Ludwigsburg IHK: Müssen zurück in die Champions League

Von Michael Soltys
Beim Jahresempfang der IHK in Ludwigsburg zeichneten die Rednerinnen und Redner ein düsteres Bild für die Wirtschaft im Kreis und ganz Deutschland. Foto: /Martin Kalb

Beim Jahresempfang der IHK in Ludwigsburg zeichneten die Redner ein pessimistisches Bild der Wirtschaftslage und der Stimmung in Deutschland.

In den Reihen der Unternehmer ist die Unzufriedenheit mit der aktuellen Wirtschaftspolitik in Deutschland groß, fast täglich müssen sich Bundeskanzler Scholz und sein Kabinett harsche Kritik von den Wirtschaftsverbänden anhören. Das war auch am Montag beim Jahresempfang der Industrie- und Handelskammer im „urbanharbor“ in Ludwigsburg zu spüren.

Vor den Führungskräften aus Industrie und Handel, vor Bürgermeistern und Politikern aus Bund und Land, vor den Vertretern von Bildung und Kultur versprach IHK-Präsident Julian Pflugfelder zwar, sich in seiner Rede auf das zu konzentrieren, was die Unternehmen in der Region bewegen können. So ganz jedoch konnte er sich nicht an dieses Versprechen halten.

In großen Teilen zeichnete er ein pessimistisches Bild der Stimmung in den Reihen der Wirtschaft. „Unsere Generation baut keine Substanz mehr auf“, sagte Pflugfelder. Die Menschen verlören die Leistungsbereitschaft als Triebfeder für die Zukunft aus dem Auge. Sie lebten in einer „Wohlstandsblase“ nach dem Motto: „Stillstand ist Bewegung genug.“

Es fehlt der Ruck

Pflugfelder erinnerte an die bekannte „Ruck-Rede“ des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog. Nach 25 Jahren sei die Forderung, durch Deutschland müsse ein Ruck gehen, aktueller denn je. Die Region verfüge über eine „großartige Ausgangslage“, doch „wir befinden uns in fast allen Bereichen auf einem absteigenden Ast“. Das Bildungsniveau sinke, Fachkräfte verlassen die Region.

Unternehmen müssten zu viel Kraft in bürokratische Prozesse stecken. Stellvertretend dafür nannte Pflugfelder das Lieferkettengesetz. Wie nachhaltig könne ein solches Gesetz sein, „wenn es keine Unternehmen mehr gibt, die es umsetzen können?“, fragte er. Wie sinnvoll seien visionäre Bildungskonzepte, wenn es nicht genug Lehrer gebe, um den Kindern lesen, schreiben und rechnen beizubringen? Und was brächten offene Grenzen, wenn der Weg in den Arbeitsmarkt für viele Einwanderer versperrt sei?

Was nötig sei: Wegbereiter, ökonomisch denkende Menschen in verantwortlichen Positionen, lebensnahe Politiker, die mit den praktischen Problemen der Betriebe vertraut seien. Kurz: jemand wie der frühere Ministerpräsident Lothar Späth, ein risikobereiter Mensch, ein „Schaffer“, der neue Projekte auf den Weg bringe. „Wir brauchen Verfahren, die Innovationen beschleunigen, statt zu lähmen.“

Das Ziel müsse es sein, dem Weg des VfB zu folgen: letztes Jahr in Abstiegsgefahr, dieses Jahr in der Champions League. „Alles ist möglich“, sagte Pflugfelder. Vor allem aber müssen sich die Unternehmen Gehör verschaffen und ihren Wert für die Gesellschaft nach außen tragen. Das war eine der Kernbotschaften von Sarna Röser.

Die Unternehmerin führt in Mundelsheim in dritter Generation ein Familienunternehmen, das Stahlbeton-Rohre und Beton-Fertigteile herstellt. In ihrem Impulsvortrag forderte sie mehr Aufbruchstimmung, mehr Lautstärke von den Unternehmern. Seit 2018 ist Röser Bundesvorsitzende des Wirtschaftsverbandes Junger Unternehmer. In dieser Funktion habe sie sich in Talk-Shows gesetzt und Interviews gegeben. „Wir müssen Stellung beziehen“, forderte sie ihre Kollegen auf.

Nachfolger fehlen

Alle Zahlen zeigten: „Wir schmieren ab.“ Junge Leute interessierten sich zu wenig für das Unternehmertum. Gleichzeitig stehe eine Welle der Übernahme an. Mehr als die Hälfte der Betriebe habe noch keinen Nachfolger.

Der Unternehmergeist schwinde: Die Globalisierung, die Möglichkeit zu reisen, das alles lasse Alternativen zur Selbstständigkeit reizvoller erscheinen. Ein Drittel der Jugendlichen strebe an, Beamter zu werden. Rund 60 Prozent der jungen Leute haben ein negatives Bild vom Unternehmertum.

Wie also lassen sich junge Menschen begeistern, selbst wirtschaftlich aktiv zu werden, fragte Röser? Es sei notwendig, bessere Geschichten über Unternehmer zu erzählen, die Vorteile und den Nutzen für die Gesellschaft herauszustreichen. „Cool“ wäre es auch, wenn auf den Unternehmens-Kanälen der sozialen Medien mehr passiert. Die Unternehmen müssten Präsenz zeigen, „raus gehen“, so Röser. Das politische Engagement sei nicht nur Kür, sondern Pflicht.

 
 
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