Verbrennung von Klärschlamm in Walheim Gemeinderat sieht Pläne skeptisch

Von Roland Willeke
Die EnBW will an ihrem Standort des Kohlekraftwerks in Walheim eine Verbrennungsanlage für Klärschlamm errichten.⇥ Foto: Pangerl Helmut

Räte befürchten Störfälle an der geplanten Verbrennungsanlage. Bürgermeisterin Scheerle hält die Anlage für „politisch gewollt“.

Walheim. Die Pläne der Energie Baden-Württemberg (EnBW) für eine Klärschlammverwertungsanlage auf dem Gelände des Kohlekraftwerks (die BZ berichtete) haben in Walheim für Unruhe gesorgt. Bürgermeisterin Tatjana Scheerle berief den Gemeinderat kurzfristig zu einer öffentlichen Sondersitzung ein. Nicht öffentlich war das Gremium schon vorher informiert worden.

In der Bevölkerung kursierten Aufrufe, die Sitzung zahlreich zu besuchen, was die Bürgermeisterin dazu bewog, im Mitteilungsblatt der Gemeinde darauf hinzuweisen, dass „durch die aktuelle Corona-Situation“ die Besucherzahl bei der Sitzung beschränkt sei. Es kamen schließlich 15 Zuhörer; aufgestuhlt war für rund 25. Andreas Pick, Gesamtprojektleiter bei der EnBW, schien von der Initiative der Bürgermeisterin überrascht und wies darauf hin, dass die Versammlung nicht im Rahmen der geplanten Online-Beteiligung der Öffentlichkeit stattfinde.

Seit 1964 wird in Walheim aus Kohle Strom gemacht. Das soll nun enden. Mit einer Klärschlammverwertungsanlage will die EnBW den Standort in einen „modernen Umwelttechnik-Standort“ umwandeln. Für rund 80 Millionen Euro soll auf dem bisher als Kohlelager genutzten Areal des Kraftwerks ein 100 Meter langes und 30 Meter breites Gebäude zur Klärschlammverbrennung entstehen. Der Komplex soll 39 Meter hoch werden, der angeschlossene Schornstein wird 56 Meter hoch sein. Die neue Anlage soll 25-mal weniger Rauchgas ausstoßen als die bisherigen Kraftwerksblöcke 1 und 2 zusammen.

Geplant ist die Verbrennung von 180 000 Tonnen entwässerten Klärschlamms. Er soll aus Kläranlagen im Umkreis von 100 Kilometern mit Lastwagen, die mit Planen abgedeckt sind, nach Walheim transportiert und im Innern der neuen Anlage entladen werden. Damit sollen Geruchsemissionen weitgehend vermieden werden. Die zu erwartenden Schallemissionen sollen die zulässigen Grenzwerte unterschreiten.

Angeliefert werden soll von Montag bis Freitag, von 6 Uhr bis 22 Uhr. Die Planer gehen insgesamt von 45 bis 60 LKW-Fahrten pro Tag aus. Damit werde das Verkehrsaufkommen nur um 0,5 Prozent steigen; lediglich im Einfahrtsbereich der Anlage rechnet man mit einem Anstieg um 16,5 Prozent.

Zehn Tonnen Wasser pro Stunde

Die Klärschlammverbrennung wird als notwendig erachtet, weil der Klärschlamm wegen der Schwermetallbelastung nicht mehr in der Landwirtschaft verwendet werden darf. Mit dem Ende der Kohleverstromung kann er auch nicht mehr in den Kohlekraftwerken mit verbrannt werden. Auf längere Sicht könnte er als Rohstoff für die Rückgewinnung von Phosphor genutzt werden. Im Moment sind hierfür drei mögliche Verfahren im Gespräch. Eine Entscheidung soll erst 2023 fallen.

Bei der Klärschlammverbrennung fällt jede Menge Abwasser an. Genannt wurden zehn Tonnen pro Stunde. Das würde die örtliche Kläranlage deutlich überfordern. Geplant ist daher eine Abwasserleitung zum Klärwerk Nesselwörth in Bietigheim-Bissingen. An diese könnte auch Walheim angeschlossen werden, sodass Walheim keine eigene Kläranlage mehr betreiben müsste. Diese Aussicht übt auch auf die Nachbarkommunen einen Reiz aus. Bürgermeister Bühler aus Besigheim habe bereits Gesprächsbedarf angemeldet, berichtete Andreas Pick. Denkbar sei auch der Aufbau eines Fernwärmenetzes zwischen Walheim und den Nachbarkommunen Kirchheim und Gemmrigheim, erklärte Pick.

Im Gemeinderat überwog dennoch die Skepsis. Patrick Hilligardt berichtete von Gesprächen mit einer Bürgerinitiative in Stuttgart-Mülhausen, die sich beklage, dass es im letzten Jahr zwölf Störfälle in der dortigen Klärschlammverbrennungsanlage gegeben habe, bei denen der Geruch „über der Schmerzgrenze“ gelegen habe. Georg Ruf, Abteilungsleiter für Abwasser und Entwässerung bei den Stadtwerken Bietigheim-Bissingen, der als Zuhörer die Sitzung verfolgte, wies darauf hin, dass in Mühlhausen der Klärschlamm mitten in der Kläranlage im Freien abgekippt werde, im Gegensatz zur geplanten Anlage in Walheim.

Wilhelm Weiss sah sich vom Regierungspräsidium im Stich gelassen, weil von dort keine Information komme. „Die haben ja auch noch keinen Antrag von uns“, entgegnete Andreas Pick. Bürgermeisterin Tatjana Scheerle berichtete von einem Gespräch mit dem Regierungspräsidium, in dem ihr mitgeteilt worden sei, das Projekt sei „politisch gewollt“.

Mit der Online-Veranstaltung am 23. Juni beginnt der Einstieg in das Genehmigungsverfahren.

www.enbw.com/walheim

 
 
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