Sanierung Hornmoldhaus in Bietigheim-Bissingen Ganz nah an 500 Jahre alten Balken

Von Heidi Vogelhuber
Bauleiter Siegmund Dürr vom Hochbauamt der Stadt Bietigheim-Bissingen zeigt Balken am Hornmoldhaus, die komplett oder teilweise ausgetauscht werden müssen. Foto: /Martin Kalb

Am Hornmoldhaus in Bietigheim-Bissingen werden derzeit marode Balken am Fachwerk ausgetauscht. Ein Besuch bei den Zimmermännern, dem Fachwerksplaner sowie dem Bauleiter auf dem Gerüst in zwölf Metern Höhe.

Vorab wurde eine Schadenskartierung durchgeführt, wo Schäden vermutet worden sind. Das passierte in Abstimmung mit dem Ingenieurbüro Grau und dem Restaurator – das ist bei denkmalgeschützten Häusern Pflicht“, erklärt Siegmund Dürr vom Hochbauamt der Stadt Bietigheim-Bissingen. Er ist Bauleiter bei der derzeitigen Sanierung der Fassade auf der Rückseite des Hornmoldhauses an der Sommerstube.

Feuchtigkeit, Pilze und Insekten

Schon seit über einer Woche ist beim Blick in den Rathaushof das Gerüst zu sehen. Derzeit haben die Zimmermänner der Zimmerei Frodermann aus Stuttgart-Weilimdorf alle Hände voll zu tun. „Hier sind alle Schadensverursacher anzutreffen, die man bei Holz so finden kann“, erklärt Zimmermann Matthias Flathmann. Der 31-Jährige geht seinem Handwerk seit 16 Jahren nach und ist Fachmann, was die Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden anbelangt. Einerseits sei Feuchtigkeit in die Holzbalken eingedrungen, wodurch sich ein Pilz gebildet habe, der nach und nach das Holz zersetze. Andererseits sei auch Insektenbefall zu finden, sagt der Profi und deutet auf teilweise massiv zersetzte und durchlöcherte Teile der historischen Holzbalken.

Doch nicht nur diese Schäden seien eine Gefahr für die historische Substanz aus dem 16. Jahrhundert. Es sei im Rahmen der großen Instandsetzung des Hornmoldhauses 1988/89 schon einmal eine Ertüchtigung des Fachwerks vorgenommen worden. Seitdem gab es keine Arbeiten mehr an der Fassade. „Viele Balken wurden aufgedoppelt mit fünf Zentimeter dicken Ersatzbalken“, so Dürr und ergänzt: „Man hat damals nur fürs Auge saniert und nicht für die Konstruktion.“ Nun jedoch greife man natürlich stark in den Bestand ein, was jedoch erhalten werden könne, werde auch erhalten.

Ob es technisch möglich ist, Balken zu erhalten, entscheidet Volker Wurst vom beauftragten Ingenieurbüro Grau gemeinsam mit den Zimmermännern. „Wenn bei der Aufbohlung in den 1980ern bereits sechs Zentimeter heruntergeschnitten wurden und nun erneut zwei Zentimeter für die Begradigung entfernt werden müssen, lohnt es sich nicht mehr“, sagt der Fachwerksplaner und Statiker. Wo es gehe, würden die historischen Balken erhalten und gegebenenfalls ertüchtigt.

Handwerkskunst wird ausgelebt

„Man kann hier noch richtig Zimmermann sein“, sagt Matthias Flathmann. Keine Winkel kämen zum Einsatz, stattdessen fertigen die Zimmermänner Eichenstabdübel, die passgenau in die Balken eingetrieben werden, „um in den alten Verbindungen zu bleiben“. Apropos Eiche: Die Originalsubstanz ist größtenteils aus Nadelhölzern wie Fichte und Tanne; in den 1980ern habe man vor allem Eiche für die Aufbohlung verwendet. „Wir arbeiten wieder mit Nadelholz, um der Originalsubstanz so nah wie möglich zu kommen“, sagt der Zimmermann und weist auf eine historische Besonderheit hin: „Die schräg gebohrten Löcher, die an den historischen Balken zu sehen sind, stammen von der Flößerei.“ Diese Löcher bezeugen, dass die Baumstämme auf der Enz zum Hornmoldhaus transportiert worden sind. „Eine echte Seltenheit“, bestätigt Dürr. Fachwerksplaner Wurst ist zufrieden mit der Baustelle, man sei aktuell sogar schneller als geplant. Noch läuft die Phase des Rückbaus. Insgesamt werden die Zimmermänner sechs Wochen für die Holzarbeiten brauchen. Danach wird mit Ziegelsteinen ausgemauert. Es folgt die Arbeit der Maler und Stuckateure. Die Balken werden dabei mit einer diffusionsoffenen Leinölfarbe gestrichen, damit sie keine Feuchtigkeit ziehen. Die Sanierung soll bis Juli abgeschlossen sein und kostet rund 275 000 Euro.

 
 
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