Verwaltung Bedauern über Kölz-Weggang

Von Uwe Mollenkopf
Bürgermeister Joachim Kölz (links) und OB Jürgen Kessing bei einem gemeinsamen Termin im Juli vor dem Bietigheimer Rathaus, als sie neue E-Bikes der Stadtverwaltung vorstellten. Ab Februar geht Kölz eigene Wege. Foto: Stadtverwaltung Bietigheim-Bissingen

Der Bürgermeister hinterlässt nach Auffassung der Sprecher eine große Lücke. An der Rathausspitze in Bietigheim-Bissingen droht eine Vakanz.

Mit seiner Ankündigung am Donnerstag vergangener Woche, im Februar als Chef der Felsengartenkellerei in Hessigheim anzufangen, hat Bürgermeister Joachim Kölz für eine faustdicke Überraschung gesorgt. Noch ist nicht klar, wie das Prozedere für seine Nachfolge aussieht.

Zunächst soll wie geplant die neue Stelle des Baubürgermeisters ausgeschrieben werden, deren Einrichtung der Gemeinderat am 1. Oktober mit knapper Mehrheit beschlossen hat, sagt die Sprecherin der Stadtverwaltung, Anette Hochmuth, auf Nachfrage. Die Stadträte haben den Ausschreibungstext in der letzten Sitzung gebilligt. Geplant ist, dass der Baubürgermeister in der ersten Jahreshälfte 2021 sein Amt antritt.

Vakanz wahrscheinlich

Zum Verfahren bei der Stellenausschreibung für den Nachfolger von Joachim Kölz wollte die Sprecherin noch keine Angaben machen. Dies müsse erst nach beraten werden. Auch dafür ist die Zustimmung des Gemeinderats, der die Beigeordneten wählt, notwendig. Weil der Baubürgermeister im Februar, wenn Kölz weg ist, voraussichtlich noch nicht da sein wird, dürfte es eine Vakanz an der Rathausspitze geben, deren Dauer derzeit noch nicht abzusehen ist. Hochmuth stuft das indes als „nicht so dramatisch“ ein. OB Jürgen Kessing sei ja da, daher sei die Situation auch nicht anders als in den Zeiten, in denen Kölz Urlaub habe.

Für die Fraktionen im Gemeinderat kommt der angekündigte Wechsel überwiegend überraschend. Bei Thomas Wiesbauer, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, hält sich die Überraschung allerdings in Grenzen. „Wenn alle Amtsleiter nach und nach die Segel streichen und es nicht abzusehen ist, dass der Hauptamtstleiter und der OB Gegenmaßnahmen einleiten wollen, dass dann auch der Ko-Kapitän geht, ist mehr als verständlich“, so Wiesbauer gegenüber der BZ.

Der Weggang von Kölz werde eine große Lücke reißen. Die CDU-Fraktion und auch er selbst hätten immer wieder auch am Handeln des Ersten Bürgermeisters Kritik geübt. „Aber dennoch war er derjenige, der den Kahn am Laufen gehalten hat“, sagt Wiesbauer. Es sei doch schon sehr zu spüren, dass der Oberbürgermeister immer weniger Interesse „an den wichtigen und auch weniger wichtigen Anliegen und Notwendigkeiten der Stadt“ gesehen habe. „Herr Kölz hat dies nahezu immer abgefedert. Das wird in Zukunft fehlen.“

Nach Wiesbauers Einschätzung wird die Lücke noch viel größer sein, da nicht nur Kölz gehe, sondern nächstes Jahr noch mehrere wichtige Stellen ersetzt werden müssten. Die Führungslosigkeit werde immer deutlicher. „Herr Kölz ist da sicherlich ein schwerwiegender Faktor, aber ich denke, dass sein Abgang nur der Höhepunkt einer schwachen Führung der Stadtverwaltung darstellt“, kritisiert er.

Traute Theurer, die Fraktionsvorsitzende der GAL, findet Kölz’ Entscheidung bedauerlich, betont aber zugleich: „Ich denke, jeder hat das Recht, sich weiterzuentwickeln, ausgetrampelte Pfade zu verlassen und – rechtzeitig – Neues in Angriff zu nehmen. Dass er diese Herausforderung, die sich nun bietet, annimmt, finde ich mutig und bewundernswert.“ Negative Auswirkungen auf die Verwaltungsarbeit befürchte sie nicht. „Erstens haben wir einen Oberbürgermeister und zweitens kennen und können die Ämter ihre Arbeit. Das sind eingespielte Teams.“ Die Möglichkeit, dass jemand ausfalle, zum Beispiel durch eine längere Krankheit, gebe es immer, und dieser Zeitraum müsse dann auch überbrückt werden.

„Total überrascht“ von dem Wechsel zeigt sich Ute Epple, die Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. „Ich halte den Verlust für sehr groß“, bewertet sie den Weggang des Ersten Bürgermeisters. Kölz habe im Hintergrund viele Dinge auf den Weg gebracht und auch für eine Befriedung gesorgt, wenn Bürger unzufrieden waren. Bei der Besetzung der Bürgemeisterstellen sei auch die Frage, wie schnell unter Coronabedingungen die Bewerbungen eingingen. Sie hoffe dabei, dass die Diskussion um die umstrittene Baubürgermeister-Stelle nicht nochmals eröffnet werde.

Aus Sicht von Thomas Reusch-Frey, Fraktionsvorsitzender der SPD, verliert die Stadt einen Bürgermeister, der sich gut in seine Aufgaben eingearbeitet und seine Arbeit unaufgeregt erledigt habe. „Wenn solch ein Bürgermeister ausscheidet, hinterlässt er eine Lücke, die mit viel Kraftanstrengung wieder geschlossen werden muss.“ Was eine mögliche Vakanz anbelangt, müsse die Stadtverwaltung aber so aufgestellt sein, dass die Arbeit auch bei einem Wechsel oder einer Neubesetzung gut weitergemacht werde. Das Team um Oberbürgermeister Kessing mit den Amtsleitern werde in den kommenden Monaten verstärkt gefordert sein. „Wir haben aber gute Leute, und die werden das schaffen – auch in der Zeit der Corona-Pandemie mit ihren zusätzlichen Herausforderungen“, ist Reusch-Frey überzeugt.

 
 
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