Jäger Stefan Ott, der Leiter des Hegerings Stromberg/Vaihingen, ist angesichts der unmittelbar bevorstehenden Maisernte derzeit nahezu jede Nacht in seinem Revier bei Hohenhaslach unterwegs und kontrolliert, ob bereits Wildschweine ihr Unwesen in den Maisfeldern getrieben haben. Etwa 300 Hektar Feld umfasst das Revier von Stefan Ott. Tagsüber kontrollieren die Jäger mit Drohnen, und schauen ob, beziehungsweise wo, sogenannte Einwechsel sind, also Pfade auf denen womöglich Wildschweine nachts ins Maisfeld einfallen. Dann würde sich der Jäger auf den Ansitz begeben, um die Wildschweine zu bejagen.
Wildschaden in Maisfeldern Wo die Wildsau wütet
Vor der Maisernte sind die Jäger wieder besonders wachsam. Wildschweine haben es jetzt auf den saftigen Mais abgesehen. Richten Wildschweine Schäden im Maisfeld an, muss der Jäger zahlen.
Was Wildschweine angeht, sind die Jäger bereits im März gefordert. Da gehen die Tiere vom Wald aufs Grünland und drehen die Wiesen auf der Suche nach tierischem Eiweiß um. Das freut die Landwirte gar nicht, so Stefan Ott. Die nächste Phase bei der die Schwarzkittel unangenehm auffallen können, ist vor der Getreidereife. Wenn das Getreide die sogenannte Milchreife hat, also das Getreide noch grün und saftig ist. Dann stehen Roggen und Weizen ganz oben auf dem Speiseplan der Wildschweine.
Wildschweine mögen Mais
Besonders spannend wird es wieder für die Jäger, wenn der Mais milchreif ist. Also vor der eigentlichen Ernte, wenn die Maiskörner richtig saftig sind. Dieses Stadium steht jetzt aktuell an. In diesen Tagen wird es dann wieder langsam losgehen, sagt Stefan Ott. Dann ziehen die Wildschweine von ihren sogenannten Einstandsgebieten im Wald wieder auf die Maisfelder und stürzen sich auf die saftigen Maiskolben. Ott ist momentan jedoch relativ entspannt. Nach seiner Aussage gibt es in diesem Jahr in der Region bis jetzt deutlich weniger Wildschweine als im vergangenen Jahr.
Das ist insofern bemerkenswert, weil sonst strenge Winter die Wildschweinpopulation oft niedrig gehalten haben. Inzwischen steht den Schwarzkitteln nahezu das ganze Jahr über genügend Nahrung zur Verfügung. Dies hat normalerweise zur Folge, dass die Population steigt. Früher haben die weiblichen Wildschweine das erste Mal mit einem oder anderthalb Jahren Nachwuchs bekommen. Heute sind die Wildschweine bereits mit sechs Monaten voll geschlechtsreif und können Frischlinge bekommen. Eine erwachsene Bache mit etwa 80 Kilogramm Gewicht kann schon mal zehn Frischlinge zur Welt bringen. Jungbachen bringen immerhin schon zwei bis drei Frischlinge zur Welt.
In diesem Jahr gibt es in der Region bis jetzt recht wenig Wildschweine. Von seinen Jäger-Kollegen im Schwarzwald weiß Stefan Ott hingegen, dass bei Calw derzeit außerordentlich viele Wildschweine unterwegs sind. Ein Wildschwein, das ohne Nachwuchs unterwegs ist, kann in einer Nacht immerhin bis zu 40 bis 50 Kilometer zurücklegen. Die Wildschweine haben ihre Reviere, die Einstände und ihre gewohnten Wechsel und Fernwechsel, die sich sogar durchs ganze Bundesgebiet ziehen können. Auf diesen Pfaden ziehen die Tiere seit Jahrhunderten. Bei Nahrungsmangel begeben sich die Tiere jedoch auf diesen Pfaden auf Wanderschaft und suchen bessere Futterplätze.
