Ludwigsburg Hohe Haftstrafe für Flaschenattacke

Von Henning Maak
Der Angeklagte wurde wegen versuchten Totschlags, gefährlicher und schwerer Körperverletzung verurteilt. Foto: /Imago/Dirk Sattler

Ein 19-jähriger Ludwigsburger muss für fast fünf Jahren ins Gefängnis. Der Mann hatte am Ludwigsburger Bahnhof einen 26-Jährigen aus Bietigheim-Bissingen mit einer Flasche schwer verletzt.

Mit einer hohen Haftstrafe, aber dennoch nicht so schlimm, wie zu befürchten war, ist der Prozess wegen eines Angriffs mit einer Flasche am Ludwigsburger Bahnhof für einen 19-Jährigen zu Ende gegangen. Die 3. Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart verurteilte den mehrfach vorbestraften Ludwigsburger unter Einbeziehung von drei Urteilen des Amtsgerichts Ludwigsburg zu einer Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten wegen versuchten Totschlags, gefährlicher und schwerer Körperverletzung. Als nicht erwiesen sah das Gericht den Tatbestand der Heimtücke an, sodass der ursprünglich erhobene Anklagevorwurf des versuchten Mordes fallen gelassen wurde.

Nach Ansicht des Gerichts traf der Angeklagte, der in Begleitung von zwei jungen Frauen war, im August vergangenen Jahres gegen 2.45 Uhr am Ludwigsburger Bahnhof auf das 26-jährige Opfer aus Bietigheim-Bissingen, der mit ein paar Freunden auf der Ludwigsburger Weinlaube gewesen war. Es kam zu einem Wortwechsel, bei dem unter anderem die Worte „Was guckst du so?“ fielen. Der 26-Jährige lief dann weiter zu seiner S-Bahn, als ihm der Angeklagte, der zuvor massiv Alkohol und Drogen konsumiert hatte, aus kürzester Distanz die Weinflasche an den Kopf warf.

Vom 26-Jährigen bedroht gefühlt

Er hatte über seine Verteidigerin erklären lassen, dass er sich von dem größeren 26-Jährigen angeschaut und bedroht gefühlt und die Flasche nur geworfen habe, um sich einen Vorsprung für seine Flucht zu verschaffen. „Ich war überrascht, dass ich ihn überhaupt getroffen hatte und bedauere zutiefst, dass er durch meine Kurzschlussreaktion so schwer verletzt worden ist“, hatte der Angeklagte mitteilen lassen. Im Prozess hatte er sich bei dem 26-Jährigen entschuldigt.

Für diesen hatte der Angriff jedoch verheerende Folgen. Er war nach dem Aufprall der Flasche auf seinen Kopf zu Boden gegangen und in einem Meer aus Glassplittern gelandet. Einige davon drangen in sein Gehirn. Er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma, Blutungen im Gehirn und ein Hämatom. Da die Verletzungen lebensgefährlich waren, musste er im Krankenhaus mehrere Stunden lang notoperiert werden.

Der 26-Jährige hatte erklärt, er habe den Schlag überhaupt nicht gespürt. „Ich fühlte mich wie auf eine andere Ebene gebeamt. Gerade eben bin ich noch gelaufen, und dann lag ich auf dem Boden und habe versucht, zu überleben“, hatte er vor Gericht plastisch ausgeführt. In den folgenden sieben Tagen im Krankenhaus habe er „die Hölle durchlebt“, ohne Schmerzmittel sei nichts gegangen. Anfangs konnte er kaum sprechen, da das Sprachzentrum im Gehirn getroffen worden sei. Seine gesamte rechte Körperseite sei anfangs weit gehend gelähmt gewesen. „Ich hatte Angst, dass ich sterben werde“, hatte der 26-Jährige gesagt.

Sein Studium musste er unterbrechen, weil er wegen der Arzttermine keine Zeit gehabt hatte und nicht mehr schreiben konnte. „Ich kann heute noch grob zugreifen, aber nicht mehr gezielt einzelne Finger ansprechen“, hatte er seinen Zustand beschrieben. In einer Rehabilitation wurde die rechte Hand wieder mobilisiert.

Sportarten wie Rugby, Basketball und Boxen, die er vor dem Vorfall ausgeübt habe, könne er nicht mehr machen, hatte der Bietigheimer erklärt. Auch psychisch leide er bis heute unter den Folgen: Er drehe sich regelmäßig um und schaue, was in seinem Rücken passiert.

Ein Stück weit hatte sich der 26-Jährige sogar die Mitschuld an dem Vorfall gegeben: „Der verbale Streit war unnötig. Es war dumm, dass ich mich darauf eingelassen habe“, hatte er eingeräumt. Er sei in diesem Moment wahrscheinlich auch unaufmerksam gewesen, die Weinflasche in der Hand des Angeklagten habe er nicht gesehen.   Henning Maak

 
 
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