Kreis Ludwigsburg Die Jugend fastet – nur anders

Von Helena Hadzic
Neben dem traditionellen Fasten, wie dem Verzicht auf Fleisch, fasten Jugendliche auch gerne andere Dinge. Süßigkeiten-Verzicht, Klimafasten oder auch die Reduzierung der Zeit am Handy sind Themen bei der Jugend. Foto: imago/Bihlmayerfotografie

Am heutigen Aschermittwoch startet die christliche Fastenzeit: Junge Menschen im Kreis Ludwigsburg hinterfragen in dieser Zeit ihre Gewohnheiten. Statt des traditionellen Verzichts etwa auf Fleisch geht es, wie Jugendreferenten aus dem Kreis erklären, jungen Menschen eher um andere Formen der Reflexion.

Am heutigen Mittwoch beginnt die Fastenzeit des christlichen Kalenders. Sieben Wochen vor Ostern soll auf bestimmte Nahrung verzichtet werden, um sich auf den Feiertag um die Auferstehung Jesu Christi vorzubereiten. In der christlichen Tradition ist die Praktik stark verankert, bei jungen Leuten liegt das traditionelle Fasten eher weniger im Trend: „In meinem Umfeld nehme ich wahr, dass das Thema ,Fasten‘ unter Jugendlichen von sich aus keine große Rolle spielt“, sagt Florian Binder, evangelischer Jugendreferent für Besigheim und Großingersheim.

Er sieht aber auch, dass verschiedene Dinge ausprobiert werden: Einige Jugendliche interpretieren diese Praktik für sich neu. Statt des Verzichts auf bestimmte Nahrungsmittel, gehe es darum, seine Gewohnheiten zu hinterfragen. Birte Treiber, Diakonin der Gesamtkirchengemeinde Sachsenheim, macht auch klar, dass es dabei nicht um das bloße weglassen gehe, sondern um das bewusste Auseinandersetzen, und das sei immer noch präsent bei jungen Leuten.

Christliche Tradition

Der Verzicht auf bestimmte und übermäßige Nahrung entspringt der christlichen Tradition. Nach der biblischen Überlieferung hat Jesus selbst in der Wüste 40 Tage lang gefastet, erklärt Binder. Diesem Vorbild entsprechend leeren die Gläubigen ihren Körper, führen sich aber gleichzeitig geistliche Nahrung zu – wie etwa durch Gebet, das Lesen der Bibel oder durch verschiedene Angebote kirchlicher Institutionen.

Joachim Pierro, Hochschulseelsorger der katholischen Hochschulgemeinde Ludwigsburg, ist der Ansicht, dass Jesus in den 40 Tagen über sich selbst und seinen Auftrag nachgesonnen habe: „Fasten ist daher auch der geistliche Weg für Christen, sich mit dem zu beschäftigen, was für einen wesentlich ist – auch in Bezug auf andere Menschen.“ Ein wichtiger Aspekt sei, dass es beim Fasten aber um Gemeinschaft gehe und nicht nur einen selbst.

Das Fasten hingegen aus gesundheitlichen Gründen nimmt Pierro weniger wahr. Auch Birte Treiber ist der Meinung, dass es ohne die religiöse Bedeutung in der Form auch keine Fastenzeit gebe.

Es geht also um den bewussten Umgang mit verschiedenen Dingen und den Verzicht auf Luxusgüter. Traditionell waren es Nahrungsmittel wie Fleisch. Das wird auch heute unter den Erwachsenen immer noch so praktiziert, meint Binder. Aber auch der komplette Verzicht habe es in der Christenheit immer wieder gegeben, so Pierro, wie etwa bei Franz von Assisi. Er und sein Orden habe komplett auf Nahrung verzichtet.

Heutzutage wird gerne auf Alkohol, Süßigkeiten, Zigaretten oder das Internet verzichtet – das zeigt eine Auswertung des Unternehmens „statista“ aus dem Jahr 2022.

Bei Jugendlichen fällt das unterschiedlich aus: „Es kann dabei um Süßigkeiten- oder Fleisch-Verzicht gehen, oder das Fasten von Social Media“, sagt Birte Treiber. Ihrer Meinung nach sei das Thema auch bei jüngeren Leuten immer noch präsent, auch durch Initiativen und Mottos der evangelischen Kirche, wie etwa Klimafasten oder „ 7 Wochen Ohne Notlügen“.

Ein weiteres Beispiel ist die Einführung neuer Gewohnheiten, erklärt Binder. Ein Buch zu lesen oder einen Spaziergang zu machen, können Ziele sein. So hat Florian Binder im letzten Jahr eine Aktion mit ein paar Jugendlichen gestartet, in der Fastenzeit bewusst die Handy-Nutzung zu reduzieren. Fasten könne also sehr unterschiedlich aussehen.

Sinnvolle neue Formen

Binder betont, dass Jugendliche heutzutage in vielen Bereichen auch in ihrem Alltag ein großes Bewusstsein für eine nachhaltige Lebensweise haben, und die Fastenzeit motiviere diese Auseinandersetzung zusätzlich.

Auch Birte Treiber hält die verschieden Formen aus diesem Grund für sinnvoll – in ihrer Jugend habe das Fasten zur Passionszeit wieder neuen Aufschwung bekommen. „Dieser Aufschwung hält weiterhin an und die verschiedenen Formen wirken darauf positiv“, so Treiber. Das Fasten, auch die traditionellen Formen, seien stärker bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund vertreten, die kulturell einen stärkeren Bezug zur Kirche haben, wie etwa unter armenischen Jugendlichen, so Pierro. „Aber letztlich ist Fasten etwas individuelles.“

 
 
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