Ludwigsburg Freimaurer: Die Männer in Smoking

Von Helena Hadzic
Freimaurer Andreas Hoffmann in einer dunklen Kammer. Der Totenkopf symbolisiert die Zeit, die man auf Erden nutzen soll, um an seiner Persönlichkeit zu arbeiten. Foto: /Martin Kalb

Logen-Mitglied Andreas Hoffmann räumt im Gespräch mit der BZ mit Mythen und Legenden auf. Er verrät, welche Erzählungen über die Bruderschaft stimmen und welche frei erfunden sind.

Filme wie „The Da Vinci Code – Sakrileg“ sind ein Grund dafür, dass über Freimaurer-Logen gesprochen wird. Verschiedene Mythen und Verschwörungstheorien kursieren über die Bruderschaft, es wird gemunkelt, dass sie eine weltweite Elite sei, die die Geschicke ganzer Staaten, wenn nicht der ganzen Welt lenken soll. Auf der amerikanischen Ein-Dollar-Note wollen Anhänger dieser Theorie den Beweis erkennen, denn darauf zu sehen ist das wohl bekannteste Freimaurer-Symbol: das allesehende Auge, welches für Wahrheit und Weisheit stehen soll. Hatten die Freimaurer da etwa ihre Finger im Spiel? Ziehen sie womöglich im Hintergrund die Fäden, um ihre eigene Agenda auf weltlicher Bühne durchzusetzen? „Nicht wirklich“, sagt Andreas Hoffmann und lacht. Woher er das weiß? Hoffmann gehört seit 24 Jahren der im Jahr 1855 gegründeten Ludwigsburger Freimaurerloge an, die knapp 40 ausschließlich männliche Mitglieder umfasst und dessen Sitz das Haus der Freimaurer, Johannes zum wiedererbauten Tempel, ist. Insgesamt gibt es in Deutschland 14 000 Brüder. Viele der Gerüchte entspringen der bloßen Fantasie, meint er. Und dennoch umgeben die Loge Geheimnisse, die Fragen aufwerfen und gewissermaßen auch der Grund für die vielen Theorien sind. „Dafür sind wir teilweise auch selbst verantwortlich“, sagt der Freimaurer. Um den Rest kümmere sich Fiktion aus Film und Fernsehen.

Damit will Hoffmann aufräumen: „Wir sind nur freidenkende Menschen, die an sich selbst arbeiten wie der Steinmetz an einem rauen Stein – wir schlagen die Kanten der Unvollkommenheit ab“, bestätigt er im Gespräch mit der BZ. Das ist auch der Grund, warum Steinmetz-Symbole wie Maurerkelle, Winkelmaß und Zirkel zu den Freimaurer gehören, wie Stift und Papier zu einem Schriftsteller.

Das Unvollkommene soll weg

Das Unvollkommene soll weg, die beständige Arbeit an dem eigenen Wesen und der Persönlichkeit steht im Fokus, dafür stehen die Freimaurer. Was aber meinen die Brüder mit „unvollkommen“? Hoffmann zählt Unehrlichkeit, Vorurteile gegenüber Menschen und Intoleranz als Beispiele auf. Auf entgegengesetzter Seite stehen die Ideale, nach denen die Mitglieder streben: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und die Humanität, die die vier Grundsäulen vereint als der „Tempel der Humanität“, ein Symbol der Freimaurer. Kein Wunder, denn die Freimaurer entspringen der Bewegung der Aufklärung. Die Mitglieder sehen sich als Gegenstück zur herrschenden Macht, daher gibt es außer den Säulen keine festgelegten Gesetze oder Glaubensbekenntnisse, auch nicht, wenn es um Religion geht.

Was Hoffman in die Loge zog? „Das Geheimnisvolle, eben das Klischee, zog mich schon in jungen Jahren an“, sagt er. Mit einem Kommilitonen tauschte er sich in seiner Studienzeit aus, teilte mit ihm sein Interesse an der Freimaurerei. Erst durch einen Zufall wurde aus Faszination auch Realität: Durch seine Frau lernte er einen Freimaurer kennen, der heute übrigens Hoffmanns Schwiegervater ist. Nach ein paar öffentlichen Logen-Abenden, wurde der damals 34-Jährige im Jahr 2000 ein Bruder der Ludwigsburger Loge. Heute bedeutet die Freimaurerei für ihn der Kontakt zu Brüdern, die auch weiter weg wohnen können, wie etwa ein irischer oder indischer Bruder, die beide schon zu Besuch waren. „Die Faszination hatte dann nichts mehr mit Geheimniskrämerei zu tun, denn man versteht, worum es geht“, sagt Hoffmann heute.

