Soll der Drogenbesitz freigegeben werden? Heiße Diskussion um Cannabis

Von bz
In der Bundespolitik wird diskutiert, ob der Besitz von Cannabis straffrei werden soll. Aktuell drohen noch bis zu fünf Jahren Haft dafür. Auch im Kreis ist das Ansinnen Gesprächsthema. ⇥ Foto: Oliver Berg

Welche Auswirkungen hätte ein Legalisierung auf Justiz und Suchthilfe? Die BZ hat im Kreis nachgefragt beim Amtsgericht Besigheim und beim einem Suchthilfe-Experten.

„Überschaubar“, bewertet Frederik Brenner, ständiger Vertreter des Direktors am Amtsgericht Besigheim, die Auswirkungen, die eine Legalisierung von Cannabis auf den Arbeitsumfang der Strafrichter hätte. „Der Großteil der Verfahren wegen Cannabis-Besitz wird meist schon im Vorfeld, also von der Staatsanwaltschaft eingestellt“, sagt der Richter. Deshalb machten die Verfahren, die letztlich durch die Legalisierung wegfielen, nur einen sehr kleinen Anteil am Arbeitsaufwand aus.

Anders sieht es beim Jugendgericht aus. Da seien 15 bis 20 Prozent der Fälle mit Bezug zu Betäubungsmitteln im Bereich des Besitzes von Cannabis. „Aber in der aktuellen Diskussion ist eine Legalisierung erst für Erwachsene im Gespräch“, erklärt Brenner. Eine Entlastung könnte es für das Amtsgericht in Besigheim dennoch mit sich bringen. Die  Bewährungsüberwachung, also die Kontrolle der Auflage und gegebenenfalls das Widerrufen der Bewährung, würde von der Entkriminalisierung profitieren, schätzt Brenner. Gerade bei Menschen die wegen Drogendelikten verurteilt würden, müsse dann seltener eingegriffen werden.

Kopfschütteln bei Betroffenen

Matthias Liegl, Leiter des Fachbereichs Suchthilfe beim Kreisdiakonieverband, berichtet im Gespräch mit der BZ von heißen Diskussionen in seinem beruflichen Umfeld zu dem Thema. Eine einheitliche Meinung lasse sich dabei nur schwer ausmachen. Für beides gebe es Argumente.

Etwa 70 Prozent der jungen Menschen, die bei Liegl und seinen Kollegen wegen eines Suchtproblems beraten werden, konsumieren Cannabis. Dabei komme es den Suchtberatern erstmal nicht darauf an, ob die Suchtmittel legal oder illegal sind. Das sei eine politische Entscheidung.

Die Legalisierung ab einem Alter von 21, wie es derzeit diskutiert wird, wirft für Liegl noch zu viele Fragen auf, als dass er sich dazu eindeutig positionieren will. Generell gebe es den Ansatz, eine Entkriminalisierung zu begrüßen, auch vom Suchthilfeverband, allerdings eben unter Klärung bestimmter Fragen. So sei wichtig, woher der Stoff komme, wie  er hinsichtlich der Wirkstoffstärke beschaffen sei und ausgegeben werde und wie der Konsum im Arbeitsrecht oder bei der Fahrtüchtigkeit eingestuft werde. Auch Suchtmediziner müssten gehört werden, weil es Indizien gebe, die einen Zusammenhang zwischen Cannabis-Konsum und Psychosen nahe legen.

Wichtig ist Liegl auch weiterzugeben, dass aus Teilen der Suchtselbsthilfe eher kritischen Stimmen zur Legalisierung kommen. „Da reagiert man oft mit Kopfschütteln auf die Diskussion“, sagt der Suchthilfe-Experte. Wer selbst schlechte Erfahrungen gemacht habe, könne einen legalen Bezug schwerer nachvollziehen.

 
 
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