Bietigheim-Bissingen Öffnung der Kirche: Ein erster Schritt

Von Petra Neset-Ruppert
Die katholische Kirche Sankt Laurentius in Bietigheim-Bissingen. Der Kirchengemeinderat begrüßt den synodalen Weg. Foto:  

Seit Jahresbeginn gilt in der Diözese Rottenburg-Stuttgart ein reformiertes Arbeitsrecht. Dadurch soll es für Nicht-heterosexuelle und Geschiedene leichter werden für Institutionen der katholischen Kirche zu arbeiten. Der Kirchengemeinderat St. Laurentius in Bietigheim-Bissingen begrüßt diesen Öffnungsschritt.

Vergangenes Jahr hatten sich die katholischen Kirchengemeinden aus Bietigheim-Bissingen in einem offenen Brief an Bischof und Weihbischöfe der Diözese Rottenburg-Stuttgart gewandt und eine Öffnung der Kirche gefordert (die BZ berichtete). Unter anderem ging es um Themen wie die Machtfrage im Bezug auf die Gleichstellung der Frauen in der Kirche, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und Diskriminierung von queeren und Wiederverheirateten.

Arbeitsrecht reformiert

Seit Anfang des Jahres hat die Diözese Rottenburg-Stuttgart ihr Arbeitsrecht reformiert. Dadurch soll es leichter werden für nicht-heterosexuelle und geschiedene Menschen in Institutionen der katholischen Kirche zu arbeiten. Bischof Dr. Gebhard Fürst ist mit dieser Entscheidung einer der ersten Bischöfe, der Forderungen aus dem synodalen Weg umsetzt.

„Das ist ein erster Schritt, der gar nicht einmal so klein ist“, sagt Johannes Schockenhoff, Vorsitzender des Kirchengemeinderats St. Laurentius. Jeder Schritt, der starre Strukturen aufhebt, sei ein Schritt in die richtige Richtung, betont der Vorsitzende. Zwar sei man nicht immer mit allem zufrieden, was der Bischof umsetze, doch dass er nun einer Empfehlung des synodalen Weges gefolgt ist, sei laut Schockenhoff, ein wichtiger Schritt. Schockenhoff geht nicht davon aus, dass alle deutschen Bischöfe diesen Vorschlag umsetzen werden. Doch er ist zuversichtlich, dass die Forderungen viele Gläubigen zu einer Öffnung und Modernisierung der katholischen Kirche immer wieder auf offene Ohren bei vielen Bischöfen stoßen werden.

Der Vorsitzende versteht den Unmut über viele der veralteten Strukturen der katholischen Kirche, doch er betont: „Viele treten aus, ohne sich zu äußern. Es sind nicht nur einzelne Gemeinden, in den meisten gibt es ein Bedürfnis nach Veränderung. Man sollte nicht den konservativen Kräften die Kirche überlassen.“ Es sei wie in einer Ehe: Wenn es mal krieselt, lässt man sich nicht gleich scheiden, sondern redet miteinander.

Vieles wird in Rom bestimmt

Viele Punkte, die auch im offenen Brief der Kirchengemeinden angesprochen wurden, können nur in Rom entschieden werden, dessen ist sich Schockenhoff bewusst. „Wenn nur die Hälfte der deutschen Bischöfe mutig ist, Entscheidungen trifft, die in der Kirche zulässig sind, dann könnte Rom das nicht ignorieren.“ Vorstellen könnte er sich zum Beispiel, dass der Ortsbischof bewährte verheiratete Männer, sogenannte „viri probati“, zu Priestern weiht. Dafür muss er nur einen Notstand feststellen, der für die aktuelle Situation der katholischen Kirche mit Blick auf den Priestermangel sicherlich existiere. Bei den mutigen und auch praktischen Entscheidungen für die Bischöfe blickt Schockenhoff auch immer wieder in Richtung Kirchen anderer Länder. In Guatemala sei man bei vielen Dingen sehr praktisch orientiert, dort seien Frauen auf Grund der Gegebenheiten auch viel aktiver in der Kirche eingebunden als zum Beispiel in Deutschland.

Auch Axel Schwarz, Mitverfasser des offenen Briefs und Mitglied im Kirchengemeinderat St. Laurentius, begrüßt die Reformierung des Arbeitsrechts.

Klauseln im Vertrag

Er war in der Vergangenheit selbst bei der katholischen Kirche angestellt und erinnert sich noch an den Arbeitsvertrag, den er damals unterschreiben musste: „Ich habe das damals für merkwürdig erachtet und bei der Personalabteilung nachgefragt, was genau einzelne Klauseln denn bedeuteten.“ Die vielen positiven Reaktionen auf den offenen Brief hätten gezeigt, dass es viele Menschen gebe innerhalb der Gemeinde, die sich einen Wandel wünschen. Ende des Jahres geht Bischof Fürst in den Ruhestand. Wie es dann mit dem synodalen Weg weitergeht, hänge auch vom Nachfolger ab. Schwarz hofft, dass die Forderungen vieler Katholiken Gehör finden und die Kirche sich weiter öffnet.

Der synodale Weg

Mit dem synodale Weg
will die deutsche katholische Kirche sich damit auseinandersetzen was die Gläubigen sich von der Institution Kirche für die Zukunft wünschen. Dabei geht es um Themen wie „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“, „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“, „Priesterliche Existenz heute“ und „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“. In der Synodalversammlung werden hierzu Beschlüsse verfasst, die als Empfehlungen an die deutschen Diözesen weitergegeben werden.

Die Synodalversammlung
besteht aus Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz, 69 Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter geistlicher Dienste und kirchlicher Ämter, junge Menschen und Einzelpersönlichkeiten. Bereits fünf Versammlungen gab es seit 2020. Der synodale Weg ist Teil des globalen Synodalen Prozesses der katholischen Kirche.

 
 
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