Umsetzung des Digitalpakts im Landkreis Ludwigsburg Digitalisierung: Problem sind die laufenden Kosten

Von Gabriele Szczegulski
In fast allen Schulen wurden Lehrer und Schüler durch das Sofortausstattungsprogramm mit iPads versorgt. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Ein voller Erfolg sei der Digitalpakt an den Schulen, so Kultusministerin Theresa Schopper im Landtag. Wie die Schulträger die Digitalisierung in der Zukunft auf dem aktuellen Stand halten sollen, sagte sie nicht.

Theresa Schopper, Ministerin für Kultus, Jugend und Sport der baden-württembergischen Landesregierung, strotzte im Landtag nur so vor Stolz. Die Umsetzung der Digitalisierung an Schulen und die Finanzierung durch den Digitalpakt von Bund und Ländern seien „ein voller Erfolg und fast vollständig umgesetzt“. Die Schulen seien nun auf dem aktuellen Stand der Digitalisierung. Wie lange die Aktualität gegeben ist, wenn keine weitere Förderung in Sicht ist, sagte sie nicht.

„Augenwischerei“ sei das, so sagt der scheidende Schulleiter des Sachsenheimer Lichtensterngymnasiums, Reinhart Gronbach. Er frage sich, „wie werden für neue Generationen von Lehrern und Schülern digitale Endgeräte finanziert?“, „wer kommt für den kontinuierlichen Support auf, finanziell und auch personell?“. Diese Fragen, so Gronbach, blieben seither unbeantwortet.

Die Stadt Bietigheim-Bissingen, so Sprecherin Anette Hochmuth, sei zu 50 Prozent mit der Umsetzung der Digitalisierung durch. Insgesamt benötige die Stadt vier Jahre - bis 2024 läuft der Digitalpakt –, bis alle notwendigen Geräte beschafft seien. Die Fördersumme für alle Schulen zusammen betrage, so Hochmuth 1,7 Millionen Euro, die Gesamtkosten für die Stadt werden sich allerdings auf 3,4 Millionen Euro belaufen. „Darin enthalten sind auch Kosten für den IT-Betrieb, also die laufende Unterhaltung, Wartung und so weiter, wofür derzeit ein Konzept erstellt wird, wahrscheinlich muss die Stadt die laufenden Kosten auch selbst finanzieren“, sagt Hochmuth. Auch die 1,7 Millionen Euro Fördergeld seien noch nicht ausgeschüttet worden, da „die Anträge sich noch in der Bearbeitung bei der L-Bank befinden“.

Durch das Sofortausstattungsprogramm des Landes von 390 056 Euro habe man 865 iPads, 1030 Schutzhüllen und 166 Apple Pencils für Schüler anschaffen können. Dazu habe es eine Fördersumme von 183 114 Euro für die Lehrkräfteausstattung gegeben. Angeschafft habe man für Lehrer 253 iPads und 65 Notebooks. Für die Personalkosten für die Administration der Digitalisierung in den Schulen habe es eine Fördersumme von 193 203 Euro gegeben.

Von Seiten des Landes sei, so Hochmuth, sicherlich der Digitalpakt weitgehend abgeschlossen, „es wird über eine Fortsetzung nach 2024 zwischen Land und Kommunen geredet, da die Geräteausstattung ja nie beendet ist“. Zudem, so Hochmuth, müsse es eine dauerhafte Regelung für die Administration an den Schulen geben, sonst könne diese nicht gewährleistet werden.

An der Realschule im Aurain in Bietigheim-Bissingen wurden alle Maßnahmen des Medienentwicklungsplanes mit ganz wenigen Ausnahmen termingerecht umgesetzt, teilt Schulleiter Claus Stöckle mit. Bei den Ausnahmen handele es sich um Lieferengpässe. Zwei Drittel der Klassenräume seien ausgestattet. „Zudem hatten wir 2021 über eine Spende der Ferry-Porsche-Stiftung fünf hybridfähige Klassenzimmer einrichten können“, sagt Stöckle.

In der Realschule Bissingen wurden laut Schulleiter Hanspeter Diehl schon Fördermittel aus dem Digitalpakt eingesetzt. Die Ausstattung mit iPads habe sich deutlich erhöht, er hoffe, dass mittelfristig alle Schüler ein mobiles Endgerät gestellt bekommen. Er weist aber auch darauf hin, dass die Beschaffung von digitalen Geräten nie beendet sein wird und diese immer wieder ersetzt werden müssen. „Von zentraler Bedeutung ist die langfristig gesicherte Finanzierung von Beschaffung und Support und die Bereitstellung von Lehrerstunden für die IT“, so Diehl.

