Ingersheim Haushaltsabschluss mit Überraschungen

Von Jörg Palitzsch
Beim Abschluss des Haushalts gab es im Ingersheimer Rathaus Diskussionen. Foto: /Martin Kalb

Die Gruppierung WIR tritt nicht mehr zur Wahl an. Jürgen Fleischmann (FW) ruft Vereine zu einer Demonstration vor dem Rathaus auf.

Nach der Einbringung und Vorberatung des Ingersheimer Haushaltsplanes für das laufende Jahr hat der Gemeinderat am Dienstag das Zahlenwerk bei einer Enthaltung beschlossen. In der Aussprache verkündete Karin Zimmer (WIR), ihre Gruppierung werde für die nächste Gemeinderatswahl keine Liste mehr aufstellen, weil man keine aktive Unterstützung im Ort erfahren habe. So habe man das interkommunale Gewerbegebiet mit 16 Hektar Fläche nicht verhindern können, ebenso habe es keine Zweckverbandserschließung „in kleinen Schritten“ gegeben und auch das Neubaugebiet „In den Beeten II“ habe man nicht verhindern können. So wolle sie sich mit WIR-Rätin Tanja Dauser künftig ehrenamtlich für Natur und Kultur einsetzen.

Vereine nicht zu sehr belasten

Einen großen thematischen Bogen schlug Jürgen Fleischmann (FW). Er stellte die Frage, wer oder was den Ingersheimer Haushalt retten könne. Das Gemeindeentwicklungskonzept bringe mehr Projekte mit sich – aber damit auch mehr Kosten. Weitere Themen waren der Verlust jüngerer Mitarbeiter beim Bauhof. Auch die Sozialstation müsse auf den Prüfstand gestellt werden, dazu solle man Partner suchen. Fleischmann betonte, man dürfe bei allem die Haushaltskonsolidierung nicht aus den Augen verlieren, aber die Vereine nicht zu sehr belasten. Diese könnten die anstehende Neuordnung der Benutzergebühren mit einer Demo vor dem Rathaus in ihrem Sinne untermauern.

Bürgermeisterin Simone Lehnert sagte dazu, man wolle den Vereinen entgegenkommen. Niemand solle ins Straucheln kommen, gleichwohl müsse man die Gebühren komplett neu aufstellen. Dazu habe man den Auftrag der Kommunalaufsicht, weil es einen defizitären Haushalt gibt. So stehen im Gesamtergebnis 19,67 Millionen Euro an Erträgen 21,02 Millionen Euro an Aufwendungen gegenüber. Dies ergibt ein Minus von 1,35 Millionen Euro. Die geplanten Investitionen können nicht über den Ergebnishaushalt gedeckt werden, weshalb eine Kreditaufnahme von 3,10 Millionen Euro notwendig ist. Thorsten Majer (SPD) rief trotz allem dazu auf, nicht in einen Vogel-Strauß-Modus zu verfallen. Er sprach sich für eine „zielgenau Vereinsförderung“ aus, eine Erhöhung sei „nicht angebracht“.

Pflichtaufgaben würden überproportional steigen, sagte Ursula Heinerich (CDU). Sich allerdings nur auf diese Pflichtaufgaben zu konzentrieren sei zu wenig. Im Ort müsse es, wie in Unternehmen auch, „Soft Skills“ geben.

Angespannte Weltlage

Christoph Leibrecht von der FDP verwies auf die angespannte Weltlage, die auch auf lokaler Ebene zu spüren sei. Er glaubt, es kommen wieder bessere Zeiten, wichtig sei es bei der weiteren Entwicklung des Gewerbegebiets, Handwerker und kleinere Betriebe im Ort zu halten.

Kerstin Leibbrand, die nach ihrem Austritt aus MIT parteilos ist, betonte erneut ihre Ablehnung zum Gewerbegebiet. Durch großflächige Erschließungen verliere Ingersheim als Wohngemeinde an Lebensqualität und die Landwirtschaft ihre Existenzgrundlage. Die Kommune werde in der Region Stuttgart zurecht als Wohngemeinde mit Eigenentwicklung eingestuft. Doch ein finanzieller Ausgleich durch das Land finde nicht statt. Daher habe Leibbrand dafür Verständnis, dass Ingersheim nur das Ausweisen von weiteren Gewerbeflächen bleibe, um höhere Gewerbesteuereinnahmen zu generieren und aus dem strukturellen Defizit herauszukommen. Besonders wichtig sei ihr die Ausweisung von Gewerbeflächen für Ingersheimer Handwerker und Firmen.

„Wir müssen handeln, entscheiden und weitermachen“

Im Februar hatte Bürgermeisterin Simone Lehnert in ihrer Haushaltsrede gesagt, die doppische Haushaltsführung bringe es mit sich, dass die Gemeinde ihre Abschreibungen selbst erwirtschaften müsse. Im Sinne der Generationengerechtigkeit sei dies ein guter Ansatz, für den Ergebnishaushalt jedoch eine große Herausforderung. „Experten sagen sogar, die Kameralistik abzuschaffen, war dumm und wenig zielführend“, so Lehnert. Jammern habe aber noch niemandem geholfen, im Gegenteil: „Wir müssen handeln, entscheiden und weitermachen“, so die Marschrichtung der Bürgermeisterin. Sie zeigte sich überzeugt, mit dem Gemeindeentwicklungskonzept langfristig Erfolg zu haben, weil man zu jedem Handlungsfeld konkrete Maßnahmen erarbeitet und gemeinsam priorisiert habe.

Bei der Anpassung der Benutzergebühren werde man abklären, was auf die Vereine zukomme. Der Spielraum sei gering, Gespräche hätten aber schon stattgefunden. Im April werde man darüber diskutieren, neue Regelungen müsse der Gemeinderat treffen, „nicht nur die Verwaltung“, so Simone Lehnert.

 
 
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