Ludwigsburger Theatersommer Neue Ära beginnt mit vier Premieren

Von Gabriele Szczegulski
Susanne Schmidt und Christine Hofer (von links) führen den Ludwigsburger Theatersommer in eine neue Ära. Linda Bockmeyer (rechts), Absolventin der Akademie der Darstellenden Kunst Ludwigsburg, wird „Der Geizige“ von Molière inszenieren. Foto: /Oliver Bürkle

Intendantin Christine Hofer und Geschäftsführerin Susanne Schmidt gestalten ein Programm, für das auch Gastregisseure wie Linda Bockmeyer und Nico Dietrich inszenieren.

Die Ära Peter Kratz, der den Ludwigsburger Theatersommer 1991 erfand, begründete und mehrere Jahrzehnte leitete sowie fast alle Stücke inszenierte, ist zu Ende. Für die erste Nach-Kratzsche-Saison inszeniert das ihm nachfolgende Frauengespann Susanne Schmidt/Christine Hofer zusammen mit der Regisseurin Linda Bockmeyer und dem Regisseur Nico Dietrich vier neue Stücke. „Wir machen einen kompletten Neuanfang, es hätte sich komisch angefühlt, ein Stück von Peter Kratz wieder aufzunehmen, deswegen machen wir nun das Unmögliche möglich“, sagt Geschäftsführerin Susanne Schmidt, auch wenn vier Neuinszenierungen schon ein „Kraftakt für eine Spielzeit“ seien.

Schmidt leitet künftig gemeinsam mit Intendantin Christine Hofer den Theatersommer im Clussgarten (die BZ berichtete). Und dass es für die vier neuen Stücke der kommenden Saison drei Regisseure – Hofer inbegriffen – gibt, ist das neue Konzept. Nicht nur Intendantin Hofer will die Aufführungen inszenieren, jedes Jahr sollen Gastregisseure eingeladen werden. „Es gibt so viel Potenzial an Künstlerpersönlichkeiten, so viele Talente, die ich gerne nach Ludwigsburg holen möchte“, sagt Hofer. So wird nicht nur sie wie einstens Peter Kratz für den Theatersommer inszenieren, sondern auch Regisseure von außerhalb verpflichten, genauso wie immer neue Schauspieler. „Der Theatersommer-Garten soll zu einem kreativen Begegnungsort von Künstlern und Publikum werden“, so Hofer. Sie will sich einen regelrechten „Pool an Theaterschaffenden“ erschaffen. Die neue Saison des Theatersommers beginnt am 20. Juni mit der Premiere von „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing von 1779. Christine Hofer selbst wird damit ihren Einstand als Regisseurin geben.

50 000 Euro mehr Geld pro Saison

Die Theorie, die sie in ihrer Inszenierung aufstelle, sei: „Wie können wir es schaffen, dass wir alle miteinander, die wir so unterschiedlich sind, friedlich leben können“. „Nathan der Weise“ sei ein so aktuelles Stück, fast universal, sagt sie, dass es egal sei, ob Nathan von einem Mann oder einer Frau gespielt wird und verrät, dass in ihrer Inszenierung wohl Protagonist weiblich besetzt werde. Viel Musik soll die „herausfordernde Sprache“ ins Heute übertragen. „Experimente“ will sie wagen, „Stoffe neu angehen“. „Mit neuen Ideen will ich Schauspieler und Regisseure hierher an diesen wundervollen Ort locken, denn unser Budget ist nicht so anziehend“, sagt Hofer.

Apropos Budget: Mit „Klinken putzen“ bei den Stadträten haben Hofer und Schmidt einen Dauerzuschuss zu ihrem Etat von jährlich 50 000 Euro aus dem Ludwigsburger Gemeinderat entlockt. So kommt der Theatersommer auf ein städtisches Budget von 178 000 Euro, was einem Drittel der Gesamtausgaben von 615 000 Euro entspricht, ein weiteres Drittel wird durch die Einnahmen eingespielt, das dritte Drittel muss Schmidt aus Sponsorengeld, Fördersummen und Stiftungsbeiträgen finanzieren. „Wir wollen zumindest die Mindesttarife bezahlen, jeder der hier arbeitet, soll auch Geld dafür bekommen“, sagt Schmidt.

Das zweite Abendstück, das am 25. Juli Premiere feiert, ist auch ein Klassiker: „Der Geizige“ von Molière. Inszenieren wird es Linda Brockmeyer, die im vergangenen Jahr ihr Regie-Studium an der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg beendete. Hofer, die Intendantin am Memminger Theater war, hatte sie dorthin zu einem Theaterprojekt eingeladen. „Ich merkte sofort, da ist Potenzial da“, sagt Hofer.

In Brockmeyers Inszenierung steht beim „Geizigen“ der Generationenkonflikt im Mittelpunkt. „Der Spruch, dass die Eltern das Erbe ihrer Kinder verschwenden“ spukt mir dauernd im Kopf herum“, sagt sie.

Sie möchte den Generationenkonflikt thematisieren und den Kapitalismus kritisieren. „Lohnt es sich noch und geht es überhaupt noch, sich ein Vermögen zu erarbeiten?“, sagt Brockmeyer. Zwei Kinder- und Familienstücke feiern am Theatersommer Premiere: Der Intendant des Jungen Theaters Göttingen, Nico Dietrich, inszeniert „Das Neinhorn“ von Marc-Uwe Kling. Das Stück feiert am 22. Juni Premiere. Christine Hofer wagt sich an die „Bremer Stadtmusikanten“. Sie will mit der tierischen Rentnerband zeigen, „dass man auch mit Spaß alt werden kann“. Premiere ist am 8. August.

Das Theater soll zum Begegnungsort werden

Erstmalig – und auch das ist eine neue Idee des Leitungsgespanns – soll es am Ende der Saison, am 31. August, nach der letzten Aufführung des „Geizigen“ ein Theaterfest für Ensemble und Publikum geben, „Ich will, dass sich alle kennen lernen, die an diesem Theatersommer beteiligt sind, dass alles offen ist und Begegnungen stattfinden, denn Theater ist für mich ein Ort der Begegnung“, sagt Hofer. Künftig, so ergänzt Schmidt, soll es pro Saison mehrere Feste geben, im renovierten Barbereich des Theatersommers. Schmidt ist schon seit 18 Jahren beim Theatersommer „und ich will so lange bleiben, wie es geht“, sagt sie. Christine Hofer hat vorerst einen Vertrag über drei Spielzeiten unterschrieben, „aber ich merke schon, hier in Ludwigsburg weht ganz besondere Theaterluft“.

 
 
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