Inklusion in Bietigheim-Bissingen Wassersport auf der Enz – natürlich auch im Rollstuhl

Von Heidi Vogelhuber
Wassersport in der Gruppe erleben – inklusive Rollstuhlfahrern. Das wollte Adrian Wachendorf (links) erreichen und entwickelte das Rollstuhl-SUP. Bei den „Zugvögeln“ kann das inklusive Mega-SUP unter dem Namen „Manta-SUP“ ab sofort ausgeliehen werden. Foto: /Martin Kalb

Die Zugvögel haben ein Rollstuhl-SUP gekauft für mehr Inklusion auf Enz, Rems und Neckar. Erfinder Adrian Wachendorf schult das Team.

Bei so einem tollen Steg ist das ganz einfach“, sagt Adrian Wachendorf und demonstriert, wie ein Rollstuhlfahrer an der Einstiegsstelle Enzsteg in Bietigheim auf das 15 Meter lange und zwei Meter breite Mega-SUP geschoben werden kann. Warum ein Rollstuhlfahrer stand-up-paddeln sollte? Ganz einfach: Weil er es kann.

Inklusionsgedanke als Antrieb

Inklusion hört für den Erfinder des weltweit ersten Rollstuhl-SUPs am Ufer nicht auf. Wachendorf wollte Menschen mit einer Behinderung die Teilhabe an Wassersport – explizit SUP – ermöglichen. „Das ist bei uns mit Kanus und Kajaks schon seit Jahren möglich. Das SUP war bislang aber immer ein Einzelsport“, berichtet Anna Bröll, die Geschäftsführerin des Kanuverleihs „Zugvögel“, die ihren Hauptsitz in Bietigheim-Bissingen haben. Bis jetzt. Denn ab sofort kann man in Bietigheim, aber auch bei den anderen Standorten der „Zugvögel“ an Enz, Rems und Neckar – unter anderem Ludwigsburg, Walheim, Mundelsheim – das sogenannte Manta-SUP ausleihen. 

Adrian Wachendorf wird bei einer Demonstration auf der Enz nicht müde zu betonen: „Das ist sicher – und Sicherheit steht an oberster Stelle.“ Der 41-jährige Lüneburger hat das „Sit-on-SUP“ gemeinsam mit dem Deutschen Rollstuhl-Sportverband entwickelt. „Denn ich hatte keine Ahnung von Rollstühlen“, sagt Wachendorf, der, gemeinsam mit seiner Frau Michaela, die „Nature-Guides GmbH“ gegründet hat und die inklusiven SUPs vertreibt. Unterstützt wird das Paar von acht Trainern. Er habe den Rollstuhl-Sportverband angesprochen und nach und nach habe man erarbeitet, was nötig ist, damit das Stand-up-Paddeln auch für Rollifahrer sicher wird und Spaß macht. „Es stellte sich heraus, dass es Spanngurte und Ösen braucht, denn der Rollstuhl muss fest sein.“ Zwei Jahre wurde getüftelt, seit vier Jahren bietet Wachendorf Touren an.

Missstand erkannt und behoben

Einen direkten Bezug habe der Rollstuhl-SUP-Erfinder übrigens nicht. „Ich habe Events mit Big-SUPs gemacht und hätte es cool gefunden, wenn Menschen mit einer Behinderung auch hätten dabei sein können.“ Das ist nun möglich.

Ursprünglich war Adrian Wachendorf Maschinenbauingenieur. Nach einer Weltreise wollte er etwas anderes ausprobieren, ließ sich zum Wildnisführer ausbilden und bietet seitdem unter anderem SUP-Touren in der Wildnis an.

Mittlerweile vermarktet er die zweite Serie seines inklusiven SUPs. Insgesamt hat er 25 Exemplare produzieren lassen, elf sind bereits im Einsatz, mit fünf Stück bietet er selbst SUP-Touren an. „Den Rest habe ich auf Lager“, sagt er und verrät, dass sein nächster Stopp ein Segelverein in Eschweiler bei Aachen ist. Auch dort schult er im Umgang mit dem Rolli-SUP. „Es verhält sich schon anders, ist viel steifer. Das merkt man beim Paddeln gleich“, sagt Anna Bröll nach der ersten Jungfernfahrt. Ganz unerfahren ist die „Zugvögel“-Chefin nicht im Umgang mit Mega-SUPs. Eines hat der Verleih nämlich schon im Sortiment. Das ist jedoch nicht für Rollstuhlfahrer geeignet, da die Ösen zum Befestigen des Rollstuhls fehlen.

Rollstuhl muss fest sein

Schwer sei es nicht, sagt Bröll. Wichtig sei, so erklärt es Wachendorf, dass der Rollstuhl bombenfest fixiert wird am SUP. Der Mensch darin, wird nicht angeschnallt. Er oder sie bekommt eine spezielle Rettungsweste, die ihn oder sie im Ernstfall aus dem Rolli treibt und über Wasser hält. „Es ist noch nie jemand reingefallen“, beruhigt der Erfinder. Insgesamt sei ein Kentern nahezu unmöglich, da das Rolli-SUP sehr stabil sei.

Bis zu vier Rollstühle können mitfahren, maximal zehn Personen bei einem Maximalgewicht von 900 Kilo. „Dieses SUP bietet echte Inklusion und Teilhabe“, sagt Bröll über das neue Gefährt im Zugvögel-Sortiment.

Info

Investiert haben die Zugvögel 4000 Euro für das Rolli-SUP, kosten wird es im Verleih 18 Euro pro Person für zwei Stunden, Schulung inklusive. Mindestens zu viert sollte man sein, um ausreichend Vortrieb zu haben. Geführte Touren kosten 250 Euro. www.diezugvoegel.de

 
 
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