Kabarett in Bietigheim-Bissingen „Wir haben alle einen an der Klatsche“

Von Helga Spannhake
Kabarett as its best mit Martin Zingsheim. Foto: /Oliver Bürkle

Martin Zingsheim war mit seinem Programm „normal ist das nicht“ zu Gast im Kleinkunstkeller.

Stimmengewirr, klirrende Getränkeflaschen und auf ihre Plätze eilende Menschen kündigten den Kabarettabend im Kleinkunstkeller an: Erwartet wurde Martin Zingsheim und er kam nicht allein auf die Bühne. Als Verstärkung für die Musiknummern hatte er seine Kollegen Claus Schulte am Schlagzeug sowie für die Geige und Gitarre Martin Weber mitgebracht.

Gut gelaunt begrüßte Martin Zingsheim die Menschen im Kleinkunstkeller, fand es schön, dass so viele gekommen waren. Das wiederum war nicht verwunderlich, steht der studierte und sogar promovierte Musikwissenschaftler doch für erlesenes Kabarett. Promoviert hat er über die Intuitive Musik des Pioniers der elektronischen und Neuen Musik, Karlheinz Stockhausen, aber es zog ihn anstatt in die geisteswissenschaftliche Forschung auf die Bühne – wobei eigentlich forscht Martin Zingsheim als Kabarettist irgendwie auch, und zwar über den alltäglichen Wahnsinn. In seinem Programm „normal ist das nicht“ beschäftigte er sich zuerst mit dem Klimawandel und gab an: „Ich bin radikaler Klimaschützer“, allerdings vor allem theoretisch, wie er augenzwinkernd ergänzte. Er philosophierte über die Absurditäten des Alltags und kam zu dem Schluss: „normal ist das nicht“.

Programm entstand während Corona

Entstanden ist das dargebotene Kabarettprogramm bereits 2021 – inmitten der Corona-Pandemie und auch wenn Martin Zingsheim inzwischen einiges verändert hat: „Die Hälfte ist anders“, wie er selbst sagt, so erinnerte er das Publikum an Masken im Schulunterricht sowie Spaziergänge nach 22 Uhr nur mit Hund: „Da sitzen jetzt viele traurige Cocker Spaniel in der Ecke“, weil man sie nun nicht mehr brauche, bemerkte er und nachdem er damals von lauter Hobbyvirologen umgeben gewesen sei, seien es nun lauter Militärstrategen. Im lockeren Plauderton spielte sich Martin Zingsheim schnell tief in die Herzen des Publikums, immer wieder sorgte er für Lachanfälle im Kleinkunstkeller.

Kleine Aha-Momente hatte er ebenfalls eingebaut. So war zu erfahren, dass gerade die deutsche Sprache sehr vom Militärischen geprägt sei. Als Beweis holte er aus zu einem virtuos gebauten Monolog, indem er sich am Riemen riss, um in der Hitze des Gefechts sich die Sporen zu verdienen, während er bombensicher Lunte roch. Auch seine These, dass Corona von drei Frauen erfunden worden sei, die sich überlegt hätten, wie man Männer weltweit zum Händewaschen bringen könne, sorgte für ausgelassene Heiterkeit.

Bereits zum vierten Mal war Martin Zingsheim im Kleinkunstkeller zu Gast und er kommt gern nach Bietigheim-Bissingen, mag den urigen Gewölbekeller im Gegensatz zu den Mehrzweckhallen, in denen er oft spielt: „Dort ist es erst schön, wenn das Saallicht ausgeht. Hier ist es hell auch schon schön“.

Verrückte Netzwerknamen im öffentlichen WLAN

Vor seinem Auftritt war er außerdem in Bietigheims Innenstadt unterwegs gewesen. Dabei schaut er gern nach, wie die Menschen ihre WLAN-Netzwerke benennen und da finden sich allerlei verrückte Namen: „Lord Voldemodem sei durchaus beliebt, erklärte Martin Zingsheim: „Oma, hier drücken für Internet“ hinterließ bei ihm allerdings Fragen, wie er grinsend feststellte.

Jegliche Gesellschaftskritik verpackte Martin Zingsheim perfekt abgestimmt in seine gedankenreiche Erzählkunst oder in ebenso perfekte temporeiche Noten. Nie kam er belehrend, aber immer belustigend über den Bühnenrand – das war musikalisches Kabarett at its best und das Publikum bedankte sich mit lang anhaltendem Applaus.

 Helga Spannhake

 
 
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