Tamm Schwäbischer Rock und Bayrischer Gipsy in der Kelter

Von Susanne Yvette Walter
Die schwäbische Band „So semmer halt“ machte den Auftakt beim Tammer Folktober auf der Bühne, die mitten in der Kelter platziert war. Foto: /Oliver Bürkle

Mit der Wortschöpfung Folktober startet die Stadt Tamm ein neues Kulturevent. Zwei urige Bands treten in der Kelter auf. 

Zu Halloween lässt die Stadtverwaltung in der urigen Kelter nicht die Geister tanzen, sondern zwei markante Bands auftreten. Folktober ist ein Doppelkonzert – die Kelter pulsiert. So gar nicht coronascheu kommen Zuhörer zuhauf und tragen dazu bei, dass am Montagabend die Balken glühen.

Den Anfang machen Lokalmatadoren: Mit dem alles sagenden Namen „So semmer halt“ starten sie ein schwäbisches Rockprogramm, das sich fern von ausgetretenen Pfaden bewegt. Wortwitz regiert. Die Songs über Freundschaft und Heimat servieren die fünf Jungs aus dem Remstal mit Craftbeer, handgemacht mit urigen Etiketten. Das ist Individualität in Zeiten der Datenvernetzung.

Mitten in der Kelter

Das Schöne am Folktober: Die Musik findet mitten in der Kelter statt. Das Publikum hat von der Empore genauso Gelegenheit, die Musiker hautnah zu erleben wie unten im Saal.

Bei den bayrischen Gipsys Django 3000 gibt es vollends kein Halten mehr. Die polkabesessenen Bayern stürmen seit zehn Jahren die Bühnen der Welt, reisen von Indien nach Korea und es ist völlig egal, ob man dort ihre Sprache spricht oder nicht. Die Sprache ist beim immer anders treibenden Balkan-Beet der vier beigeordnet mit Ausnahme bei den Balladen. Das macht Frontmann und Sänger Kamil Müller gleich am Anfang in Tamm klar, als er beim Start von Django 3000 anfängt, auf Bayrisch irgendwelches Zeug zu brabbeln, das keiner wirklich nachvollziehen kann. Was zählt ist das Zusammenspiel.

Geige wie bei den Sinti und Roma

Das Reißen des Bogens an den Saiten des Geigers Florian R. Starflinger erinnert an die klagenden und auch an fauchend pulsierende Geigen der Sinti und Roma. Der Mann am Kontrabass Michael Fenzl lässt die Finger unabhängig von seinem Dauergrinsen die Saiten hinauf und hinunter laufen. Der Mann am Schlagzeug setzt Effekte mit Becken und Gegenrhythmen, die unter die Haut gehen. Und immer genau dann, wenn man glaubt, die Energiekurve fällt ab und das Publikum muss die vier Sympathieträger gehen lassen, fängt die Geige oder das Becken wieder an zu zucken und die nächste Welle erhebt sich.

Dass der Folktober als Mitmachevent konzipiert ist, macht ihn besonders charmant. Mitten im Saal schwingt Florian R. Starflinger stehend den Geigenbogen und alles stimmt ein in einfache liedhafte Melodien, die doch so viel Pfeffer haben. Das Publikum jauchzt. Die an den Stehtischen tanzen mit. Viele singen sogar mit und verraten, dass sie die Band gut kennen. Schon bei den ersten Riffs und dem ersten heißen Duett zwischen Gesang und Geige fliegen die Arme in die Höhe. Hier trifft Lebensfreude auf Fingerfertigkeit und Spaß am volkstümlichen leichten Miteinander.

Folk bedeutet Volksnähe

Folk hat viele Gesichter, aber er hat immer mit Volksnähe zu tun. ja mehr noch: Im Folk offenbart sich die Volksseele. Die Auswahl für den ersten Folktober in Tamm ist grandios gelungen. Kontraste machen den Abend unvergesslich.

 
 
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