Frauenhandball SG BBM und HBL: Die Gründe für den Zusammenschluss

Von Niklas Braiger
Von links: Christian Köhle (Vorstand HB Ludwigsburg), Bastian Dörr (Geschäftsführer SG BBM Frauen), Mario Kreh (Geschäftsführer Tourismus und Events Ludwigsburg), Gerit Winnen (Sportchef der SG BBM Frauen), Eberhard Bezner (Olymp Bezner GmbH). Foto: /Oliver Bürkle

Um den Profihandball zu sichern, schließt sich Bietigheim dem Verein aus der Barockstadt an. Beide Seiten zeigen sich darüber zufrieden.

Was wird aus der „SG BÄÄÄM“? Bereits seit fast zwei Wochen steht fest: Die Handballerinnen der SG BBM Bietigheim treten ab der nächsten Saison unter der Schirmherrschaft von HB Ludwigsburg an. Jetzt hat eine Pressekonferenz für Klarheit gesorgt. Statt in der Halle am Viadukt werden die Heimspiele auch in der Liga ab Juli 2024 dann ausschließlich in der MHP-Arena ausgetragen. Wie es in Zukunft weitergeht, was das für die Stammvereine bedeutet und warum es überhaupt zum Zusammenschluss kam.

Warum kam es zum Entschluss, beide Vereine zusammenzubringen?

Darauf gibt es mehrere Antworten von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus: „Zum einen sind es die Mindeststandards der Handballbundesliga Frauen, die vor zwei, drei Jahren ins Leben gerufen wurden zur Professionalisierung des Frauenhandballs“, erklärt SG-Geschäftsführer Bastian Dörr. Seit dieser Saison ist dadurch der Hallenboden bei jedem HBF-Spiel in blau gehüllt. Ab der übernächsten Saison, der Spielzeit 2025/26, kommt dann die entscheidende Neuerung: Dann darf nur noch in Arenen gespielt werden, die mit zwei Längstribünen ausgestattet sind. „Deshalb sind wir eigentlich tätig geworden“, erklärt Dörr und weiter: „Die altehrwürdige Viadukt-Halle erfüllt diese Standards nicht und wenn man dieses Produkt Frauenhandball, diesen erfolgreichen Weg weiterbestreiten möchte, dann müssen wir uns von der Viadukt-Halle verabschieden.“

Wie stehen die verschiedenen Parteien dazu?

Alle anwesenden Akteure – die SG BBM Bietigheim Frauen, die Stadt Ludwigsburg, der Stammverein aus Ludwigsburg und Eberhard Bezner als Sponsor – sehnen sich schon jetzt nach der Kooperation. „Die Handballerinnen schwärmen von der Arena, das freut uns“, sagt Mario Kreh, Leiter von Tourismus und Events der Stadt Ludwigsburg. „Wir haben es geschafft, ein zweites Heimteam zu bekommen in einer anderen Sportart. Das ist natürlich klasse, wir haben ein zweites Champions-League-Team.“ Auch Olymp-Mäzen Eberhard Bezner freut sich über die Fusion: „Ich bin der Meinung, dass mit der Vergrößerung dieser beiden Vereine ein großer und guter Schritt getan wird, der auch in weitere Erfolge münden wird.“

Auch Christian Köhle, der seit Freitag Vorstand des HB Ludwigsburg e.V. ist, ist glücklich. „Ich denke, dass wir anfangs etwas belächelt wurden. Jetzt ist das Belächeln vielleicht sogar in etwas Neid umgeschlagen. Auch die Unterstützer der SG seien mit an Bord. „Wir haben frühzeitig die Fans mit ins Boot genommen. Wir haben mit Gruppierungen gesprochen und gesagt was wir vorhaben – mit den Lady-Drummers, und den Edelfans. Da war der Zuspruch sehr groß, weil sie auch wissen, welche Möglichkeiten sich ergeben in der Zukunft“, schildert Dörr.

Was sagt die Stadt Bietigheim dazu, dass sie ihr Zugpferd verliert?

Nur einer hielt sich wohl aus der kompletten Debatte raus: Bietigheims Oberbürgermeister Jürgen Kessing wollte scheinbar nichts damit zu tun haben, so klingt es von Bezner bei der PK: „Der OB hat bei mir den Ausschlag gegeben die Sache zu forcieren, indem er nämlich unsere ehemalige Geschäftsführerin Lena Backhaus gefragt hat: ‚Braucht Bietigheim überhaupt Frauenhandball?’ und das zu einem Zeitpunkt, als die Damen bereits vier deutsche Meistertitel nach Bietigheim geliefert haben. Diesen Zahn habe ich ihm in der Zwischenzeit gezogen.“ Kessing war laut Bezner der Meinung „Wenn sie gehen wollen, sollen sie gehen.“ Ein weiterer Beweis des Desinteresses, erklärt der Mäzen.

Unter welchem Namen wird die Mannschaft antreten?

