Bietigheim-Bissingen Von Indien als „Bufdi“ in den Tafelladen

Von Petra Neset-Ruppert
Lucian Dornstetter, Abishek Janegiraman Ponnammal und David Frühsorger arbeiten zur Zeit als Bufdis im Tafelladen. Janegiraman Ponnammal machte sich aus Indien auf den Weg zu seinem Bundesfreiwilligendienst in Bietigheim-Bissingen. Foto: /Martin Kalb

Abishek Janegiraman Ponnammal ist einer von drei Bufdis im Bietigheim-Bissinger Tafelladen. Er machte sich aus Indien auf den Weg, um seinen Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren. Die Arbeit und Deutschland gefallen ihm so gut, dass er einen Entschluss gefasst hat.

Anfangs dachte ich, wie schaffe ich das. Jetzt habe ich verlängert und bin sehr glücklich damit“, erzählt Abishek Janegiraman Ponnammal. Er ist einer von drei jungen Menschen, die gerade beim Tafelladen ihren Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) absolvieren. Janegiraman Ponnammal kam über die Deutsch-Indische Gesellschaft in den Bietigheim-Bissinger Tafelladen.

„Die Deutsch Indische Gesellschaft hatte uns vor einiger Zeit gefragt, ob wir auch Bufdis aus Indien bei der Tafel nehmen. Dann hieß es, dass es einen Bewerber gebe. Nach dem Online-Gespräch mit Abishek haben wir alles für seinen Aufenthalt hier organisiert“, erzählt Ingrid Brandl, Leiterin der Tafel. Neben einer Unterkunft, musste auch die Krankenversicherung und Impfungen organisiert werden. „Das war gar nicht so einfach, überhaupt einen Arzt zu finden, der ihn noch aufnimmt. Aber es hat sich gelohnt. Abishek ist eine Bereicherung für uns“, so Brandl.

Deutschland ist „wundervoll“

Der 22-Jährige ist froh, dass er sich auf den Weg von Indien nach Deutschland gemacht hat: „Ich wollte eine neue Kultur kennenlernen und andere Traditionen erleben. Das Leben hier ist wirklich wundervoll.“ Zwar habe er sich an die Kälte erst gewöhnen müssen, denn er kommt aus dem südindischen Bundesstaat Tamil Nadu, wo es im Winter „nur auf 28 Grad herunterkühlt“, doch das sei jetzt kein Problem mehr für ihn.

Soziale Freiwilligenarbeit hat er bereits in Indien absolviert. In der internationalen Stadt Auroville half er immer wieder als Erzieher im Kindergarten aus, seine Mutter ist Sozialarbeiterin. Gerade pausiert sein Ingenieurwesen Studium. Wenn er nach Indien zurückkehrt will er seinen Master-Abschluss machen.

Zeit für Orientierung

Anders sieht es bei David Frühsorger und Lucian Dornstetter aus. Die beiden 18-Jährigen nutzen das Bufdi-Jahr, um sich zu orientieren und herauszufinden wie es weitergehen soll. „Ich hatte schon viel von dem Tafelladen gehört, mein Bruder hat ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht und da ich nach dem Schulabbruch nicht einfach herumhängen wollte, habe ich mich hier beworben“, erzählt Frühsorger. Nach seiner Zeit bei der Tafel will er nun mit dem Berufskolleg beginnen und sein Abi machen. Lucian Dornstetter nutzt das Jahr, um sich für eine Studienrichtung zu entscheiden. „Ich hoffe, dass ich dann ein biotechnologisches Studium in Mannheim beginnen kann. Die Arbeit hier bei der Tafel hat sich jetzt schon gelohnt, man hat Zeit sich zu orientieren und tut etwas gutes für die Gesellschaft“, findet Dornstetter.

Alle drei Bufdis sind sich einig, dass die Arbeit bei der Bietigheim-Bissinger Tafel sie weitergebracht habe und sie Erfahrungen machen konnten, die sie sonst nicht gemacht hätten. Sie arbeiten gerne gemeinsam mit den Ehrenamtlichen in der Jahnhalle. Da die Tafel drei Mal die Woche geöffnet ist, sind die Bufdis die restlichen beiden Tage im Kindergarten. „Ich finde die Arbeit im Kindergarten super gut. Die Kinder sind die besten Deutschlehrer. Von ihnen lerne ich jedes Mal neue Wörter“, lacht Janegiraman Ponnammal. Als er seinen Bundesfreiwilligen Dienst in Deutschland antrat hatte er bereits Deutschkurse auf A1-Level absolviert. „Ich musste dann aber erst mal die Preise auf die Ware kleben. Mittlerweile bin ich auch im Verkauf und komme mit den Kunden ins Gespräch“, lacht der 22-Jährige.

Der Kontakt mit den Kunden und die vielen Geschichten, die ihnen bei ihrer Arbeit begegnen machten die Stelle so attraktiv für die Bufdis, sind sich die drei jungen Männer einig. Für die Tafel sind sie eine wichtige Stütze: „Wir haben hier drei junge Leute, die uns jede Woche unterstützen und auch einen frischen Wind reinbringen. Sie sehen vieles aus einem anderen Blickwinkel. Das ist gut“, erzählt die Tafel-Leiterin.

In Indien gibt es keine Organisationen wie die Tafel, erzählt Janegiraman Ponnammal, doch er könne sich vorstellen, dass ein solches Sozialprojekt auch in seiner Heimat funktionieren würde. „Da würde ich auf jeden Fall auch mithelfen“, ist sich der indische Bufdi sicher.

Zweite Familie gefunden

Jetzt will er aber erst einmal seine Zeit hier in Deutschland nutzen. Er wohnt bei einer Gastfamilie in Oberriexingen, bei der er sich sehr wohl fühlt. „Sie sind meine zweite Familie geworden.“

Für die deutsche Küche kann er sich auch sehr begeistern: „Ich liebe Butterbrezeln und Kürbissuppe“, lacht Janegiraman Ponnammal. Nach seinen ein einhalb Jahren bei der Tafel wird es auf jeden Fall erst einmal für ihn wieder nach Indien gehen. „Aber wer weiß, vielleicht komme ich in drei bis vier Jahren wieder zurück. Deutschland gefällt mir wirklich sehr gut.“

Tafelladen Bietigheim-Bissingen

Info
Für den Bundesfreiwilligendienst bei der Tafel können sich Interessierte ab sofort per E-Mail an bietigheim-bissinger-tafel@gmx.net mit Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen bewerben.

Tafelladen
Momentan seien die Lebensmittelspenden für die Bietigheim-Bissinger Tafel wieder sehr niedrig. „Das ist zu Beginn des Jahres leider immer so“, erklärt Tafel-Leiterin Ingrid Brandl.

Seit dem Sommer gibt es einen Neukundenstopp . „Unsere Warteliste umfasst mittlerweile acht Seiten“, sagt Brandl. Doch mehr Kunden aufnehmen, ginge momentan einfach nicht, sagt Brandl. Dafür seien die Helferzahlen im Tafelladen nun wieder stabil, so dass die 160 bis 190 Kunden pro Öffnungstag auch gut versorgt werden können.

 
 
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