Stefan Ott überwacht sein Revier mit Wildkameras. Da können schon mal zwei Wochen vergehen, ohne dass sich überhaupt eine Wildsau blicken lässt. Vorletzte Nacht gegen drei Uhr, konnte Ott in seinem Revier immerhin eine Rotte mit rund 15 Tieren beobachten.
15 Wildschweine erlegt
Der Jäger hat in seinem Revier in diesem Jahr 15 Wildschweine erlegt. Im letzten Jahr waren es um diese Zeit bereits über 30 Tiere. Bis jetzt hatte er in seinem Revier keinen Grünlandschaden. Zum ersten Mal seit Jahren waren die Wildschweine im März auf keiner Wiese, obwohl Otts Revier viele Wiesen umfasst. Insgesamt sind im Bereich Naturpark Stromberg bis Richtung Güglingen-Tripsdrill vergleichsweise wenig Wildschweine unterwegs. Aber auch wenige Wildschweine können Schaden anrichten. Zwischen Sersheim und Hohenhaslach haben die Schwarzkittel schon relativ viel Schaden in diesem Jahr angerichtet. In Richtung Freudental wurden auf einem etwa fußballfeldgroßen Acker innerhalb von zwei Wochen bereits 15 Sauen erlegt.
Wildschweine sind nach Aussage von Stefan Ott äußerst gelehrige Tiere. Die Wildschweine meiden beispielsweise die Felder, wenn dort schon einmal geschossen wurde. Dann weichen die Tiere auf andere Felder aus.
Wildschwein-Rotten bestehen immer aus einer alten erfahrenen weiblichen Sau oder Bache, wie das weibliche Wildschwein ab dem dritten Lebensjahr an genannt wird und jüngeren Keilern sowie jüngeren Bachen und Frischlingen. Die erwachsenen Keiler sind nie bei der Rotte. Die lassen sich nur im Winter zur Paarungszeit blicken. Erwischt ein Jäger eine Rotte in einem Maisfeld, wird definitiv nicht wild drauflos geballert. Die Jagd unterliegt strengen Regeln. Beispielsweise darf keine Bache geschossen werden, die Frischlinge führt, heißt auf Deutsch: Eine Muttersau mit kleinen Schweinchen wird verschont. Geduld und viel Erfahrung ist da vom Jäger gefordert. Ott berichtet von einem Jäger-Kollegen, der in einer Nacht fünf Wildschweine geschossen hat, das ist jedoch die Ausnahme.
Seit diesem Jahr dürfen Jäger auch mit Nachtsichtgeräten auf die Jagd gehen. Dies war bis vor kurzem noch nicht erlaubt. Die Wildschweinjagd ist ohnehin nur von etwa 22 bis fünf Uhr erfolgversprechend, so Ott. Tagsüber halten sich die Tiere im Wald versteckt.
Wenn eine Wildschweine-Rotte in einem Maisfeld einen Schaden anrichtet, muss der Jäger den Schaden dem Bauern begleichen. Die sogenannte Wildschadensersatzpflicht wird im Pachtvertrag an den Jäger übertragen. In Baden-Württemberg ist übrigens auch der Wein, also Reben, wildschadenspflichtig, das kann dann für den betroffenen Jäger teuer werden, genauso wie der Verbiss bei Feld-Pflanzen.
Im Schadensfall meldet sich der betroffene Landwirt beim zuständigen Jagdpächter. Im Großen und Ganzen spricht Ott von einem guten miteinander mit den Landwirten. Bis jetzt konnte man sich eigentlich immer einigen. Sollte das mal nicht der Fall sein, wird ein Sachverständiger eingeschaltet, der dann die Schadenshöhe feststellt. Das war bis jetzt, so der Jäger Stefan Ott, allerdings noch nie notwendig.
Wildschweine sind nicht die einzigen Tiere, die Schäden verursachen. Ott nennt noch den Dachs und Nutrias. Die Jäger sind jedoch nur bei Schäden ersatzpflichtig, die Wildschweine anrichten.