Kreis Ludwigsburg Lange Wartezeiten bei der Einbürgerung

Von Petra Neset-Ruppert
Einen deutschen Pass, darauf hofft die 33-jährige Ludwigsburgerin Merve K. Foto: /Martin Kalb

Die Bundesregierung plant den Einbürgerungsprozess zu erleichtern. Im Kreis Ludwigsburg stellten im vergangenen Jahr rund 1850 Personen einen Antrag auf Einbürgerung. Eine Ludwigsburgerin berichtet wie ihr Einbürgerungsprozess bisher ablief und was sie sich für andere, die diesen Prozess noch durchlaufen, wünschen würde.

Ich lebe hier und will auch nicht weg. Trotzdem bekomme ich immer wieder die Signale: Das ist nicht dein Zuhause“, erzählt die 33-jährige Ludwigsburgerin Merve K. Sie ist eine von rund 1850 Personen, die 2022 im Kreis Ludwigsburg einen Antrag auf Einbürgerung stellten.

Die 33-Jährige besitzt keinen deutschen Pass, obwohl sie in Ludwigsburg geboren und aufgewachsen ist. Ihre Eltern kamen aus der Türkei nach Deutschland, als damals händeringend Arbeitskräfte gesucht wurden. Sie heirateten, bekamen drei Kinder und kamen von ihren Plänen ab, im Ruhestand wieder zurück in die Türkei zuziehen.

Als Merve K. geboren wurde, konnten ihre Eltern nur eine Staatsbürgerschaft für sie beantragen. Sie wählten ihre eigene, die türkische. Seitdem lebt sie mit einem unbefristeten Aufenthaltstitel in Deutschland. „Immer wieder muss ich aufs Konsulat und den türkischen Pass neu beantragen, danach muss ich in Ludwigsburg aufs Amt und die Bescheinigung für meinen unbefristeten Aufenthaltstitel abholen, denn beides muss ich immer mit mir führen“, erzählt die junge Frau.

All das koste viel Zeit und Geld. Deshalb entschied sie sich im August vergangenen Jahres, den Antrag auf Einbürgerung zu stellen, schließlich ist Deutschland ihr Zuhause. Sie könne sich nicht vorstellen, jemals in der Türkei zu leben. „Da gibt es so viele Dinge, mit denen ich nicht klar kommen würde. Angefangen bei der Müllentsorgung bis hin zur Arbeitseinstellung – da bin ich einfach viel zu deutsch“, lacht die Ludwigsburgerin.

Einbürgerung istein langwieriger Prozess

Nun soll auch der passende Pass dazu kommen. Doch das ist auch für sie, als eine in Deutschland geborene und aufgewachsene Person, mit einem langwierigen Prozess verbunden. Zu Beginn des Jahres kündigte die Bundesregierung an, dass der Einbürgerungsprozess erleichtert werden soll. Dazu gehört auch, dass in Zukunft, die in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Staatsangehöriger sich nicht mehr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden müssen. Eine Erleichterung, die sich Merve K. auch selbst gewünscht hätte.

Nun wartet sie jedoch auf eine Einladung in die Einbürgerungsbehörde. Als sie den Antrag einreichte, erhielt sie eine Bestätigung, in der ihr erklärt wurde, dass das Verfahren nun begonnen habe und bis zu einem Jahr dauere. „Mehr kam dann leider erst mal nicht. Deshalb habe ich Ende 2022 noch einmal nachgefragt, ob ich denn meinen türkischen Pass verlängern müsse, der läuft im November 2023 ab“, erzählt die Ludwigsburgerin. Die Antwort war, dass das Verfahren derzeit länger dauere, doch wie lange genau, wurde ihr nicht mitgeteilt. „Jetzt warte ich mal ab, und unter Umständen muss ich im Herbst dann noch mal einen türkischen Pass beantragen, denn ohne einen aktuell gültigen Pass kann ich auch nicht eingebürgert werden.“,

Dass es momentan zu längeren Bearbeitungszeiten bei der Einbürgerung komme, bestätigt auch die Pressestelle des Landratsamts: „Seit dem Jahr 2018 beobachten wir einen kontinuierlichen Zuwachs der Einbürgerungsanträge. Besonders in den letzten beiden Jahren waren die Antragszahlen außerordentlich hoch. Aktuell ist es leider so, dass die Einbürgerungsbehörde des Landratsamts Ludwigsburg mit erheblichen Rückständen zu kämpfen hat“.

Da viele Fälle komplexer seien und auch die Pandemie zu Rückständen geführt habe, dauere die Bearbeitung derzeit länger. In den letzten beiden Jahren seien umfassende Gegenmaßnahmen ergriffen worden, die bereits zunehmend zu einer Entspannung der Situation beigetragen haben, so die Pressestelle. Derzeit sind fünf Vollzeitstellen für die Einbürgerungsbehörde ausgeschrieben. „Hierdurch sind wir zuversichtlich, dass wir unsere Bearbeitungszeiten demnächst wieder auf ein durchschnittliches Maß von unter sechs Monaten reduzieren können werden“, so die Pressestelle weiter.

Wunsch nach einemvereinfachten Verfahren

„Ich würde mir wünschen, dass Menschen wie ich, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, nicht den gleichen und langwierigen Prozess durchlaufen müssen, sondern, dass es für uns ein vereinfachtes Verfahren gibt“, sagt Merve K. Immer wieder erlebe sie im Alltag Rassismus, sagt sie. So sei es auch schon vorgekommen, dass man mit ihr auf Ämtern in einem sehr einfachen Deutsch gesprochen habe, obwohl sie mehrfach erklärte: „Ich kann Deutsch, ich bin hier geboren und aufgewachsen.“

„In Deutschland bin ich die Türkin, in der Türkei bin ich die Deutsche. Irgendwie passe ich nie so ganz rein“, erzählt die junge Frau. Für sie ist die Türkei ein Urlaubsort, an dem sie Oma und Opa besuchen könne, Deutschland sei ihr Zuhause. Für sie fühlt sich der Einbürgerungsprozess so an, als müsse sie erst einmal beweisen, dass sie in Deutschland sein dürfe. „Gefühlt liegst du als Türkin immer 1:0 hinten. Ein deutscher Pass ändert das wahrscheinlich nicht, aber es ist für mich persönlich ein wichtiger Schritt“, so die Ludwigsburgerin.

Das Einbürgerungsverfahren

Schätzungsweise 80 Prozent der Personen, die einen Antrag auf die deutsche Staatsbürgerschaft stellen, erhalten sie dann auch. Genaue zahlen gibt es hierzu nicht, da dazu keine Statistik geführt wird.

Nicht alle Einbürgerungsbewerber benötigen einen Einbürgerungstest. Soweit aus dem Antrag des Einbürgerungsbewerbers keine Nachweise über ausreichende Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland hervorgehen, erhält der Einbürgerungsbewerber gemeinsam mit der Antragseingangsbestätigung einen Hinweis auf die Notwendigkeit eines Einbürgerungstests. Diesen Multiple-Choice-Test bieten verschiedene Einrichtungen, wie zum Beispiel die Schiller-Volkshochschule an. Ist ein Test nicht notwendig, so wird nur ein „Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und die Loyalitätserklärung“ benötigt. „Um die Ernsthaftigkeit des Bekenntnisses zu prüfen, wird mit dem Einbürgerungsbewerber ein persönliches Gespräch zu den grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geführt. Hier können auch Fragen zur deutschen Gesellschaftsordnung gestellt werden“, heißt es von der Pressestelle des Landratsamts.

 
 
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