Welttag des Sehens: Wie barrierefrei ist der Landkreis? Auf dem Weg zur Inklusion gibt es noch viel zu tun

Von Frank Ruppert
Aus Sicht der Kreisbehindertenbeauftragten werden zu selten Ampeln umgerüstet. ⇥ Foto: imago stock&people

Barrieren bestimmen im Kreis noch zu oft das Leben von Menschen mit Sehbehinderung. Die Kreisbehindertenbeauftragte zeigt, wo es klemmt.

Seit April ist Claudia Lychacz kommunale Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung im Landkreis Ludwigsburg. Seither ist sie Ansprechpartnerin für eine große Zahl an Themen im Zusammenhang mit Inklusion und dem Abbau von Barrieren bei den Kommunen im Kreis. „Ich freue mich, wenn die Gemeinden mich einladen und wir über Inklusion sprechen können“, sagt sie. Erst kürzlich hatte sie, wie sie selbst sagt, einen angenehmen Antrittsbesuch bei Sachsenheims Bürgermeister Holger Albrich.

Keine Böswilligkeit

Lychacz hat selbst eine Sehbehinderung und erzählt der BZ anlässlich des heutigen Welttags des Sehens von den Problemen in Gemeinden  im Hinblick auf Bürger mit einer Sehbehinderung. „Die meisten Barrieren entstehen nicht aus Böswilligkeit, sondern weil die Perspektive von Menschen mit Behinderung fehlt.“

Ein Beispiel sei das Wasserschloss in Sachsenheim – erst vor Kurzem nach einer umfassenden Renovierung wiedereröffnet. „Dort empfängt die Besucher eine sicherlich sehr schöne Stele, aber die hat leider einen Touchscreen zur Orientierung“. Dieser macht es Menschen, die nicht oder schlecht sehen können unmöglich sich darüber zu orientieren. In Sachsenheim sei man froh über den Input von Claudia Lychacz gewesen.

In ihrem halben Jahr im Amt hat sie sich erste Einblicke verschafft in die Verwaltungsarbeiten in den Kommunen. Sie fordert weiterhin, dass die Gemeinden Stellen für Inklusionsbeauftragte schaffen. Ihr seien bislang im Kreis nur vier Kommunen bekannt, die dies gemacht haben.

Dabei gibt es viel zu tun, wie bei einem Gespräch mit Lychacz schnell klar wird. So gebe es eigentlich die Vorgabe, jede Ampel die erneuert werde, entsprechend für Menschen mit Sehbehinderung auszustatten. „Das wird leider oft nicht gemacht. Das mag an der fehlenden Kenntnis der entsprechenden Vorgabe liegen“, mutmaßt sie.

Rechtliche Vorgaben

Bei den Leitlinien im öffentlichen Raum und Bushaltestellen offenbare sich oft ein anderes Problem: „Häufig schafft man nur das, was rechtlich vorgegeben ist, ohne eine sinnvolle Ergänzung mitanzulegen.“ So werde oft verpasst, bei barrierefreien Bushaltestellen auch das Umfeld barrierefrei zu gestalten, etwa den Überweg zur Haltestelle.

Beim Thema digitale Barrierefreiheit bemängelt Lychacz, dass die technischen Möglichkeiten zur vollständigen Barrierefreiheit von öffentlichen Webseiten von Verwaltungen nicht immer voll ausgeschöpft werden. So sei es durchaus möglich auch PDF-Dateien, Tabellen und Bilder auch Sehbehinderten komplett zugänglich zu machen. „Oft wird dann aber auf fehlende Ressourcen verwiesen“, erzählt Lychacz. Ihr geht es aber in erster Linie nicht um Kritik, sondern darum in eine Konversation mit den Kommunen zu treten. Eben, weil aus ihrer Sicht viele Barrieren gar nicht erst entstünden, wenn man Menschen mit Behinderungen bei den Planungen miteinbezieht.

Deswegen plant sie auch Schulungen für Verwaltungen anzubieten, damit diese etwa bei Bescheiden oder anderem Kontakt stets barrierefrei denken. So müssten Bescheide auch ohne menschliche Assistenz für Menschen mit Behinderung „lesbar“ seien.

Fest steht, dass Lychacz die Arbeit in nächster Zeit nicht ausgeht. Was sie positiv stimmt, seien die vielen tollen Begegnungen mit Verantwortlichen und deren Bereitschaft Anregungen anzunehmen. 

 
 
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