Besigheim Wie es ist, die „Hausmeisterin der Straßen“ zu sein

Von Helena Hadzic
Stefanie Miller ist gelernte Straßenwärterin bei der Straßenmeisterei in Besigheim. Foto: /Oliver Bürkle

Stefanie Miller ist seit 26 Jahren bei der Straßenmeisterei – als einzige Frau an ihrem Standort. Warum der Job gefährlich ist, erzählt sie im Gespräch.

Die Dunkelheit der Nacht bedeckt die Straßen im Kreis Ludwigsburg, einzig der Schnee, der sich in der Wintersaison niederlässt, erleuchtet den frühen Morgen.

Noch sind keine Autos auf der Straße, doch schon bald wird der Berufsverkehr einsetzen. Straßenwärterin Stefanie Miller ist bereits unterwegs, um die Fahrbahnen für den Ansturm sicher zu machen – und das als einzige Frau bei der Straßenmeisterei in Besigheim. Ob das ein harter Job ist? „Auf jeden Fall, egal ob es einen Zusammenstoß auf einer Fahrbahn gab, Schnee fällt oder eine Tunnelreinigung ansteht, wir müssen zur Stelle sein, egal bei welchem Wetter“, sagt sie. Tatsächlich ein eher ungewöhnliches Bild, denn Frauen sieht man in diesem Beruf selten.

Warum Miller den Job dennoch gewählt hat und weshalb der Beruf auch gefährlich sein kann, erzählt sie im Gespräch mit der BZ.

Speziell – bereits im Kindesalter

Bereits als Kind und Jugendliche, erklärt Miller, sei sie speziell gewesen. Beispielsweise hat die heute 41-Jährige als eine der wenigen Mädchen damals Fußball gespielt und war bei der Jugendfeuerwehr. Wie ihr Interesse an einem Job bei der Straßenmeisterei geweckt wurde? „Es liegt in der Familie“, sagt Miller. Ihr Opa war bei der Autobahnmeisterei, ihr Onkel wiederum hat direkt bei der Autobahnmeisterei in Heimsheim gewohnt. Ihre Ferien oder freien Tage hat sie häufig dort verbracht. „Da habe ich immer die großen LKW gesehen, die wollte ich auch fahren“, erinnert sie sich und lacht. Statt Autobahnmeisterei wurde es dann aber die Straßenmeisterei. „Auf der A81 ist sehr viel los, es ist einfach gefährlicher“, meint Miller.

Nach ihrem Schulabschluss hat sie sich 1998 dann in Besigheim beworben und wurde daraufhin zu der dreijährigen Berufsausbildung zur Straßenwärterin zugelassen, die sie in Nagold im Blockunterricht absolvierte. Bei circa 70 Schülern war sie eines von sechs Mädchen zu diesem Zeitpunkt. Ob sie damals von den männlichen Azubis nicht ernst genommen wurde? „Nein, solche Erfahrungen habe ich eigentlich nicht gemacht“, so Miller, „Ich hab mich immer gut mit den Jungs verstanden“, erzählt sie.

Dass Frauen bei der Straßenmeisterei eher unterrepräsentiert sind, findet sie nicht schlimm. „Ich habe ja von den älteren Männern gelernt“, betont sie. Doch was macht man eigentlich als Straßenwärterin? Der Straßenerhaltungsdienst bedeute „Mähen, Maurern, Holzbau, Schalung sowie Verkehrs- und Stationierungszeichen aufstellen“, zählt sie auf. Der Job sei bunt, vom Handwerk lerne man von allem etwas – das allein sei aber nicht entscheidend. Mumm haben und gleichzeitig einen kühlen Kopf bewahren sei wichtig. Auf der Straße müsse man sich durchsetzen können. Denn es komme auch vor, dass Autofahrer aggressiv werden, das habe Miller hautnah erlebt.

Gefahr auf der Straße

An einen Vorfall erinnert sie sich noch gut. Während Pflasterarbeiten sei ein Autofahrer sauer geworden und habe ihr einen Pflasterstein weggenommen. „Da habe ich kurz Angst gehabt, dass er mir den Pflasterstein auf den Kopf haut“, erzählt sie. Der Mann sei in Rage gewesen, sie hatte kurz davor dort ein Verkehrszeichen aufgestellt. „Mit so etwas muss man schon rechnen“, meint sie. Was allerdings öfter vorkomme, seien Stinkefinger oder Beschimpfungen, aber auch verständnisvolle Autofahrer. „Immerhin machen wir nur unseren Job.“

Und dieser habe sich in den letzten 26 Jahren auch verändert. Miller trägt bei der Arbeit Gehörschutz – dieser verhindert, dass das Gehör geschädigt wird, lässt aber nötige Geräusche durch, wie etwa von Autos. „ E-Autos und E-Bikes höre ich durch den Gehörschutz nicht“, sagt sie. Immer wieder erschrecke sie, wenn dann plötzlich ein E-Auto vor ihr steht. Eine Gefahr, die der Straßenwärterin immer häufiger auffällt. Ihr Alltag ist arbeitsintensiv, immerhin muss Miller eigentlich ständig einsatzbereit sein, wenn es beispielsweise plötzlich zu schneien anfängt. „Der Schnee fragt nicht, ob es gerade passt“, sagt sie lachend. In der Regel beginne ihr Arbeitstag aber um 7 Uhr, gegen 16 Uhr ist Schluss, wenn kein Notfall dazwischen kommt.

Und der komme ab und an mal vor. Der 38-jährige Sven Peterseim, Leiter der Straßenmeisterei Besigheim, setzt Miller gerne bei Arbeiten ein, die schnell und gleich erledigt werden müssen. Beispielsweise auch bei Unfällen. „Sie ist eine Bereicherung für unser Team in Besigheim, unsere Frau für alles“, betont er.

Miller liebt ihren Job, auch wenn es Tage gibt, an denen sie die Arbeit mit nach Hause nimmt. „Gerade wenn man einen Einsatz bei einem Unfall hatte“, erzählt sie. Ihre Familie habe dennoch Verständnis – auch dafür, dass sie nur an einem der beiden Feiertage im Dezember frei hat. Denn bei der Straßenmeisterei gilt: Entweder Weihnachts- oder Silvesterdienst. Aber das nimmt Miller gern in Kauf: „Immerhin bin ich die Hausmeisterin der Straße.“

 
 
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