Weinlese in Hohenhaslach Der Trollinger ist dran

Von Bigna Fink
Der Trollinger-Hang des Weinguts Ott in Hohenlaslach hat eine moderate Steigung von etwa 30 Prozent. Foto: Werner Kuhnle

Die diesjährige Weinlese in der Region neigt sich dem Ende. Beim Weingut Ott in Hohenhaslach werden die Trauben noch ausschließlich von Hand geerntet.

Gestärkt mit warmem Laugenweck geht es für Winzer Dietmar Ott und 14 Helferinnen und Helfer um 8.30 Uhr mit den Autos vom Weingut Ott im Herzen Hohenhaslachs los. Hinter dem Traktor von Sohn Benjamin fährt die kleine Kolonne der morgendlichen Herbstsonne entgegen, hin zu den Weinberghängen.

Der Trollinger ist heute dran, die dunkelblauen Beeren der Trauben hängen prall an den Rebstöcken. Nebelschwaden ziehen übers Kirbachtal, der Blick reicht bis nach Stuttgart. Samstag in einer Woche soll schon der letzte Weinlesetag der Winzerfamilie sein, begonnen hat ihre Ernte am 29. August.

Eingebettet in Weinberge ist Sachsenheims Hohenhaslach ein klassisches Weindorf: „Etwa zehn bis elf Winzer gibt es hier“, erzählt der 25-jährige Benjamin Ott, der gerade seinen Master in Weinbau und Oenologie abschließt. „Bis zur Gemeindereform 1973 zählte Hohenhaslach zu den größten Weinanbaugemeinden Württembergs.“ Rund 165 Hektar Rebfläche habe der Ort. Sein Vater ergänzt: „Der Weinbau in Hohenhaslach ist seit über 1000 Jahren dokumentiert.“ Und auch die Familie Ott hat eine lange Wengerter-Tradition: Seit 1670 ist sie im Kirbachtal ansässig und betreibt seither Weinbau, erzählt Dietmar Ott, der auch Weinerlebnisführer ist.

Klimawandel macht Sorge

Der erfahrene Winzer beobachtet die Veränderungen durch den Klimawandel teilweise mit Sorge: „Die Lese hat sich mehr in den September verlagert. Anfang und Ende der Weinlese haben sich durch die wärmeren Temperaturen um bis zu 14 Tage nach vorne verschoben.“ Der August sei der einzige Monat, in dem der Winzer mit gutem Gewissen etwas Urlaub machen könne – bisher.

Aufgrund des trockenen Sommers mussten die Otts dieses Jahr zur Tröpfchenbewässerung greifen. Dafür sind auch am Trollinger-Hang unten an den Rebzeilen Schläuche befestigt. „Der Sonnenbrand an den Beeren war dieses Jahr ebenfalls ein Problem“, sagt Dietmar Otts Frau Silvia. „Manche Lagen haben stark gelitten, Reben auf steinigem Untergrund oder noch ganz junge Stöcke.“

Alles von Hand

Mit scharfen Lesescheren geht es gleich zur Sache. „Im Prinzip gibt es nur eine Regel bei der manuellen Lese: Die Beeren, die ich selbst essen würde, kommen in den Eimer, die anderen werden ausselektiert“, erklärt Dietmar Ott. Oft landen die Beeren während der Lese auch im Mund der Helfer – eine süße Stärkung.

Bei den Otts, einem mit 13 Weinbergen und circa zwei Hektar relativ kleinen Weinbaubetrieb, werden die Trauben noch von Hand gelesen. Denn Probleme, Erntehelfer zu generieren, hatte die Familie bisher nicht. „Wir sind sehr froh, so viel Unterstützung zu haben“, erzählt Benjamin Ott über den ehrenamtlichen Einsatz. „Wir können uns auf einen Pool von rund 30 Helferinnen und Helfern verlassen.“

Verwandte, Bekannte, Kunden – zum Teil sind die Helfer seit 15 Jahren dabei. „Ich mache mit, weil es mir einfach Spaß macht“, sagt Ingrid Schrickel. „Als Kind habe ich schon bei der Weinlese mitgeholfen. Seitdem meine Kinder groß sind, bin ich wieder mit dabei“, erzählt die 70-jährige Sachsenheimerin. Bis zu 100 Kilometer aus der Karlsruher Ecke kommen Helfer für die Weinlese der Otts angereist. Günter Pröll etwa, 72, aus Bretten, kennt die Weinlese aus seiner Jugend und ist seit sechs Jahren mit dabei. Heute ist auch seine Tochter Stefanie mit im Einsatz. „Frische Luft, Sonnenschein, Bewegung, für mich ist das hier wie Urlaub,“ meint die 34-Jährige, die sich für die Lese an diesem Tag extra Urlaub genommen hat. „Immer wenn ich Zeit finde, oft zweimal die Woche, helfe ich mit,“, sagt ihr Vater, der die gute Stimmung und Verpflegung schätzt: „Hier hat jeder einen lustigen Spruch auf den Lippen.“ Respekt habe er vor dem steilen Rieslingweinberg, der im September dran war, einer der steilsten Weinberge der Otts. „Das war Knochenarbeit.“

Deftiges Mittagessen als Lohn

Innerhalb einer Dreiviertelstunde hat das Team rund 800 Kilogramm Trauben geerntet. Die kommen erst in gelbe Eimer, dann kippen die Arbeiter den rund 15 Kilo schweren saftigen Inhalt in die zwei Rebboxen. Die vollen Boxen fährt Dietmar Ott mit dem Traktor in die hauseigene kleine Kelter. Dort kippt der 59-Jährige sie mit dem Gablerstapler in eine große Abbeermaschine. Es entsteht die Maische, ein Gemisch aus Most und Feststoffen aus Beeren, Schalen, Kernen. In Holz- und Edelstahlfässern mit Hefe versetzt, reift sie zum Rotwein.

Die Otts bauen Lemberger, Riesling, Trollinger, Spät- und Weißburgunder, Rivaner, Cabernet Dorsa und neuerdings auch den sehr wärmebedürftigen Cabernet Sauvignon an. Die Familie ist auf die vielen Prämierungen stolz, die sie als kleinen Betrieb aus seinem Sortiment von circa 25 verschiedenen Weinen bereits gewonnen hat, darunter 2021 den Staatsehrenpreis der Landesregierung für das Familienweingut.

Silvia Ott sorgt jeden Lesetag für ein deftiges Mittagessen im Weingut. Zum Abschluss am späten Nachmittag sitzen die Mitarbeiter traditionell zusammen in der Garage bei Vesper, Kaffee, Kuchen und dem ein oder anderen Gläschen Wein.

 
 
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