Schulleiterin Nicole Stockmann vom Ellentalgymnasium I in Bietigheim-Bissingen hofft vor allem, dass pünktlich zum kommenden Schuljahr der Ausbau eines leistungsfähigen und stabilen Internets beendet ist. „Bisher wurden bereits Server- und Speicherkapazitäten ausgebaut, die uns die verlässliche Nutzung unserer Bildungsplattform ermöglichen“, so Stockmann. Lehrer und die Schüler der Jahrgangsstufen 9 bis 12 seien vollständig mit digitalen Endgeräten ausgestattet worden. Die Stadt habe über den Digitalpakt hinaus, so Stockmann, die Entwicklung digitaler Unterrichtskonzepte finanziell unterstützt. „So können wir unsere Bildungsplattform IServ, Schulverwaltungsprogramme wie WebUntis und diverse Apps, wie GoodNotes, anschaffen. Ebenso wird der Support unseres Netzwerks finanziell unterstützt“, sagt Stockmann. In der Weise, wie die Stadt Bietigheim-Bissingen den Digitalpakt finanziell erweitern kann oder auch die laufenden Kosten finanzieren kann, ist dies kleineren Kommunen nicht möglich.

Die Stadt Bönnigheim bekam für die Digitalisierung in den Schulen laut Bürgermeister Albrecht Dautel Fördergelder aus dem Digitalpakt in Höhe von 600 000 Euro genehmigt. Benötigt werden, so Dautel, für die Digitalisierung in den Schulen eine Million Euro. „Wir hoffen, in der nächsten Runde, sofern es sie geben wird, nochmals einen Zuschlag zu bekommen“, sagt Dautel, sonst werde es eng mit der Finanzierung. „Offen im Digitalpakt ist auch die Frage, wer die künftigen laufenden Kosten trägt. Hierzu muss die laufende Schulförderung des Landes massiv erhöht werden. Ebenso braucht es einen Digitalpakt 2, um die weiteren laufenden Kosten und Ersatzbeschaffungen zu tätigen“, sagt der Bürgermeister.

Auf Dauer könne eine kleine Stadt wie Bönnigheim als Schulträger die laufenden Kosten der Digitalisierung an den Schulen nicht tragen.

Für die fünf Schulen in der Trägerschaft der Stadt Sachsenheim wurden eine halbe Million Euro aus dem Digitalpakt genehmigt. Aber, so sagt der Referent des Bürgermeisters, Matthias Friedrich, seien noch nicht alle Anträge der Stadt vom Land genehmigt worden. Ein Drittel der 0,5 Millionen Euro seien an schon 2019 durchgeführte Maßnahmen gebunden, so Friedrich. Die restlichen zwei Drittel seien insbesondere für infrastrukturelle Verbesserungen verplant, aber noch nicht umgesetzt. Die Stadt arbeitet derzeit an einem Administrationskonzept, dessen Finanzierung noch unsicher ist.

Der Digitalpakt Schule

Mit dem Digitalpakt
Schule unterstützt der Bund die Länder und Gemeinden bei Investitionen in die digitale Infrastraktur. Ziele des Digitalpakts sind der flächendeckende Aufbau einer zeitgemäßen digitalen Bildungsinfrastruktur in den Schulen.

Im Rahmen
seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten stellt der Bund laut Verwaltungsvereinbarung vom 17. Mai 2019 für Investitionen in die digitale Bildungsinfrastruktur 5 Milliarden Euro zur Verfügung, davon 3,5 Milliarden in dieser Legislaturperiode. Als Folge der Corona-Pandemie wurde der Digitalpakt Schule im Jahr 2020 um drei Zusatzvereinbarungen im Umfang von insgesamt 1,5 Milliarden Euro erweitert. Zudem gab es das Sofortaustattungsprogramm des Bundes und Landes während Corona. 500 Millionen Euro wurden für Schülerinnen und Schüler bereitgestellt, die zu Hause auf kein mobiles Endgerät zugreifen können.

Die Umsetzung
des Digitalpakts Schule wird durch die Länder organisiert. Der Bund stellt finanzielle Mittel zum Aufbau digitaler Bildungsinfrastrukturen bereit. Die Länder steuern die Entwicklung medienpädagogischer Konzepte durch die Schulen, kümmern sich um die Qualifizierung von Lehrkräften – über die Lehrerbildung, das Referendariat bis hin zur Weiterbildung – und prüfen, dass alle Antragsteller (in der Regel Kommunen als Schulträger und freie Schulträger) über Konzepte zur Sicherstellung von Betrieb, Support und Wartung verfügen. Daneben entscheiden die Länder, ob und wie sie mobile Endgeräte in ihren Lernmittelregelungen berücksichtigen. Die Schulträger, meist Kommunen, mussten Anträge stellen. bz

 
 
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