Sachsenheim Reparieren muss sich wieder lohnen

Von Martin Hein
Michael Perrotta an einem Thermomix. Der Motor ist defekt und so konstruiert, dass eine Reparatur nicht möglich ist. In diesem Fall muss der Motor getauscht werden. Foto: /Oliver Bürkle

Die EU-Kommission will ein Recht auf Reparatur einführen. Michael Perrotta repariert mit seinem technischen Service allerlei Geräte und berichtet von Hindernissen bei der Instandsetzung.

Der Geschirrspüler streikt und zeigt einen Fehlercode an. Das Gerät hat schon etliche Jahre auf dem Buckel. Da stellt sich rasch die Frage, ob eine Reparatur noch Sinn macht oder ein neues Gerät angeschafft werden muss. An dieser Stelle soll das jetzt wieder diskutierte Recht auf Reparatur greifen.

Viele Geräte könnten oft mit überschaubarem Aufwand repariert werden. Nach Angaben der EU-Kommission entstehen in der Europäischen Union jährlich 35 Millionen Tonnen Abfall, 30 Millionen Tonnen verschwendete Ressourcen und 261 Millionen Tonnen Treibhausgase. Mit dem Recht auf Reparatur könne man, so die EU-Kommission über 15 Jahre 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen, etwa 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen und drei Millionen Tonnen Abfall einsparen.

Seit 2007 in Sachsenheim

Michael Perrotta, gelernter Radio- und Fernsehtechniker kennt das Thema in- und auswendig. 1999 hat er den technischen Service Perrotta in Ludwigsburg gegründet. Von Anfang an hat er sich auf die Reparatur von defekten Geräten, vorzugsweise Haushaltsgeräten spezialisiert. 2007 erfolgte der Umzug nach Sachsenheim. Mit seinen inzwischen sechs Mitarbeitern werden Kaffeevollautomaten, Handys, Küchenmaschinen und dergleichen gewartet und repariert.

In der Werkstatt stehen hübsch aufgereiht einige Kaffeevollautomaten nebeneinander. Ein Gehäuseteil ist weggeklappt, ein kompliziertes Innenleben offenbart sich dem Betrachter. Die Geräte müssen häufig nur gewartet werden.

Probleme bereiten bei Vollautomaten oft Kaffeefette, die die Brühgruppe oder den Kaffeeauslauf verstopfen , weiß Michael Perrotta. Ein komplett zerlegter Thermomix M5, das einstige Flaggschiff der Firma Vorwerk, wird gerade repariert. Der Kunde hat vergessen, das Messer einzusetzen. Beim Einfüllen lief dadurch die Flüssigkeit in den Motor und hat das Antriebsaggregat beschädigt. Der Motor ist nach Auskunft von Michael Perrotta leider so konstruiert, dass er nicht repariert werden kann. Ein Austausch ist in diesem Fall unvermeidlich. Aber, und das ist die gute Nachricht, der Thermomix wird mit einem Tauschmotor bald wieder zuverlässig seinen Dienst versehen.

Original-Ersatzteile nicht erhältlich

Eine weitere Schwachstelle dieser Küchenmaschinen sei die Waage, die in Sachsenheim ebenfalls repariert werden kann. Nach den Vorstellungen des Herstellers sollen die Kunden solch defekte Geräte zur Reparatur einschicken. Eine Reparatur vor Ort ist seitens der Hersteller unerwünscht. Oft sind Original-Ersatzteile in Deutschland gar nicht erhältlich und müssen aus Frankreich bezogen werden. Einige auf den Ersatzteil-Versand spezialisierte Händler, haben sich direkt an der Grenze zu Deutschland niedergelassen. Ein großes Ersatzteillager sucht man bei Perrotta vergebens. Verschleißteile halte man vor, der Rest wird bestellt. Ein anderes Beispiel, wie Hersteller mögliche Reparaturen freier Werkstätten erschweren, sei die Firma Apple. Es gibt offiziell keine Apple-Ersatzteile, so Perrotta. Soll das Display getauscht werden, müsse man auf andere Hersteller ausweichen. Diese Displays können mit den Original-Displays qualitativ absolut mithalten. Apple habe jedoch eine Software-Funktion implementiert, die dem Besitzer anzeigt, dass kein Original-Apple-Teil verbaut wurde. Eine anderes Ärgernis ist, dass inzwischen Akkus in Smartphones fest eingebaut sind.

Vor Jahren war ein Akkutausch einfach wie ein Batteriewechsel. Nun ist dafür technisches Know-how und Werkzeug notwendig. Für Perrotta und sein Team kein Problem. Übrigens machen Display- und Akku-Tausch rund 98 Prozent aller Reparaturen bei Smartphones aus.

Günstige Ersatzteile für alle

Insgesamt beobachtet Michael Perrotta seit Jahren den Trend, dass mehr Geräte zur Reparatur gebracht werden. Zum Thema „Recht auf Reparatur“ sagt Perrotta: „Was diskutiert wird, geht nicht weit genug“. Ersatzteile seien in der Beschaffung oft zu teuer und für freie Werkstätten häufig nicht verfügbar. Zudem seien notwendige technische Unterlagen für freie Werkstätten meistens nicht erhältlich. Von Herstellern implementierte Softwareblockaden erschweren unnötig Reparaturen. Michael Perrotta regt an, günstige Ersatzteile für alle verfügbar zu machen, auch eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Reparaturleistungen von 19 auf 7 Prozent wäre eine Möglichkeit, Reparaturen insgesamt kostengünstiger und damit attraktiver zu gestalten.  

 
 
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