Verein zieht Teams zurück Massen-Exodus bei der SG BBM Bietigheim

Von Von Sebastian Klaus
Bietigheims Talente Gianina Bianco (links) und Sonja Christel verlassen die SG BBM. Bianco geht in die Zweite Liga nach Ketsch, Christel wechselt zum Drittligisten TSV Bönnigheim.⇥ Foto: Marco Wolf

Die Talentschmiede steht vor einem Scherbenhaufen: Nachdem zahlreiche Spielerinnen den Verein verlassen haben, wird der frischgebackene Deutsche Meister keine Teams in der Dritten Liga und der A-Jugend-Bundesliga mehr melden.

Nun also doch. Nur wenige Tage nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft sickert durch, dass die SG BBM Bietigheim in der nächsten Spielzeit keine weiblichen Mannschaften in der Dritten Liga und der A-Jugend-Bundesliga mehr stellen wird. Eine entsprechende Anfrage der BZ bestätigte Thomas Schwarz, Leiter der SG BBM Bietigheim GbR, am Montag. Schuld an der Misere war ein Massen-Exodus der Bietigheimer Spielerinnen in den vergangenen Wochen. Mit Leonie Feil, Lillian Roith, Hannah Krause und der ohnehin lange mit einem Kreuzbandriss ausfallenden Elisa Reißberg stünden aus den beiden personell nahezu identischen Mannschaften in der kommenden Saison lediglich noch vier Spielerinnen zur Verfügung.

Zusage kommt zu spät

Es habe „keinen Sinn gemacht“, ohne die Topspielerinnen für die oberen Klassen zu melden, sagt Schwarz. Das Geld sei dabei nicht das Problem gewesen, denn dieses hatte Mäzen Eberhard Bezner dem Verein Mitte Februar zugesagt (die BZ hat berichtet). Zu spät, wie jetzt klar wird, denn zu dem Zeitpunkt hatten sich viele Spielerinnen offenbar schon mental von der Spielgemeinschaft verabschiedet und sich im Probetraining für andere Klubs empfohlen.

Den Schwarzen Peter für den heimlich, still und leise durchgeführten Rückzug der beiden Talentschmieden schiebt Schwarz dabei den Spielerinnen zu: „Klar ist man enttäuscht, auch von den Mädels. Wir haben alles versucht, das Geld zusammenzubekommen. Ich habe gedacht, dass bis auf zwei bis drei Spielerinnen alle bleiben werden. Aber dann haben sie uns hingehalten. Letztlich geht es immer nur ums Geld. Ich hatte den Eindruck, da hatten einige gezockt“, will der GbR-Leiter von einem eigenen Versäumnis in Sachen rechtzeitige Abdeckung des Etats für 2022/23 nur bedingt wissen: „Das einzige, was wir uns vielleicht vorwerfen lassen können ist, dass wir uns zu spät um den Gesprächstermin bei Herrn Bezner gekümmert haben. Aber wir waren uns auch nicht wirklich sicher, ob es sich lohnt“, sagt der GbR-Macher auch mit Blick auf die geringen Zuschauerzahlen bei den Heimspielen der beiden Teams sowie der verschwindend geringen Aussichten sogar der Toptalente, jemals im Bundesligateam Fuß zu fassen. „Wenn die Gegner nicht gerade viele Fans mitgebracht haben, haben die Mädels vor 50 oder 60 Zuschauern gespielt. Das ist einfach schwach.“

Schwarz räumt zumindest ein, dass der Wegfall des Bundesliga-Unterbaus „für die Außenwirkung doof“ sei. Andererseits zeigt er sich im Gespräch mit der BZ auch erleichtert, dass der hohe Aufwand, den er in den letzten Monaten für die beiden besagten Mannschaften betrieben hat, endlich vorbei sei. „Ich habe so viel Zeit damit verbracht, dass andere Bereiche liegengeblieben sind.“

Bedingung des Sponsors?

Schwarz deutet jedoch auch an, dass Großsponsor Bezner seine Förderzusage daran gekoppelt haben soll, dass die drei Junioren-Nationalspielerinnen Matilda Ehlert, Magdalena Probst und Gianina Bianco dem Klub erhalten bleiben. Doch erst vor wenigen Tagen hatte die BZ den Wechsel von Bianco zum Zweitligisten Kurpfalz Bären Ketsch vermeldet. Und auch Ehlert und Probst werden den Verein definitiv verlassen. Sie werden offenbar beim möglichen Bundesliga-Aufsteiger VfL Waiblingen gehandelt. „Eigentlich hätten wir das Geld nur bekommen, wenn alle drei geblieben wären. Wenn nur eine geht, hätte man vielleicht einen Teil gekriegt. Da hätten wir uns nochmal mit Herrn Bezner zusammensetzen müssen“, spekuliert Schwarz.

Nach den feststehenden Abgängen der drei Auswahlspielerinnen sowie anderen Leistungsträgerinnen wie Ana Rajic (2. spanische Liga) oder Sonja Christel zum Nachbarn TSV Bönnigheim hätte nur eine „schnelle Lösung“ die Bietigheimer Topteams kurzfristig retten können, berichtet Schwarz. „Dann hätten wir Profis holen müssen. Aber das wäre auch nicht nachhaltig gewesen.“

Stattdessen heißt es bei der SG BBM jetzt wieder zurück zu den Anfängen. Während die Reserve künftig anstelle der von Sanja Vlahovic trainierten 3. Mannschaft in der Verbandsliga antritt, spielt die A-Jugend die Oberliga-Qualifikation.

Meldung noch möglich

Die Möglichkeit auf eine Teilnahme an der Dritten Liga hat die SG BBM allerdings immer noch. Denn einen formellen Rückzug der Mannschaften sieht der Deutsche Handball Bund (DHB) nicht vor. Stattdessen haben die Klubs noch bis zum 15. Mai Zeit, ihre Teams zu melden. Auf diese Frist verweist auch DHB-Sprecher Tim Oliver Kalle immer wieder auf BZ-Anfrage. „Am 16. Mai werden wir kommunizieren, wer teilnimmt. Wir werden keine Zwischenstände abgeben“, gibt sich der DHB zugeknöpft.

Große Auswirkungen auf andere Vereine hätte die Nichtmeldung der SG BBM dagegen nicht. So muss der TV Möglingen, der als Siebter der Bietigheimer Gruppe E den rettenden Platz nur knapp verpasste, nun in der Abstiegsrunde der Dritten Liga ran. Hätte eine rechtzeitige Kommunikation der Bietigheimer, ihre Mannschaft zurückzuziehen, den TVM also vor der Ochsentour bewahrt? „Nein“, sagt dazu Stephanie Bermanseder, Abteilungsleiterin Handball des TV Möglingen. „Es gibt die reguläre Anzahl an Absteigern, plus Bietigheim. Deshalb hegen wir keinen Groll gegen die SG, denn wir sind ja auch selbst schuld“, sagt Bermanseder, die nach entsprechenden Gerüchten bereits zwei Wochen vor dem letzten Spieltag beim Konkurrenten angefragt hatte, ob dieser tatsächlich vorhabe, sein Team zurückzuziehen.

Für den Großteil der Spielerinnen endet damit das Kapitel Bietigheim ziemlich unwürdig, denn nicht einmal einen offziellen Abschied hat es vonseiten des Klubs gegeben. Doch wie gerne das Team beisammmen geblieben wäre, verdeutlich alleine schon der Umstand, dass sich die Truppe voraussichtlich an diesem Freitag noch einmal zu einer internen Feier trifft.

 
 
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