Bietigheim-Bissingen Kampfkunst im Bürgergarten

Von Johannes Stiefel
Tai-Chi am Enzpavillon vorne Trainerin Elisabeth Walle. Foto: /Martin Kalb

Anlässlich des Welt-Tai-Chi-Tags haben zahlreiche Sportlerinnen und Sportler gemeinsam ihre Übungen im Bietigheimer Bürgergarten praktiziert. Entspannung und das Schöpfen neuer Energie standen dabei im Vordergrund.

Als Laie würde man wohl kaum vermuten, dass hinter den geschmeidigen Bewegungsabläufen, wie sie am Samstag kunstvoll im Bürgergarten vorgeführt wurden, eine traditionelle Kampfkunst steckt.

Auch die meisten der etwa 20 Teilnehmenden der Aktion praktizieren Tai-Chi vermutlich nicht, um sich im Ernstfall verteidigen zu können. So auch Christine Müller: „Für mich ist das Fitness, die dem ganzen Körper guttut. Hinterher fühle ich mich jedes Mal wohler“, sagt sie. Der Grund, warum sie sich am vergangenen Wochenende außerhalb der gewöhnlichen Trainingsroutine mit ihrer Gruppe getroffen hat, war der offizielle Welt-Tai-Chi-Tag, der nun schon seit mehreren Jahrzehnten traditionell am letzten Samstag im April stattfindet.

Gemeinsame Übungen um 10 Uhr

„Beginnend in Neuseeland machen Menschen um die ganze Welt, jeweils um zehn Uhr Ortszeit, gemeinsam ihre Übungen“, erklärt Heinz Joseph Nicolin, der die Vorführ- und Mitmachaktion im Bürgergarten organisiert hat. Eingeladen waren neben Tai-Chi-Begeisterten aller Erfahrungsstufen auch Interessierte und Neueinsteiger. Der gebürtige Rheinländer praktiziert die aus China stammende Kampfkunst nach eigenen Angaben schon seit über 30 Jahren, nachdem er beim MTV Ludwigsburg auf den Sport gestoßen sei. Seit vielen Jahren leitet er selbst zwei Tai-Chi Gruppen in Bietigheim-Bissingen.

„Neben Entspannung sorgt Tai-Chi und die Arbeit mit meinen Gruppen bei mir auch für ein strukturiertes Leben“, sagt der 85-Jährige über seine Leidenschaft. Mit der Zeit hat er bereits einige Tai-Chi Meisterinnen und Meister ausgebildet, die inzwischen selbst im ganzen Kreis die Kampfkunst lehren. Da Nicolin aufgrund eines kürzlichen Unfalls aktuell nicht gut zu Fuß ist, übernehmen diese am Tag des Tai-Chi teilweise die Anleitung der Gruppe. Nach Aufwärmübungen, von denen manche etwas an Yoga erinnern, folgen schon die ersten „Bilder“. So nennt man die einzelnen Bewegungsabläufe, die im Tai-Chi nacheinander ausgeführt werden und fließend ineinander übergehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt kann man sich vorstellen, was Nicolin meint, wenn er sagt „beim Tai-Chi muss man seine grauen Zellen beisammenhaben“.

Erstaunlich synchron folgt die Gruppe konzentriert den komplexen Bewegungsabläufen, die von Meisterin Elisabeth Walle vorgeführt werden. Die Übungen, die teilweise wie ein langsamer Tanz wirken, tragen dabei ebenso schöne Namen, wie sie anzusehen sind. So heißen die Bilder aus Walles Einheit etwa „Sonnenaufgang“, „Wildes Pferd“ oder „Den Spatz am Schwanz packen“. Walle, die selbst in der Pflege tätig ist, hat im Tai-Chi einen Ausgleich zu ihrer Arbeit gefunden: „Auf diese Weise bringe ich Ruhe in den Körper und schöpfe Energie für den nächsten Tag“, sagt sie.

„Sport für jede ‚Altersklasse“

Auch Thomas Schürle, der nebenbei als Tai-Chi-Trainer beim MTV Ludwigsburg arbeitet und ebenfalls bei Nicolin gelernt hat, nutzt den Sport, um von seinem Bürojob abzuschalten. Solange man stehen könne, sei Tai-Chi ein Sport für jede Altersklasse. „Die Bewegungsabläufe fördern die Konzentration und den Gleichgewichtssinn. Hat man die Bewegungen erlernt, kann man sich auf die innere Energie und die Atmung konzentrieren und sich dann Schritt für Schritt verbessern“, sagt er. Besonders älteren Menschen könne der Sport helfen, lange fit zu bleiben. Margret Grauert, die den Welt-Tai-Chi-Tag zum Anlass genommen hat, nach einer längeren Pause wieder in den Sport einzusteigen, kann das bestätigen und sieht im Tai-Chi einen der Gründe für ihr „blühendes Leben“.

Nach zahlreichen Übungseinheiten und einigen Pausen „zum Schwätzen“, verabschiedet Heinz Joseph Nicolin die Gruppe mit vor der Brust zusammengelegten Händen und einer Verbeugung. Für alle die Lust haben, Tai-Chi unter Nicolins Leitung einmal selbst auszuprobieren, werden ab November wieder Anfängerkurse an der Schiller-Volkshochschule angeboten. Wer nicht bis dahin warten kann, darf „zum Schnuppern“ auch die freie Tai-Chi Gruppe Bietigheim-Bissingen besuchen. Diese trifft sich immer dienstags um 18:30 Uhr im Saal der Kirchengemeinde St. Johannes.

 
 
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