Bietigheim-Bissingen Wpd: Einer der größten Entwickler von Windparks

Von Claudia Mocek
„Weniger als die Hälfte der Projekte kann umgesetzt werden“, sagt Wpd-Vorstand Dr. Hartmut Brösamle. Foto: /Oliver Bürkle

„Die von uns in Deutschland errichteten Anlagen können rund 1 808 000 Drei-Personen-Haushalte mit Strom versorgen“, so das Unternehmen. 1996 mit zwei Mitarbeitern in Bremen gestartet, zählt sie inzwischen 3500 Mitarbeiter, 55 von ihnen in Bietigheim-Bissingen.

Etwa halb so viel Energie wie das Atomkraftwerk Neckarwestheim produziert die Wpd-Gruppe allein in Deutschland – mit Windkraft. „Die von uns in Deutschland errichteten Anlagen können rund 1 808 000 Drei-Personen-Haushalte mit Strom versorgen“, wirbt das Unternehmen. Damit ist die Gruppe der größte Entwickler von Windparks in Deutschland. 1996 mit zwei Mitarbeitern in Bremen gestartet, zählt sie inzwischen 3500 Mitarbeiter, 55 von ihnen haben ihren Arbeitsplatz in Bietigheim-Bissingen. Bisher waren die Büros in der Rommelmühle untergebracht, vor wenigen Wochen hat Wpd mehrere Büroetagen in der Borsigstraße bezogen.

„Wir wachsen stark, allein in Bietigheim haben wir aktuell zehn offene Stellen zu besetzen “, sagt Dr. Hartmut Brösamle, seit 16 Jahren Vorstand der Wpd AG. Davon zeugen 2550 errichtete Windenergieanlagen in zehn Ländern mit einer installierten Leistung von 5740 Megawatt (MW), weitere 13 870 MW in 28 Ländern sind geplant. Hinzu sollen 2300 MW kommen, die durch Solarenergie erzeugt werden.

Bauen und Betreiben

Was genau macht Brösamle mit seinem Bietigheimer Team? Während Wartung und Reparatur der Anlagen sowie die Betriebsführung von Bremen aus organisiert werden, treibt die Wpd in Bietigheim die Projekte voran: „Wir suchen mögliche Flächen für neue Windräder, pachten oder kaufen sie, übernehmen die komplette technische und kaufmännische Planung für das Projekt, kümmern uns um das gesamte Genehmigungsverfahren und verantworten auch den schlüsselfertigen Bau der Projekte“, zählt Brösamle auf. Darüber hinaus finanziert die Firmengruppe die Windräder und betreibt sie auch. Die konkrete Umsetzung der Anlagen sei für das Unternehmen Routine.

Bei der Suche nach geeigneten Flächen werden zahlreiche Daten ausgewertet. Mithilfe von Messmasten oder Fernerkundungsgeräten (Laser oder Schall) werden Windmessungen vorgenommen. Geeignete Flächen werden mittels rechnergestützter Modelle gesucht, die auch politische Vorgaben wie Abstände zu Schutzgebieten und Autobahnen berücksichtigen.

Die Mitarbeiter in Bietigheim sind dabei für die Entwicklung von Projekten in Deutschland, Europa und Südamerika verantwortlich und arbeiten im Ausland jeweils mit lokalen Teams vor Ort zusammen.

In Baden-Württemberg verhindern Vorkommen des Rotmilans viele Standorte. „Deren Vorkommen steigt“, ist Brösamle überzeugt. „Aber nur ein kleiner Teil der Totfunde geht auf Windräder zurück“, sagt er. Die Todesursache Nummer eins seien Vergiftungen als Folge der konventionellen Landwirtschaft. „Ich finde es wichtig, dass der Bestand geschützt wird, aber jedes Individuum kann nicht geschützt werden“, sagt der Wpd-Vorstand: „Denn Klimaschutz ist die Basis für Artenvielfalt.“

Weil Windräder für viele Diskussionen sorgen, dauerten die Genehmigungsverfahren oft bis zu sechs Jahre. „Weniger als die Hälfte der Projekte können am Ende umgesetzt werden“, sagt Brösamle. Bis eine Entscheidung steht, investiere Wpd einen siebenstelligen Betrag in jedes Projekt. „Manche werden dann in einem zweiten Anlauf doch gebaut“, sagt er.

Später Erfolg

So erging es etwa dem Windpark in Lauterstein, seinem ersten Projekt. 1996 wollte er dort vier Anlagen errichten. Die Mehrheit im Gemeinderat sei dafür gewesen, der Bürgermeister dagegen. Bis vor das Bundesverwaltungsgericht zog Brösamle mit dem Projekt, wo er gewann. Am Ende wurde das Projekt aber trotzdem nicht genehmigt.

„Windkraftanlagen sind für mich Herzensprojekte“, sagt der Vegetarier, der eines der ersten Passivhäuser im Kreis bewohnt und seit zwölf Jahren mit einem Elektroauto unterwegs ist. Nach einem Informatikstudium machte er einen weiteren Abschluss in Umwelt- und Systemwissenschaften und promovierte am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Der Windpark Lauterstein ging schließlich doch noch ans Netz: 2016 – zwanzig Jahre später – weil ein anderer Bürgermeister das Projekt unterstützte. „Wir erzielen keine schnellen Erfolge, wir brauchen einen langen Atem“, sagt Brösamle. Weil über Windräder viel diskutiert wird, „ist es wichtig, vor Ort alle mitzunehmen“.

Künftige Entwicklung

Die Bundesregierung hat schon im Koalitionsvertrag festgelegt, dass in allen Bundesländern die Windenergie ausgebaut werden soll, in Baden-Württemberg zum Beispiel sollen 1,8 Prozent der Landesfläche dafür genutzt werden. Diese muss das Land nun ausweisen. „Ein scharfes Schwert“, findet der Wpd-Vorstand. Denn sollten bis zum Stichtag zu wenig Flächen ausgewiesen werden, hätte die Regionalplanung theoretisch keine Steuerungsmöglichkeiten mehr.

Ein weiterer wichtiger Punkt sei, dass Kommunen durch eine Gesetzesänderung ab dem 1. Januar 2023 Geld für Windräder erhalten können – 25 bis 30 000 Euro pro Windrad und Jahr. Was bisher wegen Vorteilsgewährung verboten war, stoße nun bei Kommunen auf reges Interesse. Brösamle freut sich darüber. Die Dynamik der Erneuerbaren Energien sei längst auch bei der Industrie angekommen, sagt Brösamle: „Es gibt keine günstigere Energie als Wind und Sonne.“

 
 
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