Kirchheim Bewohner für Pflege-WG gesucht

Von Helena Hadzic
Das Anna-Riecker-Haus in der Schillerstraße ist fast bezugsbereit. Foto: /Helena Hadzic

Der Auftakt der neuen Wohngruppe im Anna-Riecker-Haus ist geschafft: Bei einer Info-Veranstaltung hat Bürgermeister Uwe Seibold die Rahmenbedingungen und Kosten präsentiert.

Selbstbestimmt im hohen Alter den Alltag zu bestreiten, gestaltet sich in der Praxis zumeist schwierig. In den staatlichen Pflegeeinrichtungen gibt es gesetzliche Vorschriften, was beispielsweise die Hygiene betrifft, oder auch geregelte Besuchs- und Essenszeiten. Ein wenig mehr Raum und Freiheiten bietet hingegen die neue Pflege-WG in Kirchheim, die nun weitestgehend fertiggestellt ist. „Eigentlich fehlen nur noch die Vorhänge und Möbel für die Gemeinschaftsräume“, sagte Bürgermeister Uwe Seibold bei einer Info-Veranstaltung am Dienstagabend im Anna-Riecker-Haus.

Etwa 30 Senioren sowie Angehörige sind der Einladung der Gemeinde gefolgt, um sich über die Rahmenbedingungen der neuen Wohngruppe in der Schillerstraße zu informieren. Auch Michael Szymczak, der 33 Jahre Vorsitzender der Kirchlichen Sozialstation Nördlicher Breisgau war, ist zu diesem Anlass erschienen, um seine Erfahrungen mit Pflege-WG’s zu teilen, Kosten zu erläutern und Fragen zu beantworten. Szymczak hat lange auf diesem Gebiet geforscht und bereits fünf Pflege-WG’s in die Wege geleitet.

Mindestens drei Bewohner

Interessenten und Bewohner ab Pflegegrad zwei werden ab sofort gesucht, denn „die Pflege-WG steckt bereits in den Startlöchern“, wie Seibold in seiner Eröffnungsrede vor den Gästen zum Ausdruck brachte. Wenn sich mindestens drei Senioren finden sollten, kann die Wohngemeinschaft bereits am 1. Juli oder am 1. August eröffnet werden. Doch was ist eigentlich eine Pflege-WG? Wie bereits der Name verrät, handelt es sich dabei um eine ambulante Wohngemeinschaft, die speziell auf Personen im hohen Alter ausgerichtet ist.

Vermieter des Anna-Riecker-Hauses ist die Gemeinde Kirchheim. Der Förderverein Kirchheimer Pflege-WG unterstützt die Wohngruppe als neutrale Instanz. Ein zuständiger Pflegedienst für die Wohngruppe wird von Bewohnern und Angehörigen selbst ausgesucht. Im Haus selbst gibt es zwölf Zimmer, zwei Zimmer teilen sich jeweils ein Bad. Zudem gibt es eine gemeinschaftliche Küche, ein großes und ein kleines Wohnzimmer und zwei zusätzliche WC’s. Eine WG und keine Einrichtung ist das Anna-Riecker-Haus in dem Sinne, dass die Bewohner gemeinsam in einem Haus leben, jeder sein eigenes Zimmer hat, für das er Miete zahlt und im Prinzip tun und lassen kann, was er möchte. „Das Leben in einer Pflege-WG ist so, als ob man noch in seiner eigenen Wohnung wohnt“, erklärt Szymczak – mit dem Vorteil von Alltagsassistenten, die die Senioren unterstützen, wenn sie es brauchen.

Konkret bedeutet das also, dass es keine festen Regeln gibt außer solche, die man gemeinschaftlich, und in Absprache mit Angehörigen, festlegt. Jeder Bewohner kann zudem sein Zimmer mit seinen eigenen Möbeln von zuhause einrichten und kochen und essen, wann immer er will. Wobei gemeinsames Kochen und gemeinsame Mahlzeiten sich irgendwann von selbst einpendeln, meint Szymczak. „Weil es einfach auch sehr familiär in solchen Wohngemeinschaften ist“, sagt er.

Auch die Besuchs- und Ausgehzeiten sind dort wesentlich freier gestaltet. Ein Interessent bei dem Ortsgespräch in der Pflege-WG wollte hierzu nähere Informationen. „Heißt dass, dass ich auch nach Mitternacht nach Hause kommen kann?“, fragte er mit einem Grinsen. Seibold bestätigte ihm lachend, dass „er auch Damenbesuch empfangen könne, wenn er möchte“. Und für zwei Wochen in den Urlaub verschwinden? Kein Problem, meint Szymczak: „Sie entscheiden selbst.“

Auch Sicherheit ist ein Thema – ein interessierter Angehöriger fragte, wie man mit an Demenz-leidenden Bewohnern umgeht. Szymczak erklärte, dass die Pflege-WG’s auch für Senioren mit Demenz geeignet sind. Da es sich jedoch um ein offenes und nicht geschlossenes Modell handelt, ist die Tür von innen auch immer offen. Durch eine Signaltüre werden allerdings die nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen. „Auf die Weise bekommt die Assistenzkraft das Verschwinden mit und kann reagieren“, sagt Seibold.

3350 Euro werden selbst getragen

Im Vergleich zu Pflegeheimen, fallen die Kosten nur minimal niedriger aus. Der monatliche Eigenanteil, den ein Bewohner zahlen muss, liegt bei etwa 3350 Euro. Der Rest wird durch Kostenträger abgedeckt, also durch die Kranken- und Pflegeversicherung. Insgesamt betragen die Kosten demnach circa 6000 Euro. Viel Geld, weswegen auch eine Interessentin wissen wollte, was man tun könne, wenn man sich die Kosten nicht leisten kann. Seibold erklärte, dass für die Finanzierung der Wohngruppe Sozialhilfe beantragt werden könne – „Sogar noch bis zu einem Tag vor dem Einzug“, betonte er.

Das Anna-Riecker-Haus ist fast fertig, nun müsse man nur noch Bewohner finden, ein Bewohnergremium aus Angehörigen gründen, welches die Bewohner vertritt und Entscheidungen mit und für sie trifft und einen Pflegedienst aussuchen. „Und dann kann es schon losgehen“, so Seibold.

 
 
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