„Wir haben uns auf HB Ludwigsburg geeinigt, das wird dann auch so in der Tabelle geführt“, erzählt Dörr. Denn von der abgebenden SG BBM kam die Forderung, dass das neue Team nicht Stadtnamen führen soll, was aber für alle Seiten so in Ordnung gehen soll. Auch das Logo wird das von HB Ludwigsburg bleiben. Wo die Meistersterne der SG hinkommen werden, ist noch unklar, da warte man noch auf die Regularien der HBF.

Wird die Bundesligalizenz übertragen und wer hat Anteil am Verein?

„Es gab konstruktive Gespräche mit Christian Köhle und der SG BBM, alles auf Augenhöhe. Wir haben im Bereich Lizenz, was uns am Anfang viele Bauchschmerzen bereitet hat, ob das alles in der Theorie überhaupt unsetzbar sein würde, einen Rechtsanwalt an unserer Seite. Der hat alles eingefädelt“, sagt der Sportchef der SG Frauen Gerit Winnen. Die Lizenz bringt die Spvgg Bissingen mit in das neue Konstrukt. Dieser sowie dem neugegründeten HBL e.V. und den drei Ludwigsburger Stammvereinen SKV Eglosheim, SV Oßweil und TV Pflugfelden gehören jeweils 20 Prozent der HB Ludwigsburg, zumindest 2024/25. „Bissingen verabschiedet sich, wie auch vereinbart, nach einem Jahr und geht wieder zur SG BBM zurück. Die Ligalizenz verbleibt in Ludwigsburg und wird der HBL zugeschrieben“, erklärt Köhle die etwas Zusammensetzung. Ab 2025 gehört dann dem HBL, SKV, SV und TV je 25 Prozent des Gesamtvereins.

Überschneiden sich die Termine mit den Riesen und Konzerten?

„Wir kriegen es gestemmt, da bin ich mir sicher“, sagt Kreh. In diesem Jahr war die MHP-Arena bereits an über 100 Tagen belegt, Rekordwert für die Halle, die vor 14 Jahren für die Basketballer der MHP-Riesen erbaut wurde. Trotz der engen Taktung, die auf die Verantwortlichen zukommen wird, ist Kreh zuversichtlich: „Es wird zu Konstellationen kommen, die eine kreative Spieltagsgestaltung möglich macht. Es ist natürlich eine anstrengende und personalintensive Geschichte, aber es wird funktionieren.“

„Wir haben die Spielpläne der letzten drei Jahre übereinander gelegt und da gab es nur eine Überschneidung, wenn ich mich nicht täusche“, sagt Dörr. Sollte es doch soweit kommen und zwei Spiele der Handballerinnen und der Riesen auf einen Termin fallen, hätte die SG die Möglichkeit, wie etwa am 30. Dezember auch, in die Scharrena nach Stuttgart auszuweichen. „Die Ege-Trans-Arena steht nicht zur Diskussion“, macht der Geschäftsführer der SG deutlich. Auch die Trainingszeiten waren in der Planung ein Knackpunkt. „Im Rahmen der bestehenden Trainingseinheiten der HB Ludwigsburg werden wir Freiraum schaffen für die zukünftige erste Frauenmannschaft“, sagt Köhle. Da die SG BBM sich ihre Einheiten vormittags gewünscht hatte, war das kaum ein Problem. Von der „altehrwürdigen“ Halle am Viadukt ziehen die Frauen dann in die „altehrwürdige Handballhalle“ in Oßweil, wie Köhle die Sportstätte nennt.

Wer zieht alles mit nach Ludwigsburg um?

Nur die Erstligatruppe von SG-Coach Jakob Vestergaard darf ab Juli Ludwigsburg als neue Heimat begrüßen. Der restliche weibliche Bereich der SG BBM Bietigheim rutscht nicht unter die Fittiche von HB Ludwigsburg. Trotzdem werde es im Frauenbereich der Ellentälerinnen eine Umstrukturierung geben. Die SG-Ladies hingegen sollen in ihrer neuen Wirkungsstätte dafür sorgen, die dortige Jugend beider Geschlechter voranzutreiben und als Vorbilder zu dienen. „Wir wollen nicht nur die Profimannschaft auf das höchste Niveau weiterentwickeln, sondern auch die Jugend und zwar den weiblichen und den männlichen Bereich“, berichtet Gerit Winnen. Der Ex-Bundesligaspieler will die Förderung der Nachwuchstalente weiter voranbringen. Dies sei auch ein Herzenswunsch von Sponsor Bezner, erklärt er.

Wie sieht die Kaderplanung am neuen Standort aus?

Bastian Dörr kann bereits einige erfreuliche Nachrichten verkünden. Neben Nationalspielerin Antje Döll und Außenpendant Veronika Malá haben auch Trainer Vestergaard und Kapitänin Xenia Smits ihre Verträge um zwei Jahre erweitert. Hinzukommt die Verlängerung von Kreisläuferin Kaba Gassama, Jenny Behrend und Dorottya Faluvégi um ein Jahr, mit der Option auf ein weiteres.

 
 
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