Bönnigheim Ein Prosit auf die Erfolgsidee

Von Jürgen Kunz
Kurt Sartorius, Vorsitzender der Historischen Gesellschaft und ehrenamtlicher Museumsdirektor: Seine Leidenschaft für das Schwäbische Schnapsmuseum machte es möglich, dass inzwischen 136 376 Besucher in 4298 Gruppen ins Bönnigheimer Steinhaus kamen. Foto: /Claudia Fy

Mit viel Prominenz feiert am Donnerstag das Schwäbische Schnapsmuseum sein 30-jähriges Bestehen. Kurt Sartorius war nicht nur dessen Initiator, bis heute ist er der ehrenamtliche Museumsdirektor.

Es sind bemerkenswerte Zahlen, die Kurt Sartorius zum 30-jährigen Bestehen des Schwäbischen Schnapsmuseums im Bönnigheimer Steinhaus präsentiert: In drei Jahrzehnten erkundeten 4298 Gruppen mit 136 376 Besucher die unzähligen von der Historischen Gesellschaft gesammelten Exponate zur Kulturgeschichte des Alkohols und die seit Mai 1994 jährlich zusammengestellten Sonderausstellungen. „Das entspricht etwa dem 17-fachen der Einwohnerzahl Bönnigheim“, freut sich der ehrenamtliche Museumsdirektor Sartorius. Am Donnerstag, 28. September, wird ab 18 Uhr im Schwäbischen Schnapsmuseum am Meiereihof gefeiert.

Ehrenamtliches Engagement

Dass ein solches, ehrenamtlich von Aktiven der Historischen Gesellschaft geführtes Museum keinesfalls ein Selbstläufer ist, zeigt allein das Engagement des Fördervereins, der in 30 Jahren 642 914 Euro investiert hat. Die Dazu kommen zigtausende Stunden für Aufbau der Sammlung und des Museums, Betreuung der Besucher sowie in die Präsentation auf Veranstaltungen. Der Beginn des späteren Schnapsmuseums war bekanntlich eine Ausstellung im Landespavillon in Stuttgart mit der Idee zu „Geistreich – Ausstellung zur Kulturgeschichte der süddeutschen Kleinbrennerei“.

Am 20. März wurden dort Gerätschaften aus dem Fundus der Historischen Gesellschaft gezeigt: Ein Kräuterbuch aus dem 16. Jahrhundert war das wertvollste, eine doppelkonische Schnapsflasche aus dem 15. Jahrhundert das älteste Ausstellungsstück. Das Wichtigste waren die 70 Text- und Schautafeln, auf denen unter anderem die Entwicklung der Destillationstechnik („Der Weg vom Obst in die Flasche“) mit einem bereits damals wichtigen Hinweis auf die Problematik der Streuobstwiesen erklärt wurde.

Einen breiten Raum nahm die Sozialgeschichte in der Schnapserzeugung ein – vom Nebenerwerb des Kleinbrenners über Anwendungen in der Volksmedizin bis hin zu dem Aspekt „Frauen und Alkohol“, in dem es unter anderem um die Bedeutung der „Wasserbrennerinnen“ ging, die im Mittelalter wesentlich am Vorgang des Destillierens beteiligt waren. Einen Etat von rund 80 000 Mark hatte die Ausstellung im Landespavillon. Größtenteils finanziert vom Landesgewerbeamt, aber auch durch Zuschüsse der Stadt und durch Spenden von fast 20 000 Mark, die die Historische Gesellschaft gesammelt hatte.

Präsentation in Stuttgart

Die Präsentation in der Landeshauptstadt war der Paukenschlag mit einer extrem großen Aufmerksamkeit – eine „Schnapsidee“ der Historischen Gesellschaft wurde so europaweit bekannt. Sechs Wochen später zog die Ausstellung in den Keller im Steinhaus, um dort die Schautafeln und einige Exponate zu präsentieren. Im gleichen Jahr wurde die Küche so umgebaut, dass dort die gesammelten Schwarzbrennereien gezeigt werden konnten und im Mai 1994 wurde im ehemaligen Wohnzimmer des Steinhauses die erste Sonderausstellung mit dem Thema „Mausefallen“ eröffnet.

2011 begannen die Ehrenamtlichen mit dem Ausbau des Untergeschosses und mit dem Einbau eines Aufzugs wurde das Museum barrierefrei, vor zehn Jahren wurde am Ausbau des Dachgeschosses gearbeitet, wo jetzt die Dauerausstellung von Nachgeburtstöpfen untergebracht ist. Mit fast 600 Quadratmeter ist das Museum im Steinhaus beileibe kein kleines Museum mehr. Die Ausstellung in der Landeshauptstadt hat aber nicht nur das Schnapsmuseum auf den Weg gebracht, erinnert sich Kurt Sartorius um merkt an: „Es war das erste Museum in der Stadt und es war damals undenkbar, dass weitere hinzukommen, zumal der Tourismus noch eher unbedeutend war.“ Heute gibt es in Bönnigheim das – in diesem Jahr umfänglich renovierte – Museum Sophie La Roche und die Arzney-Küche, das einzige in seiner Art erhaltene Apotheker-Laboratorium in Baden-Württemberg.

Inzwischen mit Multimedia

Für die Museumsmacher um Kurt Sartorius gilt seit der Eröffnung „Stillstand ist keine Option“. So gehört auch Multimedia zum Angebot im Steinhaus, nachdem der Glasfaseranschluss angekommen war und ein W-LAN-Netz aufgebaut wurde: Seit diesem Sommer gibt es einen Audioguide. An wesentlichen Exponaten des Schnapmuseums sind QR-Codes angebracht. Besucher können sich im W-LAN einloggen und dann auf dem Handy Informationen abrufen. Sie erfahren Näheres zu speziellen Schnapsbrennereien, zur Alkoholmessung, zur Hammer-Brennerei, aber auch zur Abteilung „Kindesglück – magische Bräuche um Liebe und Geburt“. An 30 Stationen gibt es weiterführende Angaben auf deutsch, englisch und französisch – als Text auf dem Display oder zum Anhören. Die gesamte Anlage hat mehr als 30 000 Euro gekostet, zu denen die Bundesstiftung „Neustart Kultur“ einen Zuschuss von 90 Prozent gab.

 
 
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