Kreis Ludwigsburg IHK: Mit blauem Auge davongekommen

Von Claudia Mocek
Der Fachkräftemangel ist laut Einschätzung der Unternehmen im Land derzeit das größte Problem in Baden-Württemberg. Foto: dpa/Frank Hormann

Fachkräftemangel, hohe Energiepreise und zu viel Bürokratie: Die IHK Region Stuttgart hat die Stimmung in den Unternehmen erhoben. Diese ist zwar besser als noch im Herbst, aber immer noch nicht rosig.

Die Unternehmen im Südwesten sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen“, sagte Marjoke Breuning, Vizepräsidentin des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages (BWIHK) und Präsidentin der IHK Region Stuttgart, am Montag auf der Pressekonferenz. Die Unternehmen hätten laut IHK-Umfrage der Krise getrotzt und seien deutlich entspannter als noch im vergangenen Herbst. Die größten Herausforderungen blieben weiterhin der Fachkräftemangel, die Energiepreise und die Bürokratie.

An der Umfrage haben sich im Januar landesweit 3553 Unternehmen aller Größen und Branchen beteiligt. 42 Prozent gaben an, dass ihre aktuelle Geschäftslage gut sei (Herbst 2022: 36 Prozent). Zehn Prozent gaben an, die Lage sei schlecht, drei Prozentpunkte weniger als im Herbst. Auch der Blick in die Zukunft habe sich erhellt. „Die Zahl der Optimisten steigt wieder an“, sagte Breuning. Während im Herbst 2022 noch 44 Prozent der Unternehmen düster auf die Geschäftserwartungen der kommenden zwölf Monate blickten, seien es jetzt noch 23 Prozent. 22 Prozent der Betriebe hofften auf bessere Geschäfte, 55 Prozent gingen von einer gleichbleibenden Lage aus.

Massiver Sparkurs

Im Herbst habe nur jedes achte Unternehmen optimistisch in die Zukunft geblickt. „Viele Unternehmen sind einen massiven Sparkurs gefahren und haben in Energieeffizienz investiert. Mit Erfolg“, sagte Breuning. Die Einführung des Gaspreisdeckels hat den Unternehmen mehr Planungssicherheit gebracht. Zum Jahresbeginn 2023 sehen 65 Prozent der Unternehmen die Energiepreise als ein wirtschaftliches Risiko – im Herbst 2022 waren es noch 78 Prozent.

In den Branchen mit niedrigen Gewinnmargen blieben die Sorgen groß. Im Gastgewerbe und der Einzelhandel stünden viele mit dem Rücken zur Wand. Aber auch in der Industrie sehen drei Viertel der Unternehmen ein Risiko bei den hohen Energiepreisen – im Herbst 2022 waren es noch 88 Prozent der Betriebe.

Vor allem der Fachkräftemangel wird von 66 Prozent der Unternehmen als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung angesehen. Hier sei die Politik gefordert, die die berufliche Bildung attraktiver gestalten müsse. Der Kita-Ausbau und die Ganztagesbetreuung müsse schneller vorangebracht werden. Würden die mehr als eine Million in Teilzeit arbeitenden Frauen in Baden-Württemberg jedes Jahr wöchentlich nur eine Stunde mehr arbeiten, entspräche dies jährlich mehr als 30 000 Vollzeit-Beschäftigten. „Dieses Potenzial muss man heben“, forderte auch IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Susanne Herre.

Auch ältere Mitarbeiter seien ein Schlüssel zur Bewältigung des Fachkräftemangels, sagte Herre. Hierbei könne ein betriebliches Gesundheitsmanagement helfen. Für die Förderung der „gezielten Einwanderung“, so Herre, müsse vor allem die Anerkennung von Abschlüssen erleichtert werden. Diese sei auch eine kulturelle Frage in den Köpfen der Menschen. Es sei zum Beispiel denkbar, dass die Prüfung für Berufskraftfahrer in einer anderen Sprache abgehalten werden könne als nur auf Deutsch. Für das Problem des Fachkräftemangels gebe es nicht die eine Lösung, es müsse an verschiedenen Stellschreiben gedreht werden. „Wir müssen uns bewegen“, forderte Herre.

Im Bereich der Energieversorgung müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden. Der Bau des Flüssiggastanks sei in sieben Monaten erfolgt, ein Windrad brauche noch etwa sieben Jahre.

„Wir brauchen mehr Mut zur Deregulierung, zur Verringerung von Standards und zum Verzicht auf Einzelfallgerechtigkeit“, betonte Herre. Der Normenkontrollrat habe in den vergangenen Jahren hier gute Arbeit geleistet, nun müsse das Gremium rasch neu besetzt werden und als „Normenkontrollrat 2.0“ unter anderem die Berechnung von Folgekosten von Gesetzen vorantreiben. Für die Umsetzung sei jedoch die Landesregierung verantwortlich.

Prognosen nicht rosig

In der Baubranche sei die Sonderkonjunktur beendet, sagte der IHK-Präsident der Bezirkskammer Ludwigsburg, Julian Pflugfelder. Aufgrund der laufenden Aufträge sei die Geschäftslage noch gut. Doch zu den hohen Energiepreisen kommen die hohen Rohstoffpreise. „Die Prognosen sind nicht sehr rosig“, sagte Pflugfelder. Der Wegfall der Wohnbauförderungen und die Anhebung des Leitzinses wirkten sich deutlich negativ auf die Nachfrage aus, vor allem beim Wohnungsbau. Drei Viertel der Unternehmen in der Baubranche meldeten eine fallende Tendenz. Die Inlandsnachfrage werde von 59 Prozent der Unternehmen als ein Geschäftsrisiko empfunden. Eine baldige Besserung sei nicht in Sicht. Jedes zweite Unternehmen gehe von einer fallenden Bauproduktion aus.

Deutliche Signale aus der Politik

Auch Pflugfelder forderte eine Entbürokratisierung. Die Bebauungspläne und das Baurecht stammten aus dem vergangenen Jahrhundert. Niemand wolle weiterhin grüne Flächen versiegeln. Die Lösung sei, in die Höhe zu bauen. Doch hier müssten von der Politik „deutliche Signale kommen, dieses zu erleichtern“, forderte Pflugfelder.

 
 
- Anzeige -