Trial-Weltmeister Widmann Der mit dem Rad tanzt

Von Walter Christ
Oliver Widmann hat beim Radaktionstag in Bietigheim-Bissingen sein Können gezeigt. Foto: /Oliver Bürkle

Oliver Widmann aus Bönnigheim hat es bis in die Weltspitze geschafft. Neben 35 Stunden Training in der Woche vermarktet der 21-Jährige seine Sportart bei Shows oder auf sozialen Medien.

Backwheel Hop“, „Pedal Kick“ oder „Coustel“ sind wie für die meisten Deutschen Fremdwörter, deren Bedeutung Sie nicht kennen? Einer, der sich allerdings meisterlich mit den Begriffen aus dem Trial-Radsport und insbesondere in deren praktischen Umsetzung auskennt, ist der 21-jährige Oliver Widmann. Ein Künstler auf dem Rad, mit dem er virtuos hüpft, balanciert, wenn man so will, tanzt.

Begonnen hat Widmanns Affinität zu dieser hierzulande erst in den 1980er Jahren so richtig entdeckten Variante des Radsports mit dem Papa. Der hatte einst mit dem Motorrad die Trial-Kurven gekriegt, und ursprünglich war auch der Sohnemann mit Motorrad-Trial gestartet. Ab 2011 fuhr dieser dann auf Bike-Trial ab, da ihn „die Leichtigkeit und Flexibilität der Trainingsmöglichkeiten fasziniert hat.“

Gestartet wurde damals auf einem Gelände in Marbach. Seither ist er im MSC Marbach Vereinsmitglied. Inzwischen wird er erfolgreich von Karol Serwin trainiert, der mit The Life Cycle Trial eine internationale Trainingsgruppe aufgebaut hat und betreut. Erfolgreich: Seit 2018 betreibt der gebürtige Ludwigsburger den Trial-Sport auf höchstem Niveau. Dafür pendelt der Maschinenbau-Student von der Universität Stuttgart zwischen den besten Strecken in der Region umher, um für die Wettkampfsituation vorbereitet zu sein. Sein Trainingspensum: 35 Stunden pro Woche in zwölf Einheiten.

WM und EM stehen an

Damit aber nicht genug: Neben Training und den Wettkämpfen vermarktet der in Bönnigheim wohnende Sportler professionell den Bike-Trial-Sport durch Bike-Shows wie beispielsweise vor Kurzem beim Radaktionstag in Bietigheim-Bissingen und Kurz-Videos auf sozialen Medien.

Aktuell liegt das Augenmerk aber auf den nächsten großen Events. vom 21. bis zum 23. Juli findet in Ploeuc-L’Hermitage in Frankreich der World-Cup statt. Vom 9. bis zum 12. August findet in Glasgow die Weltmeisterschaft statt. Und im September kommt erst vom 1. bis zum 3. der nächste World-Cup im dänischen Aarhus, bevor eine Woche darauf die Europameisterschaft in Poprad in der Slowakei steigt. „Die Hauptkonkurrenz kommt aus Frankreich, Spanien und England. Das Feld unter den ersten zehn der Weltrangliste ist extrem dicht belegt. Dort ist alles möglich”, berichtet Widmann.

Was den zweifachen Weltmeister an diesem Sport so fasziniert? „Die Vielfältigkeit. Es gibt extrem viele verschiedene Techniken, die es zu beherrschen gilt, und eine große Vielfalt an Hindernissen, die man überwinden muss. Fast jedes Terrain kann man zu seinem Hindernis-Parcours machen und neue Herausforderungen suchen. Es ist eine sehr, sehr anspruchsvolle Sportart“, schwärmt der Profi „vor allem vom Wettkampf, da man im ersten Versuch auf den Punkt abliefern muss.“

Ziel im Trial-Wettkampf ist es, auf dem Fahrrad einen Parcours aus natürlichen oder künstlichen Hindernissen zu bewältigen. Der Parcours bei der WM besteht zum Beispiel aus fünf Sektionen. In jedem Abschnitt befinden sich sechs Hindernisse. Diese müssen innerhalb von zwei Minuten bewältigt werden. Für jedes Hindernis, das fehlerfrei überwunden wird, bekommen die Sportler und Sportlerinnen zehn Punkte gutgeschrieben. Am Ende gewinnt die Person mit der höchsten Punktzahl. Ehrgeiz, Gleichgewichtssinn, Koordination, Kraft und Ausdauer sind gefordert.

„Die Kunst ist es, auf dem Trial-Fahrrad zu balancieren, zu hüpfen, zu springen, zu fahren und jedes Hindernis zu überwinden, ohne einen Fuß auf den Boden zu setzen. Die Profi-Disziplinen gehen bis dahin, über Autos, Lkws und andere große Gegenstände zu kommen. Da sind der Fantasie und den Möglichkeiten vieler Trial-Vereine kaum Grenzen gesetzt“, werben die Trial-Freunde für ihren Sport.

Viel Wert auf Ernährung gelegt

Um seine Kraft und Ausdauer optimal zu bewahren, legt Widmann Wert auf eine abwechslungsreiche, proteinreiche Ernährung mit viel Gemüse. Sein diesbezügliches Credo: „Immer dieselben Grundbausteine für die Mahlzeiten und durch verschiedene Zutaten variieren, je nach Intensität der Belastung anpassen.“

Der Bönnigheimer hat immer zwei identische Räder parat, um einen Ersatz im Falle eines Defekts im Wettkampf oder Training zu haben. Preislich liege ein Rad bei knapp 3000 Euro. „Der Unterschied zum normalen Fahrrad: keine Federung, kein Sattel, keine Gangschaltung, langer Vorbau, Felgenbremsen mit angerauter Felgenwand, Rahmengeometrie für Sprünge angepasst. Das Gewicht – Leichtbauweise – liegt bei 8,5 Kilogramm“, erläutert der Trial-Biker aus Bönnigheim und fügt hinzu: „Ein Fahren von längeren Strecken ist mit diesem Rad nicht möglich.“

Comeback bei WM 2022 bleibt in Erinnerung

Oliver Widmann hat mit seinen 21 Jahren schon jede Menge erreicht. 2018 und 2019 wurde er jeweils Junior- Weltmeister in Chengdu in China. In den gleichen Jahren gewann er auch den Titel bei der Junior-Europameisterschaft erst in Moudon in der Schweiz, dann in Il Chiocco in Italien. Darüber hinaus ist er zwölfmal Deutscher Meister geworden – zuletzt dreimal in Folge in der Klasse Elite. Am besten in Erinnerung geblieben ist aber zum einen die WM in Abu Dhabi 2022, als er nach der schwierigsten und verletzungsreichsten Saison in seiner bisherigen Karriere das größte Comeback mit dem dritten Platz in der höchsten Kategorie feierte. Zum anderen: „Als ich zu Weihnachten 2010 mein erstes eigenes Trial-Bike von meinen Eltern geschenkt bekommen habe“, erzählt er.

 
 
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