, dass das Windrad vom Typ Enercon 175 etwa doppelt so hoch wie das Ingersheimer Windrad sei, das sei schon eine gewaltige Höhe. Ein weiterer Einwand war der Löchgauer Flugplatz, dessen Einflugschneise man bedenken möge. Corinna Schmidt räumte ein, dass man da noch Gespräche führen müsse.

„Nachbargemeinden ins Boot holen“

Eine Bitte eines Bürgers war, die Nachbargemeinden rechtzeitig mit ins Boot zu holen. Welche Konsequenzen ein kompletter politischer Wechsel auf solche Planungen hätte, war die Frage eines Bürgers. Michael Ilk, antwortete, dass man vom russischen Gas und fossilen Energieträgern weg müsse. Es sei denn, dass sich die politischen Rahmenbedingungen komplett ändern, aber „dann wäre das unser kleinstes Problem“ sagte Ilk unter großem Applaus der Anwesenden.

Ob über die Windkraftanlage eine Bürgerabstimmung durchgeführt wird, wollte ein Bürger wissen. Dies sei bisher nicht vorgesehen, sagte Bürgermeister Albrich, und verwies auf den Gemeinderat, den man dafür habe. Ein Bürger wollte wissen, ob man den Flugplatz der Modellflieger auf Kleinsachsenheimer Gemarkung berücksichtigt habe. Schmidt sagte, dass man sich damit auseinandersetzen werde.

„Wert der Landschaft beachten“

Ein Bürger wollte den Wert der Landschaft der Anlage entgegen stellen. Ilk bestätigte, dass man die Ästhetik mit bewerten müsse. Walter Müller wollte wissen, ob schon Vorverträge abgeschlossen wurden. Michael Ilk wies erneut darauf hin, dass alles, was Hecker von WW-Süd vorgetragen habe, rein hypothetisch gewesen sei und – nein, es seien noch keine Vorverträge abgeschlossen worden.

Abschließend wollte Ilk per Smartphone wissen, ob die Veranstaltung den Besuchern weitergeholfen habe. Von den Teilnehmern stimmten 38 mit Ja, sieben hat die Veranstaltung wenig geholfen, acht teils teils. Bürgermeister Holger Albrich betonte, dass man noch einen langen Weg vor sich habe, dies sei erst der Anfang gewesen. Man werde nicht alle überzeugen können

 
 
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