Ingersheim „Für mich war das nie nur ein Job“

Von Jennifer Stahl
Petra Frey war neun Jahre lang als Pfarrerin in Kleiningersheim tätig. An Christi Himmelfahrt, der Feiertag fällt auf den 9. Mai, findet ihre Verabschiedung in der Georgskirche statt. Foto: /Oliver Bürkle

Petra Frey hat 2015 die evangelische Pfarrstelle in Ingersheim angenommen. Nun geht sie in den Ruhestand und erzählt, was die letzten neun Jahre so besonders gemacht hat. 

Im Jahr 1601 wurde die Kleiningersheimer Georgskirche erbaut, inmitten des historischen Ortskerns liegt sie etwas oberhalb des Schlosses. „Die Kirche wurde auf einem Weinkeller erbaut, das ist die eine Besonderheit. Außerdem wurden hier Teile der Serie ‚Die Kirche bleibt im Dorf’ gedreht“, erklärt Petra Frey. Sie ist Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Ingersheim und verabschiedet sich an diesem Donnerstag in den Ruhestand. „Ich habe mich schon immer gerne kirchlich sozialisiert. Die Mitarbeit im Kinder- und Jugendchor hat mich dann dazu bewogen, in diesem Bereich tätig zu sein“, erinnert sie sich.

Erste Pfarrstelle in Bissingen

Ihre erste Pfarrstelle war in Bissingen, dort wohnt die 63-Jährige heute auch. „Ich habe lange eine Familienpause eingelegt und später unter anderem am Ellentalgymnasium als Religionslehrerin unterrichtet.“ 2015 nahm Frey die Pfarrstelle in Ingersheim an, „mir liegt die Gemeindearbeit einfach mehr, da fühle ich mich freier in meiner Arbeit“, erklärt sie.

Zu ihren Aufgaben in Ingersheim zählten die Vorbereitung und Ausführung von Gottesdiensten sowie die Seelsorge, Beerdigungen, Taufen, Trauungen und der Konfirmandenunterricht. „Mit meinen Konfirmandinnen und Konfirmanden habe ich immer gerne Aktionen und Projekte durchgeführt“, sagt sie. Als Beispiel nennt sie die Aktion „Konfirmanden backen Brot für die Welt“, die mittlerweile jährlich in Zusammenarbeit mit dem Bäcker Heinerich stattfindet.

Bei einer Food-Challenge gewann die aktuelle Konfirmandengruppe sogar eine Übernachtung im Klimaschloss Beilstein, hierbei ging es darum, aus Lebensmitteln für maximal 50 Euro ein Menü für 30 Personen zu kochen. Dann sollte ausgerechnet werden, wie viel CO2 durch das Mittagessen ausgestoßen wurde. Generell liegt Petra Frey ein wertschätzender Umgang mit Lebensmitteln am Herzen, so gründete sie die lokale Initiative „Zu gut für die Tonne“, bei der Geschäfte aus Ingersheim und Bietigheim-Bissingen Lebensmittel, die weggeworfen werden müssten, zur Verfügung stellen.

Bewegende Besuche

Ebenso wichtig für die Konfirmandengruppen sei ihrer Ansicht nach ein Besuch auf der Karlshöhe. „Das ist oft bewegend für die Jugendlichen – an einem Ort zu sein, an dem Menschen die Unterstützung erhalten, die sie brauchen.“

Auch der kreative Aspekt kam in den vergangenen Jahren nicht zu kurz, die Gestaltung der Jahreslosung wurde unter Freys Leitung eingeführt. Für jedes Jahr wird hierbei nämlich ein Bibelvers ausgewählt, dieser kann auf einem vorgefertigten Poster erworben werden. „Mich hat das aber nie richtig angesprochen. Ich fand die Idee viel schöner, dass Menschen selbst Plakate gestalten, um zu sehen, wie sie über den Vers denken und was genau sie fühlen.“ Die verschiedenen Darstellungen werden dann alle zwei bis drei Monate ausgetauscht, sodass sie in jedem Raum der kirchlichen Einrichtung einmal aushingen.

Kirchengemeinderat gehört dazu

Aber nicht nur die alltäglichen Aufgaben prägten Freys Tätigkeit, einmal im Monat standen auch die Sitzungen des Kirchengemeinderats an: „Dieser verwaltet unter anderem die Finanzen und berät sich über aktuelle Themen“, sagt sie.

Besonders am Herzen lag ihr die Einführung von Gottesdiensten anlässlich der Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare im Jahr 2022. „Kleiningersheim war die erste Gemeinde im Kirchenbezirk, die ihre Gottesdienstordnung in dieser Hinsicht erweitert hat“, erinnert sich Petra Frey, „das macht mich schon sehr stolz.“ Für ihren Abschied an Christi Himmelfahrt muss sie nun noch die Predigt vorbereiten. „Ich habe mir für jeden Gottesdienst Bibeltexte ausgesucht und mir stets die Frage gestellt, worüber ich sprechen möchte.“ Der Schlüsselbegriff für ihren letzten Gottesdienst an Himmelfahrt laute „Segen“, das sei ein Thema, das sicherlich viele Menschen anspricht. Dann sucht sie sich passende Lieder aus.

„Mein Anspruch an mich selbst ist immer relativ hoch. Ich wollte meine Gottesdienste immer so gestalten, dass ich als Zuhörer auch gerne dort sitzen würde“, erklärt sie.

Fusion der Kirchengemeinden

Anfang 2024 wurden die beiden evangelischen Kirchengemeinden in Ingersheim vereinigt. „Sonst war es immer so, dass die Menschen entweder in die Georgskirche oder in die Martinskirche in Großingersheim kamen. Nun finden die gemeinsamen Gottesdienste immer abwechselnd in der einen, und dann wieder in der anderen Kirche statt – das ist ein schöner Schritt für die Gemeinschaft“, findet sie.

Große Pläne für den Ruhestand hat Petra Frey nicht, in Bissingen möchte sie sich weiterhin engagieren und dort bei der Garage „Nehmen und Geben“ mitwirken. „Ich möchte auch einfach mal spontan sein und mich ein bisschen überraschen lassen, was so auf mich zukommt.“ Ihre Amtszeit in Kleiningersheim bezeichnet sie als „krönenden Abschluss ihrer Berufsbiografie“. „Ich war sehr gerne hier Pfarrerin und habe mich mit den Menschen gut verstanden. Für mich war das nie nur ein Job, sondern immer eine Herzensangelegenheit“, sagt Petra Frey.

 
 
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