Streit um Baugrundstück in Bietigheim-Bissingen Stadt zahlt 108 500 Euro weniger

Von Rena Weiss
Die Stadt möchte in den Steinäckern in Bietigheim von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, aber weniger für den Quadratmeter bezahlen als ein Bauträger. ⇥ Foto: Martin Kalb

Für fast 620 000 Euro wollten Eigentümer ihr Grundstück in den Steinäckern verkaufen. Die Stadt nutzt nun ein preislimitiertes Vorkaufsrecht und bietet rund 511 000 Euro.

Im Gebiet Steinäcker in Bietigheim-Bissingen soll eine 1549 Quadratmeter große Landwirtschaftsfläche verkauft werden. Eine Bauträgerfirma bot den Eigentümern an, das Gebiet für 619 600 Euro zu kaufen, und die Eigentümer nahmen an. Die Stadt jedoch will bei diesem Kaufvertrag ein preislimitiertes Vorkaufsrecht ausüben und das Grundstück für 511 170 Euro kaufen. Mit einem Anwalt und einer sogenannten Abwendungserklärung gehen die Eigentümer und die Bauträgerfirma nun dagegen vor.

Anwalt geht dagegen vor

Das Streitobjekt liegt zwischen der Eisarena und der Kayhstraße in Bietigheim, südlich des bereits bebauten Bereichs. In der vergangenen Gemeinderatssitzung beschloss das Gremium einstimmig, das preislimitierte Vorkaufsrecht auszuüben und somit 70 Euro pro Quadratmeter weniger zu zahlen, als es die Bauträgerfirma anbietet. „Heute haben wir bereits zwei Schriftsätze des Anwalts erhalten“, erklärte Klaus Hauber, Leiter des Liegenschafts- und Rechtsamts der Stadt, in der Sitzung. Eines dieser Schriftsätze enthielt die Abwendungserklärung und erreichte die Stadt jedoch erst eine Stunde vor der Sitzung, so Hauber, und konnte daher noch nicht geprüft werden. Dennoch empfahl der Rechtsamtleiter, die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts jetzt zu treffen. Dann haben die Eigentümer einen Monat Zeit, dagegen vorzugehen. Da sie dies bereits gemacht haben, geht das Anliegen nun zum Landgericht Heilbronn, wo alle Parteien angehört werden, ergänzte Hauber.

„Das Verfahren läuft“, sagt Stadtsprecherin Anette Hochmuth. Daher könne die Stadt keine Prognosen abgeben, wie sich das Verfahren weiter entwickeln werde oder gar wie sich das Gericht entscheiden werde. Es sei jedoch nicht das erste Mal, dass gerichtlich gegen das Vorkaufsrecht vorgegangen werde, so Hochmuth.

Warum jedoch bietet die Stadt rund 108 500 Euro weniger Geld für das Grundstück als die Bauträgerfirma? Bei Ausübung des Vorkaufsrechts ohne eine Preislimitierung würde die Stadt das Flurstück 4444 mit 1549 Quadratmetern zum Kaufpreis von 400 Euro pro Quadratmeter zu insgesamt 619 600 Euro erwerben – das ist das Angebot des Unternehmens. In der Sitzungsvorlage begründet die Stadt jedoch, warum sie hier ein preislimitiertes Vorkaufsrecht anwendet. Grund sei der sogenannte Verkehrswert des Grundstücks. Dabei handle es sich um den Verkehrswert zum Zeitpunkt des Kaufes. Der vereinbarte Kaufpreis mit der Bauträgerfirma überschreite den Verkehrswert deutlich, so die Stadt. Sie geht von einem Verkehrswert von 330 Euro pro Quadratmeter aus, die Bauträgerfirma würde 400 Euro zahlen. „Der Verkehrswert errechnet sich aus den Einschätzungen der Verwaltung, die diese aus den Erfahrungen bereits getätigter Ankäufe in vergleichbaren Fällen gewonnen hat“, erklärt Anette Hochmuth.

Bezahlbarer Wohnbau

Das Vorkaufsrecht stehe der Stadt zudem zu, da das Kaufgrundstück in einem Gebiet liege, für das eine entsprechende Satzung vorliege. Gemäß des Baugesetzes kann „die Stadt in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung durch Satzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht“, wird in der Vorlage erklärt. Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Für die Stadt sei das Wohl der Allgemeinheit, im Gebiet Ellental III sämtliche private Grundstücke aufzukaufen, um bezahlbaren Wohnraum anbieten zu können. „Wegen des dringenden Wohnbedarfs plant die Stadt mindestens 20 Prozent der Wohnfläche des Bauvorhabens für bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen“, heißt es zudem in der Vorlage. „Diesem Belang kommt erhebliches Gewicht zu“ und überwiegen zudem private Belange von Verkäufer und Käufer.

 
 
- Anzeige -