Was hat es eigentlich mit den ganzen Serviceclubs auf sich? Ob nun die Rotarier, der Lions-Club oder auch der rein von Frauen besetzte Inner Wheel Club. Immer wieder bekommt man mit, dass sie sich wohltätig engagieren, hier und da mitmischen – aber warum eigentlich? Aus reiner Herzensgüte oder doch eher, um ein Netzwerk aufzubauen, welches nur Auserwählten zugängig ist – eine Art Zirkel?
Ludwigsburg „Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben“
Der Inner Wheel Club Ludwigsburg feiert sein 100-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass verrät Präsidentin Carmen Kaspar, was ihr Serviceclub eigentlich macht.
Im Internet kursieren viele Theorien. Etwa, dass diese Clubs vor allem eines ausmacht: Die Mitglieder sind reich und gehören einer Elite an. Sie arbeiten in hochrangigen Positionen und haben Einfluss – Vitamin B ist hier das Stichwort. Aber geht es wirklich darum? Nein, sagt Carmen Kaspar, die Präsidentin des Inner Wheel Clubs Ludwigsburg.
„Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben und in einem Team ist es leichter, etwas zu bewirken“, sagt die 65-jährige Affalterbacherin. Was genau die Mitglieder der weltweiten Frauenorganisation bewirken wollen, erzählt Kaspar zum 100-jährigen Jubiläum im Gespräch mit der BZ.
Weltweit: 4000 Clubs
Der Inner Wheel Club – zu Deutsch inneres Rad – bringt es weltweit in 104 Ländern auf nahezu 4000 Clubs mit 108 000 Frauen. Allein in Deutschland gibt es circa 8500 Mitglieder, verteilt auf insgesamt 231 Clubs. Jeder Zusammenschluss gehört einem Gebiet an, den sogenannten Distrikten. Im Fall der Ludwigsburger Clubs ist das der Distrikt 86, der bis zum Bodensee reicht.
Carmen Kaspar, die an einer Universität in einem Institutssekretariat arbeitet, ist eines der Inner Wheel-Mitglieder und seit vergangenem Jahr zudem die Präsidentin des Ludwigsburger Clubs. Zu Inner Wheel kam sie, weil sie sich sozial engagieren und zudem andere Frauen nach ihrem Umzug nach Affalterbach kennenlernen wollte. Ihr Mann ist Rotarier und ihr Sohn im Rotaract-Club.
Das Alter der Inner Wheel Mitglieder liegt zwischen 42 und 83 Jahren. An jedem ersten Mittwoch im Monat treffen sich die 37 Frauen. Zudem gibt es vier Mal im Jahr eine Vorstandssitzung. Bei den Treffen werden die sogenannten „Regularien“ besprochen, wie etwa nationale oder internationale Vorstandswahlen, oder die Feier zum 100-jährigen Bestehen im September.
Auch allerlei Spenden-Projekte werden besprochen. Die Planung des Jahres wird in der Regel stark von der Präsidentin geprägt, wenn es beispielsweise um Vorträge oder Ausflüge geht. In diesem Jahr geht es für die „Freundinnen“, wie sich die Frauen untereinander nennen, nach Göttingen – dort wohnte Kaspar vor ihrem Umzug. Aber: „Bei uns geht es demokratisch zu, es gibt immer sehr lebhafte Gespräche und Diskussionen, wenn es um die Planung geht“, erzählt Kaspar.
Wer unterstützt wird
Gespräche darüber, in welches Projekt Energie und Geld investiert werden soll gibt es im Club immer. „Wir unterstützen lediglich Organisationen und Projekte, die auch wirklich die Unterstützung benötigen“, stellt die Präsidentin klar. Das kann beispielsweise die Vesperkirche Ludwigsburg sein, wo ehrenamtlich mitgeholfen und angepackt wird. Aber auch eine Vielzahl an regionalen Einrichtungen können sich über das Engagement der Frauen freuen. Darunter sind beispielsweise die Tafel Ludwigsburg, Frauen für Frauen, die Wohnungslosenhilfe im Landkreis oder auch der ambulante Kinderhospizdienst der ökumenischen Hospizinitiative.
Besonders wichtig sei dem Club dabei der persönliche Kontakt zu den Einrichtungen. „Wir versuchen daher, regional zu bleiben, aber hin und wieder unterstützen wir auch international“, sagt Kaspar. Dieses Jahr hat sich Kaspar als großes Projekt die Unterstützung der Organisation „Help! – Wir helfen!“ in Schwäbisch Hall ausgesucht. Diese hilft Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (Hasenscharte) auf den Philippinen. Dort werden Kinder mit diesem Gendefekt aus der Gesellschaft ausgestoßen, erzählt die Präsidentin.
Eine Operation vor Ort kostet zwischen 400 und 500 Euro – die Organisation übernimmt die Kosten. Dafür haben die Freundinnen Geld gesammelt. 2500 Euro sind insgesamt zusammengekommen, das reicht für etwa fünf Operationen. Der obligatorische Geldbetrag der Spenden liegt bei 1000 bis 1500 Euro. Das Geld nimmt die Organisation übrigens über Privatpersonen ein, im vergangenen Jahr wurde etwa eine Spendenaktion zu einem runden Geburtstag gestartet, um das Hospiz zu unterstützen.
„Die Privatpersonen können ihr Wunschziel natürlich angeben“, meint Kaspar. Oder aber die Frauen entscheiden, an welche Organisation gespendet werde.
Einnahmen aus Verkäufen
Durch die jährliche Maultaschenaktion vor Ostern nehme sie weiteres Geld ein: Jedes Jahr vor Ostern werden circa 2500 Maultaschen hergestellt, um diese zu verkaufen. „Wir stellen uns auch selbst in die Küche und arbeiten, wie bei der Maultaschen-Aktion.“
Auch der jährlich im September stattfindende Kleidermarkt im Ludwigsburger Kulturzentrum sei eine große Einnahmequelle, da verkaufen die Freundinnen gebrauchte, gut erhaltene Kleidung. Kaspar betont, dass eine Mitgliedschaft mit Verpflichtungen und „harter Arbeit“ verbunden sei.
Doch kann man bei Inner Wheel einfach so Mitglied werden? Ein Elite-Denken gebe es dort nicht, sagt die Präsidentin. „Bei uns ist jeder willkommen, den Gehaltszettel muss man bei Eintritt nicht mitbringen“, sagt Kaspar lachend. Alle Einkommensgruppen seien im Club vertreten.