Bietigheim-Bissingen Aus Leidenschaft für alte Autos

Von Yannik Schuster
Peter Hilcher kontrolliert die Motoreinstellungen eines VW Golf 1 Cabrios. Foto: /Martin Kalb

Peter Hilcher ist Vorsitzender des Motorsportclubs Ludwigsburg und repariert in seiner Werkstatt Young- und Oldtimer.

In Peter Hilchers kleiner Werkstatt rattert der Motor eines blauen VW Golf 1 Cabrios. Dann heult der Antrieb auf, Hilcher blickt auf einen kleinen schwarzen Kasten – seinen portablen Leistungsprüfstand – und stellt fest: Der Motor ist nicht richtig eingestellt. Das 34 Jahre alte Fahrzeug – in der Szene gerne als „Erdbeerkörbchen“ bezeichnet – sollte eigentlich 98 PS auf die Straße bringen, aktuell seien aber nur 90 abrufbar, erklärt Hilcher.

„Optisch sieht er aus wie frisch vom Band, der Motor ist aber falsch eingestellt“, sagt der Oldtimer-Enthusiast, der seit mittlerweile 30 Jahren die Werkstatt HPG Autotechnik betreibt. Bringt ein Kunde ein neues Fahrzeug, dann werde es zunächst überprüft auf Kompression, Leistung, Drehmoment und CO-Wert. Ist der Motor einmal richtig eingestellt, können ganz neue Leistungspotenziale freigesetzt werden, sagt Hilcher.

Mit ein paar Kleinigkeiten könne er bei dem blauen Golf mit 1,8-Liter-Motor sogar auf bis zu 105 PS kommen. „Das Auto ist dann viel dynamischer und macht mehr Spaß zu Fahren.“ Auch sauberer sei der Oldtimer dann unterwegs. Die älteren Modelle hätten zwar bei einem Kaltstart in den ersten paar Minuten Probleme, die Gesamtemissionen seien aber unter anderem aufgrund des geringen Gewichts solcher Fahrzeuge, gar nicht schlecht, so Hilcher. VW-Modelle nach 1986 und damit mit eingebauten geregelten Katalysatoren, müssten sich dem Scirocco-Liebhaber zufolge nicht hinter modernen Autos verstecken.

Für den Alltag geeignet

Ein gepflegter Oldtimer sei somit durchaus alltagstauglich, auch weil die Betriebskosten geringer seien als bei einem neueren Automobil. „Da gibt es weniger Elektronik, die kaputt gehen kann und unter Umständen gar nicht so leicht zu beschaffen ist.“ Allerdings gestalte sich die Ersatzteilbeschaffung bei den Oldtimern ebenfalls alles andere als einfach. Vor allem bei exotischen Modellen steht Hilcher demnach öfter vor Problemen.

Im Vergleich zu einem Neuwagen, erfordere ein Oldtimer viel mehr Schmier- und Einstellarbeiten – „mehr liebevolles To-Do“, wie Hilcher sagt. Beim Kauf müsse man aber wachsam sein und sich nicht vom gepflegten Äußeren täuschen lassen. Ohne entsprechende Pflege mache sich der Verschleiß von 40 Jahren irgendwann bemerkbar. Reparaturen werden dann schnell teuer. „Wenn ich mir einen Oldtimer zulege, dann sollte ich ihn auch nutzen, sonst entwickeln sich nur Standschäden.“ Während vor zehn Jahren noch Schnäppchen mit Wertschöpfungspotenzial auf dem Markt waren, seien heutzutage die meisten Oldtimer entweder bereits repariert oder „reine Schrotthaufen“, deren Instandsetzung ein Vermögen kosten würde, sagt Hilcher. Um den Nachwuchs in der Oldtimer-Szene ist Hilcher nicht besorgt. An der Carl-Schäfer-Schule in Ludwigsburg hält er Seminare, in denen er den Berufsschülern Young- und Oldtimertechnik näherbringt. „Viele haben Interesse an den Autos, weil man da noch selbst etwas machen kann.“

Der 65 Jahre alte Bönnigheimer schraubt jedoch nicht nur gerne an alten Automobilen, er fährt sie auch – und zwar am liebsten schnell. Mit seinem ersten Auto, einem VW 1500 mit Baujahr 1963, fuhr er 1978 sein erstes Slalomrennen. „Für das Auto habe ich damals 300 Mark bezahlt. Mein Rennrad, das ich immer noch habe, hat das doppelte gekostet.“ Unzählige Trophäen zieren heute das Büro seiner Werkstatt. Sein größter Erfolg: Baden-Württembergischer Slalommeister 2005. „Das bringt auch Vorteile für den Straßenverkehr mit sich, wenn man weiß, wie man das Auto im Grenzbereich fahren muss.“ Seit 2016 ist Hilcher Vorsitzender des Motorsportclub Ludwigsburg (MSC), der jüngst sein 100-jähriges Jubiläum feierte.

80 Jahre altes Gokart

Unter einer Plane in Hilchers Werkstatt schlummert eine besondere Rarität: Ein Gokart aus dem Jahr 1945, Marke Eigenbau, immer noch im Originalzustand. Unter der blau lackierte Aluminiumkarosserie verstecke sich ein Motor mit immerhin acht PS, bis zu 80 Kilometer pro Stunde könne das Gefährt schnell werden, sagt Hilcher, der noch gerade so hineinpasst. Aktuell ist das Gokart nicht fahrtüchtig, bis zur Salamander Klassik im Juni will Hilcher die Maschine jedoch fahrbereit bekommen, damit Vereinskollege Paul Hartschuh, dem das Gokart gehört, ein paar Runden auf dem Kornwestheimer Marktplatz drehen kann. Doch vorher steht noch ein anderes Projekt auf seiner Liste: Ein altes Bobby Car will Hilcher für seinen Enkel tunen – mitsamt Batterie, LED-Scheinwerfern, Flüsterrädern, neuem Lenkrad und Lackierung.

 
 
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