Kreis Ludwigsburg Oberriexingen: Kleine große Stadt an der Enz

Von Martin Hein
Wann genau Oberriexingen, die kleinste Stadt im Landkreis Ludwigsburg, zur Stadt erhoben wurde, ist bis jetzt unklar Foto: /Martin Kalb

Oberriexingen ist mit 3379 Einwohnern die kleinste Stadt im Landkreis. Einige Gemeinden im Landkreis sind größer, haben jedoch (noch) nicht den Städtestatus. Wie kann das sein? 

Im Landkreis gibt es 39 Gemeinden, darunter 18 Städte, davon sind sechs Große Kreisstädte. Aber – wie kann es sein, dass Oberriexingen mit 3379 Einwohnern Stadt ist und beispielsweise Löchgau mit 5720 Einwohnern „nur“ Gemeinde ist?

Hier drängt sich die Frage auf – ist Oberriexingen überhaupt Stadt? Die Antwort vorneweg – ja, Oberriexingen ist definitiv eine Stadt und keine Gemeinde. Nur – seit wann genau Oberriexingen Stadt ist, das ist nicht so eindeutig. Bereits zum Jubiläum 1200 Jahre Oberriexingen, das 1993 gefeiert wurde, haben sich die Historiker auf die Spurensuche begeben, und sich an der Frage der exakten Stadterhebung, salopp ausgedrückt, die Zähne ausgebissen.

Letztendlich ist bis heute unklar, wann Oberriexingen das Stadtrecht erhielt. Der früheste erhaltene Beleg, in dem Oberriexingen als Stadt bezeichnet wird, stammt aus dem 14. Jahrhundert. Konkret aus dem Jahr 1360.

Mindestens seit 1360 Stadt

Exakt am 11. April 1360 verkaufte Dietrich von Isingen an die Brüder Gunther und Heinrich genannt Pfiffer von „Rüxingen der Stadt“ einen Hof zu Glattbach um 150 Pfund Heller. Wie die Historiker herausfanden, wird Riexingen in diesem Dokument eindeutig und mehrmals als Stadt bezeichnet. Und – die Rede ist hier zweifelsfrei von Oberriexingen, weil es in dem Dokument von Unterriexingen, dem Dorf, unterschieden wird.

Nach Auskunft der Historikerin Dr. Petra Schad gibt es bis heute weder eine Urkunde, noch ein konkretes Datum, aus dem hervorgeht, wann Oberriexingen Stadt wurde. Man könne auch nicht sagen, wer Oberriexingen das Stadtrecht verliehen hat. Die Grafen von Vaihingen hatten, so Schad weiter, keinen Besitz in Oberriexingen. Eine Zeit lang gingen die Historiker davon aus, dass um 1250 die Stadterhebung von Oberriexingen durch Belrein von Eselsberg, ein schwäbischer Edelfreier, zur Stadt stattgefunden haben könnte.

Aber nach neueren Erkenntnissen hatte Belrein von Eselsberg ebenfalls keinen Besitz in Oberriexingen und hätte zudem als Niederadeliger seinerzeit auch keine Befugnisse gehabt, Stadtrechte zu verleihen. Eine Stadterhebung war normalerweise eine Angelegenheit von Grafen und Königen. Also kurz und gut – gesichert ist, dass Oberriexingen mindestens seit 1360 Stadt ist. Das älteste Stadtsiegel stammt übrigens aus dem Jahr 1451.

Stadtrecht heute

Als jüngste Stadt im Landkreis Ludwigsburg hat Tamm am ersten März 2022 das Stadtrecht erhalten. Was wiederum zu der Frage führt, welche Voraussetzungen heutzutage erfüllt sein müssen, um das Stadtrecht zu erhalten.

Nach Auskunft des Landratsamtes führen die Gemeinden die Bezeichnung „Stadt“, denen diese nach bisherigem Recht zusteht. Die Landesregierung kann auf Antrag die Bezeichnung „Stadt“ an Gemeinden verleihen, die nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und ihren kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen städtisches Gepräge tragen. Als städtische Siedlungen gelten in Deutschland laut amtlicher Statistik Gemeinden mit Stadtrecht ab 2000 und mehr Einwohnern. Von einer Landstadt sprechen die Behörden bei 2000 bis 5000 Einwohnern, eine Kleinstadt hat 5000 bis 20 000 Einwohner, eine Mittelstadt 20 000 bis 100 000 Einwohner, Großstädte haben nach dieser Einordnung über 100 000 Einwohner. Die Landesregierung gibt nach Angaben des Landratsamtes zudem folgende Kriterien zur Erhebung zur Stadt vor: Der Ort hat mindestens 10 000 Einwohner von denen der Hauptanteil auf ein im Wesentlichen geschlossenes Siedlungsgebiet entfallen muss.

Städtisches Gepräge ist ebenso ein Kriterium. Dazu zählt, dass auch genügend Straßen, Gehwege, Parkplätze, Grünanlagen, Kultur-, Bildungs-, Sport und Freizeiteinrichtungen sowie eine angemessene ärztliche Versorgung und Einkaufsmöglichkeiten vorhanden sind. Industrie- und Gewerbebetriebe sollten, wie es heißt, in maßgeblicher Zahl vorhanden sein. Die Gemeinde soll auch Entwicklungsmöglichkeiten in Bezug auf die Verkehrsverhältnisse und auf die Erschließung von neuem Bau-, Industrie- und Gewerbegelände haben und – die Gemeinde muss Mittelpunkt ihres Verwaltungsraumes sein. Das heißt, sie muss für die umliegenden Gemeinden eine zentralörtliche Funktion, etwa im Schulbereich oder bei der ärztlichen Versorgung erfüllen

 
 
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