Sachsenheim Mutmacher gegen Mobbing

Von Michaela Glemser
Michael Stahl erzählt den Schülern der Eichwald-Realschule, wie er selbst als Jugendlicher Gewalt und Mobbing erlebt hat. Bei seinen Schulungen bringt er Kindern und Jugendlichen bei, wie man damit umgeht und sich dagegen wehrt. Foto: /Martin Kalb

Gewaltpräventionsexperte Michael Stahl spricht und trainiert mit Schülern der Eichwald-Realschule in Sachsenheim.

Wenn die Schüler am Ende des Vormittags feststellen, wie schön es doch ist aufeinander aufzupassen und respektvoll miteinander umzugehen, habe ich schon viel erreicht“, erzählt Michael Stahl zu Beginn seines Sozialkompetenz- und Selbstbehauptungstraining mit rund 70 Jugendlichen aus den achten Klassen der Eichwald-Realschule.

Der frühere Bodyguard und Personenschützer Stahl ist an Schulen in ganz Deutschland unterwegs und erkennt, dass Konflikte, Ängste und Mobbing in den Klassen immer mehr zunehmen. „Die bundesweiten Statistiken besagen, dass es inzwischen in jeder Klasse zwei bis drei Mobbingfälle gibt“, weiß auch Ludwig Filter, der für die Schulsozialarbeit an der Eichwald-Realschule zuständig ist.

Aus eigener Erfahrung

Doch Schulleiter Sascha Renner möchte dieser zunehmenden Problematik präventiv begegnen und hat daher in seiner Lehrerschaft bereits Fortbildungen zu diesem Thema organisiert. „Wir sind froh, dass es diese Zusammenarbeit mit Michael Stahl gibt, der unseren Schülern vermittelt, Konflikte respektvoll und würdevoll untereinander zu lösen“, sagt Schulleiter Renner.

Stahl ist bereits zum vierten Mal an der Eichwald-Realschule zu Gast. „Als ich in eurem Alter von 13 und 14 Jahren war, gehörte ich zu den ärmsten Jungen in meiner Klasse. Mein Vater war ein Trinker und Schläger, wir mussten mit fünf Menschen in einem Raum schlafen und haben nur dank des Sozialamts überlebt“, erzählte Stahl den Mädchen und Jungen.

Er wurde wegen seiner Familiensituation in der Schule gehänselt und verspottet und ist jeden Abend mit dem Gedanken eingeschlafen: „Was tun sie mir morgen wieder an?“. Stahl weist die Schüler aber darauf hin, dass es nicht cool ist, andere zu unterdrücken oder an den Pranger zu stellen. „Cool ist derjenige, der andere beschützt. Das, was ihr jemandem in der Schulzeit antut, wird er auch Jahre später noch nicht vergessen haben“, betont Stahl.

Alle Menschen sind wertvoll

Der 53-Jährige hält auch in Gefängnissen Vorträge und Workshops; dabei hat er bemerkt, dass die Menschen, die anderen gegenüber zu Gewalt greifen, diese meist selbst im eigenen Leben erfahren haben. Stahl bringt den Schülern bei, dass ein Mensch trotzdem wertvoll ist, auch wenn er einmal zu den Verlierern im Leben zählt. „Wenn euch an dem anderen etwas nicht passt, dann sagt es ihm persönlich und schaut ihm dabei in die Augen“, empfiehlt Stahl und warnt davor, über die sozialen Medien andere zu beleidigen und zu verspotten.

„Wir fangen schon in den fünften und sechsten Klassen mit unserem Präventionsprogramm an und führen ein Protactics-Training durch. Daran schließt sich in den achten Klassen der Workshop mit Michael Stahl an“, führt der Schulleiter der Eichwald-Realschule aus.

Training wirkt auf Schüler

Protactics ist ein modernes Selbstverteidigungstraining, das auf der Basis der Bewahrung der Menschenwürde, auf der Stärkung des Selbstbewusstseins und der Förderung der persönlichen und emotionalen Kompetenz beruht. Auch dieses besondere Training hat Stahl mitentwickelt und führt daraus einige Übungen mit den Realschülern durch. „Der Umgang der Schüler untereinander nach diesem Training verbessert sich. Dies haben wir in der Vergangenheit schon festgestellt“, erläutert Schulleiter Renner.

Stahl sagt von sich selbst, dass er meist schnell merkt, wer in einer Klasse Mobbingopfer sei, und er mit diesen betroffenen Schülern mitfühle. „Ich will mit meiner Geschichte die Herzen der jungen Menschen berühren. Sie sollen sich mit mir identifizieren können“, erklärt Stahl. Bei den Schülern der Eichwald-Realschule ist ihm dies erneut eindrucksvoll gelungen. 

 
 
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