Themenschwerpunkt Depression Selbsthilfegruppe Freudental

Von Claudia Mocek
Wenn Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit und Angst einen zu erdrücken drohen, tut es gut, mit Menschen zusammenzukommen, die ähnliche Gefühle erlebt haben, sagt Hauke Kaufmann. Foto: /Martin Kalb

In der Selbsthilfegruppe „Trialog – ich, du, wir“ in Freudental werden Werkzeuge gegen die Krankheit gesucht.

„Die Depression ist für mich zum Lebensthema geworden“, sagt Hauke Kaufmann. Der 57-Jährige ist seit 40 Jahren an Depressionen erkrankt und hat im Oktober 2022 die offene Selbsthilfegruppe „Trialog – ich, du, wir“ für Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie deren Freunde und Angehörige gegründet.

Mittlerweile treffen sich zwei Gruppen von je bis zu zwölf Personen zeitgleich 14-tägig in der Libermenta-Klinik im Schloss Freudental.

Die Klinik stellt dafür kostenlos Räume zur Verfügung, die Selbsthilfegruppe dient auch ehemaligen Patienten als Nachsorgeinstrument. Derzeit führt Kaufmann eine Warteliste, denn die Nachfrage ist groß.

Geteiltes Leid ist halbes Leid

„Depressionen muss man aufgrund der hohen Suizidrate sehr ernst nehmen“, sagt er. In der Selbsthilfegruppe sei der Umgang untereinander wertschätzend und respektvoll. Das Lernen voneinander und das Füreinanderdasein stehe im Vordergrund: „Es stimmt, dass geteiltes Leid halbes Leid ist“, sagt Kaufmann.

Denn wenn die Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit und Angst einen zu erdrücken drohen, tue es gut, mit Menschen zusammenzukommen, die ähnliche Gefühle erlebt haben. „Die Scham darüber, dass man etwas tun will, aber nicht kann, ist riesengroß“, erklärt er. Aber dem Pädagogen und Sporttrainer ist es auch wichtig, dass sich die Betroffenen nicht in die Opferrolle fallen lassen: „Man muss auch Eigenverantwortung übernehmen“, sagt er.

An schlechten Tagen, wenn er etwa das Haus zum Einkaufen nicht verlassen könne, helfe es ihm, diese als solche anzunehmen und keinen Widerstand zu leisten. „Das ist harte Arbeit“, sagt er. „Aber dann geht diese bleierne, lähmende, schreckliche Schwere auch schneller vorbei“, hat Kaufmann gelernt.

Ins Tun kommen

Genauso wichtig sei es an besseren Tagen „ins Tun zu kommen“, sagt er. Dabei gehe es auch um schonungslose Ehrlichkeit und um die Frage, ob man gerade wirklich etwas nicht könne oder nicht wolle. Zur Selbstverantwortung gehöre zum Beispiel auch die regelmäßige Teilnahme an der Selbsthilfegruppe. Der Umgang mit der Depression ist für Kaufmann ein Lernprozess darüber, was einem gut tut. „Das Wichtigste ist das Hier und Jetzt“. Die Suche nach den richtigen Werkzeugen gegen die Depression „kann ein kreativer Prozess sein“, sagt Kaufmann: „Ich darf das sagen, weil ich selbst betroffen bin.“

Hoffnung geben

In seinem Werkzeugkasten spielen Kraftsport und Improvisationen am Klavier eine große Rolle, weil sie ihm dabei helfen, sich selbst wieder zu spüren. Auch aus Spaziergängen in der Natur schöpft er Kraft. Für Hauke Kaufmann gehört auch eine ausgewogene Ernährung dazu. Psychopharmaka sind für ihn keine Werkzeuge, die er einsetzt – er hat sich dagegen entschieden: „Ich will Psychopharmaka nicht per se entwerten, aber das ist nicht mein Weg.“

„Ein vertrauensvolles Gespräch ist heilsam“, ist der Pädagoge überzeugt. Doch für die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe werde auch eine gewisse Stabilität benötig, sagt er, denn es kommen schwere Themen zur Sprache. Der offene Austausch, das Zuhören und Erzählen stehen dabei im Mittelpunkt.

Für die Angehörigen sei es wichtig sagen zu können, wie es ihnen geht. „Auch sie müssen gesehen werden“, sagt Kaufmann. Mit seinem Engagement und seiner Erfahrung will Hauke Kaufmann Betroffenen und deren Angehörigen und Freunden vor allem eines – Hoffnung geben. Claudia Mocek

 
 
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