Ein Ordnungscoach gibt Aufräumtipps „Dingen einen festen Platz geben“

Von Heidi Vogelhuber
Im Lockdown sind die Beschäftigungsmöglichkeiten eingeschränkt und es bleibt Zeit übrig, die viele zum Aufräumen und Ausmisten nutzen. Ob alleine oder mit Hilfe eines Ordnungscoaches. ⇥ Foto: Bodo Marks/dpa

Isabelle Goedecke aus Vaihingen ist Ordnungs­coach. Der BZ verrät sie, warum Aufräumen viel mit Fragen zu tun hat und warum sie keine Fenster putzt.

Spätestens seit dem Buch „Magic cleaning“ von Marie Kondo ist Aufräumen wieder salonfähig. Es gilt: „Weniger ist mehr“ und „Sammle Momente, nicht Dinge“, was auch das Motto des Aufräumcoachs Isabelle Goedecke aus Vaihingen ist.

Frau Goedecke, wie konnte aus der ungeliebten Hausarbeit ein Trend, gar eine Lebenseinstellung werden?

Isabelle Goedecke: Marie Kondo hat gutes Marketing betrieben. Viele wünschen sich ein unabhängiges Leben voller Reisen, das ist einfacher mit weniger Besitz. Aber auch der Nachhaltigkeitsgedanke spielt stark hinein: Muss ich alles besitzen oder kann ich es mir ausleihen? Die Sharing-Generation wächst stetig. Inzwischen gibt es auch in der Region Läden, in denen man sich Elektrogeräte wie aus einer Bücherei ausleihen kann.

Meinen Sie, dass ein Wandel in der Gesellschaft stattgefunden hat?

Ich glaube der Minimalismus kommt immer mehr. Die Nachkriegsgeneration etwa hat oft ein Sammelsurium an Dingen – und daran hängen sie auch, da viele Erinnerungen damit verknüpft sind. Heutzutage wird öfters die Frage gestellt, ob man einen Gegenstand wirklich braucht oder ob man ihn nur besitzt und nicht benutzt. Der Fokus liegt mehr auf Erlebnissen als auf Dingen.

Was macht Sie zu einem guten Ordnungscoach?

Aufräumen lag mir schon immer im Blut, schon als Kind. Ich habe über die Jahre eine eigene Methode entwickelt, um auf die individuellen Bedürfnisse meiner Kunden eingehen zu können. Marie Kondo beginnt immer im Kleiderschrank, der ja zumeist im Schlafzimmer steht. Das Schlafzimmer, der Deutschen Heiligtum – das ist einigen einfach zu privat. Ich beginne mit einer Frage: Wo liegt das Problem? Wenn ein Raum für das Arbeiten von zu Hause gebraucht wird und dieser in der vollen Abstellkammer entstehen soll, ist das der Startpunkt.

Braucht man denn wirklich einen Profi? Kann nicht jeder aufräumen?

Natürlich, jeder kann aufräumen. Und jeder kann seine Steuererklärung machen und jeder kann seine Wohnung putzen. Man muss sich nur damit beschäftigen. Ich jedoch hasse es Fenster zu putzen, deshalb hole ich mir dafür Hilfe. Ich leiste mir das. So kann ich meine Zeit anders einteilen. Als Coach gebe ich meinen Kunden ein System an die Hand. Ich stelle ihnen Fragen, die bei der Entscheidung helfen, ob sie etwas brauchen oder nicht.

Sie arbeiten also mehr mit Menschen als mit Dingen?

Genau. Bevor wir einen Schrank öffnen, frage ich, was darin aufbewahrt wird. Es geht darum, Dingen einen festen Platz zu geben. Wo sind die Batterien, wo wird der Schlüssel abgelegt? Es ist oft nur der erste Schritt, das Konzept zu verinnerlichen, dann kommen meine Kunden zurecht. Das kann man auch den Kindern direkt mitgeben. Es sind die gleichen Probleme: Unordnung entsteht, indem Dinge keinen Platz haben und sich Unbenutztes ansammelt.

Haben Sie Tipps für die BZ-Leser zum Aufräumen und Aussortieren?

Im Kleinen anfangen und in Etappen vorgehen. So sind die positiven Effekte spürbar und es macht sogar Spaß. Das ist wie beim Skifahren. Niemand beginnt sofort mit der schwarzen Piste. Manche können sich besser und manche schlechter von Sachen trennen.

Ich empfehle fünf Kisten aufzustellen: Zum Verschenken, für Freunde, zum Verkaufen, Müll und Behalten, aber umräumen. Außerdem sollte man wegen aussortierten Geschenken kein schlechtes Gewissen haben. Die Tante wird wohl kaum beim nächsten Besuch nach der geschenkten Vase suchen.

Und wohin mit dem Zeug?

Wichtig ist, die Sachen schnell aus dem Haus zu bringen, sonst zieht man immer wieder etwas heraus oder es steht ewig herum. Müll wegwerfen und Gutes verkaufen – online oder in Secondhandshops oder an Diakonieläden spenden. Je nachdem, wie viel Zeit man investieren möchte.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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