Das Geheimnisvolle sei lediglich das Versprechen, das man abgibt: Internes darf nicht nach außen getragen werden. „Da geht es ganz einfach um Vertrauen“, betont Hoffmann. Alles, was in der Loge gesagt und getan wird, bleibt in der Loge, lautet die Devise. Das zweite Geheimnis ist die Tempelarbeit. Er könne aber verstehen, dass das für Außenstehende nicht nachvollziehbar sei, daher organisiere die Loge immer wieder öffentliche Logen-Abende, an denen die Szenarien in vereinfachter Form nachgestellt werden.

Alle müssen einverstanden sein

Aber was machen die Freimaurer im „Tempel“? Hoffmann gibt Einblicke in das Aufnahme-Ritual. Bevor ein Interessent, „Suchender“ genannt, Mitglied werden kann, findet zuvor die „Kugelung“ statt, die eine Art Abstimmung unter den Brüdern ist. Die Brüder werfen dabei entweder schwarze oder weiße Kugeln in ein Gefäß. Sind ausschließlich weiße Kugeln dabei, wird der „Suchende“ aufgenommen. Ist nur eine schwarze dabei, wird der Interessent abgelehnt. „Es müssen alle einverstanden sein“, sagt Hoffmann. Im nächsten Schritt folgt die Aufnahme im Tempel mit einigen Rituale. So ist es üblich, dass der „Suchende“ in einer dunklen Kammer wartet. Ein Mitglied der Bruderschaft, der „vorbereitende Bruder“, ist beim ihm, um ihn dort Angst und Sorge zu nehmen und drei Fragen zu stellen. Welche das sind, möchte Hoffmann nicht verraten. Mit einer Augenbinde wird er dann vom Zeremonienmeister, der einen Zeremonienstab bei sich hat, vor den Tempel-Saal gebracht.

„Suchender“ bittet um Aufnahme

Dort muss er drei Mal klopfen, bevor von innen gefragt wird: „Wer kommt?“ Die Antwort lautet: „Das ist der Suchende, der um Aufnahme gebeten hat“. Im Saal warten die Brüder und der „Meister des Stuhls“, der Vereins-Vorsitzende Siegmar Schoser. Nun muss der Neuling „drei symbolische Reisen“ machen, die für die Elemente Feuer, Wasser und Erde stehen. Er läuft drei Mal im Kreis um die Feuersäulen in der Mitte und bekommt gesagt, was von ihm erwartet wird, und was er von den Freimaurern erwarten darf. Danach erst wird ihm die Augenbinde abgenommen. Auch werden „Zeichen, Wort und Griff“ erklärt, daran erkennen sich die Freimaurer untereinander, wie mit einem Passwort. Zum Schluss wird dem „Suchenden“ sein Schurz überreicht, das Symbol für Steinmetze, und ein Bijou mit einem Freimaurer-Symbol. Die anderen Schritte während des Rituals seien nur den Eingeweihten vorbehalten. Übrigens: Statt langen Roben werden schwarze Smokings mit weißen Handschuhen getragen. „Wir sind dem Anlass entsprechend gekleidet“, sagt Hoffmann.

Zentral für die regelmäßige Treffen, Tempelarbeit genannt, ist das Ritual und die „Zeichnung“, das bedeutet die Beschäftigung mit unterschiedlichen Themen. Der Begriff stammt von den Schiefertafeln, die früher verwendet wurden, um die Symbole zu zeichnen und sich diese immer neu zu erklären. Heute gibt es keine Zeichnungen mehr, dafür aber Vorträgen, auf die sich immer ein Bruder vorbereitet. Jedes Thema ist möglich, so der Freimaurer. Beispielsweise philosophische Themen wie Moral, oder auch die Kultur und Politik in Europa. Zudem gibt es immer ein Jahresthema.

In Ludwigsburg kann man übrigens die drei Grade Lehrling, Geselle und Meister erreichen, obligatorisch für Johannes-Logen. Das Jahresende der Ludwigsburger Freimaurer ist der 21. Juli – der Tag des Johannes der Täufers, weil die Sonne da am höchsten steht. Das Licht stehe für Wahrheit, nach der die Freimaurer suchen.

 
 
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