Interview mit Stefanie Schuster vom FV Löchgau „Bei uns Frauen wird genauer hingeguckt“

Von Andreas Eberle
Stefanie Schuster, Teamleiterin für den Frauen- und Mädchenfußball beim FVL. ⇥ Foto: Hansjürgen Britsch/Baumann

Stefanie Schuster vom FV Löchgau spricht über Frauen in Führungspositionen und ihre Erfahrungen im Männerbereich.

Stefanie Schuster (34) ist seit ihrem siebten Lebensjahr im Fußball aktiv. Bei ihrem Heimatverein FV Löchgau war sie Spielerin, Spielertrainerin, Co-Trainerin der Landesliga-Kicker sowie Coach der Frauen. Seit Juli 2014 zählt sie als Teamleiterin Frauen/Juniorinnen zum FVL-Führungszirkel. Im Interview benennt Schuster die Fortschritte im Frauenfußball, mahnt aber weitere Verbesserungen an.

Befürworten Sie verbindliche Quoten für Frauen in Verbands- und Vereinsgremien, um den Frauenfußball zu stärken?

Stefanie Schuster: Von solchen Quoten und fixen Prozentsätzen halte ich wenig. Das sollte auch anders funktionieren. Frauen haben gewiss das Potenzial, den deutschen Fußball voranzutreiben. Ich finde es wichtig, dass sie besser integriert und gefördert werden. Das gilt aber nicht nur auf Funktionärsebene, sondern auch auf Trainerebene. In der Frauen-Bundesliga gibt es zum Beispiel keine Cheftrainerin mehr, sondern allenfalls Co-Trainerinnen. Beim SC Sand wurde mit Nora Häuptle kurz vor Saisonende die letzte Cheftrainerin entlassen.

Sie zählen beim FV Löchgau zum Führungszirkel. Hatten Sie je den Eindruck, von den männlichen Mitstreitern wegen Ihres Geschlechts anders behandelt zu werden?

Nein. Ich hatte noch nie das Gefühl, dass ich nicht gehört oder ernst genommen werde.

Und außerhalb des Vereins?

Da habe ich manchmal schon den Eindruck, dass man als im Fußball engagierte Frau mehr leisten muss, um sich den Respekt zu erwerben. Es wird mehr gefordert und genauer hingeguckt. Das ist mir zum Beispiel bei meiner Tätigkeit als Lehrbeauftragte im WFV-Trainerlehrstab aufgefallen.

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau im Männerfußball gemacht?

Als Co-Trainerin bei den Löchgauer Herren habe ich mich am Anfang schon mit einer gewissen Erwartungshaltung konfrontiert gesehen. Aber das ist bei jedem neuen Trainer der Fall. Die Arbeit mit der Landesliga-Mannschaft hat mir damals viel Spaß gemacht. Ich habe einige Trainingseinheiten und sogar ein Punktspiel alleinverantwortlich geleitet – und das haben wir mit 5:1 in Ludwigsburg gewonnen. Das hat alles super funktioniert. Die Jungs haben mich voll respektiert und sind mir gefolgt.

Mit sieben haben Sie einst mit dem Kicken angefangen. Welche Fortschritte hat es im Frauenbereich seitdem gegeben?

Der Frauenfußball hat deutlich an Aufmerksamkeit und Anerkennung gewonnen. Auch die Spielqualität hat zugenommen, die Spielerinnen sind inzwischen technisch und taktisch viel besser ausgebildet. Außerdem sind heute wesentlich mehr qualifiziertere Trainerinnen und Trainer im Mädchen- und Frauenbereich tätig als früher. Und statt eines Kaffeeservices wie beim EM-Titel 1989 gibt es inzwischen Prämien, die aber nicht vergleichbar sind mit denen der Männer.

Wo sehen Sie noch Luft nach oben?

Verbesserungsfähig ist die Präsenz in den Medien, was die Berichterstattung und Live-Übertragungen anbelangt. Hier haben uns andere Nationen wie England überholt. Auch bei den Gehältern besteht noch Handlungsbedarf. Viele Spielerinnen können nicht davon leben und müssen daher zusätzlich einen Beruf ausüben.

Was raten Sie Frauen, die sich eine Führungsaufgabe in einem Verein oder Verband zutrauen?

Sie sollten mit viel Herzblut, Leidenschaft und Engagement an die Sache herangehen und mutig ihre Ideen und Intentionen einbringen. Und wenn es mal Widerstände gibt, rate ich jeder dazu, sich nicht entmutigen oder von ihrem Weg abbringen zu lassen.

Ist nach den vielen Wechseln und diversen Skandalen an der DFB-Spitze die Zeit reif für eine Präsidentin?

Wichtig ist, dass es beim DFB generell eine Veränderung und einen Neubeginn gibt. Ob da jetzt eine Frau oder ein Mann an der Spitze steht, ist da zweitrangig. ⇥

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