Ludwigsburg Lautes Mitsingen in der stillen Disco

Von Johannes Stiefel
Auf dem Franck-Areal in Ludwigsburg wurde am Samstag recht „still“ gefeiert. Bei der „Silent Disco“ konnten sich die Besucher über Kopfhörer ihre Musik selbst aussuchen. Foto: /Martin Kalb

Auf dem Franck-Areal in Ludwigsburg fand am Wochenende die Veranstaltung „Silent Disco“ statt, bei der die Besucher mit Hilfe von Kopfhörern ihre eigne Partymusik wählen konnten. Die BZ hat sich umgesehen.  

Wer am vergangenen Samstagabend den Ludwigsburger Bahnhof in Richtung MHP-Arena verlassen hat, hätte wohl kaum vermutet, dass nur wenige Meter entfernt, auf dem Franck-Areal, etwa 300 Menschen ausgelassen zu ihren Lieblingshits tanzen und feiern. Der Grund: Die Musik in einer sogenannten „Silent Disco“, zu Deutsch „stillen Disco“, wird nicht wie üblich über Lautsprecher abgespielt, sondern über Kopfhörer, von denen jeder Gast gegen Pfand ein Paar erhält.

Neben der Vermeidung von Lärm hat das Konzept noch einen weiteren Vorteil: Nicht jede Person muss die gleiche Musik hören. „Jederzeit hat man die Auswahl zwischen drei Hörkanälen und Musikrichtungen, da ist für alle etwas dabei“, sagt Jan Pfirrmann, der für den Veranstalter der Partyreihe arbeitet.

Musik auch für Kinder

Und das stimmt: Neben einem Kanal für Rock und Indie kann man sich auch für Elektro oder „das Beste und Schlechteste der 2000er“ entscheiden, wobei je nach Uhrzeit noch weitere Genres variieren. So ist etwa am frühen Abend ein Kanal extra für Kinder reserviert, die zudem freien Eintritt genießen.

„Ich finde das Konzept total cool, vor allem, dass die Musik so vielfältig ist. Wenn einem etwas nicht gefällt, schaltet man einfach um“, sagt Tina Hofert, die regelmäßig zur „Silent Disco“ kommt und heute ihre Familie mitgebracht hat. Auch ihr Sohn Jonas kann die Veranstaltung anderen Kindern nur weiterempfehlen.

Für jemanden, der sich das erste Mal auf eine Party dieser Art gewagt hat, sind die ersten Minuten sicherlich ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Etwas umständlich hantiert man zunächst an seinen Kopfhörern herum, an denen man neben der Lautstärke auch die Kanäle variieren kann. Welchen Kanal man gerade hört, ist für andere an der Farbe sichtbar, in der die Kopfhörer leuchten. Möchte man miteinander kommunizieren, reicht es eine Seite der Kopfhörer etwas zur Seite zu schieben oder die Musik einfach leiser zu drehen. Hat man die Startschwierigkeiten erst einmal überwunden, beginnt man zu verstehen, warum die Idee einer „Silent Disco“ nicht nur im Club „Hi.Francky“ auf dem Franck-Areal in Ludwigsburg, sondern auch weltweit Erfolg hat.

Ganz ohne Schreien

Zum einen ist es sehr angenehm, sich in normaler Lautstärke unterhalten zu können, wenn man die Kopfhörer abnimmt oder dem Personal an der Bar nicht wie in konventionellen Clubs die Bestellung direkt ins Ohr schreien muss. Zum anderen scheint sich durch die gefühlte Anonymität, die man durch das Aufsetzen der Kopfhörer verliehen bekommt, eine ganz eigene Kultur um das Konzept entwickelt zu haben.

„Die Leute singen völlig ungehemmt mit und jeder tanzt zu etwas anderem, das liebe ich“, sagt Hannah Reifenstein, die bei jeder „Silent Disco“ im Raum Stuttgart dabei ist. Als der Song „Schrei nach Liebe“ von der Band „die Ärzte“ auf dem Rock-Kanal angespielt wird und die ganze Halle samt Außenbereich mitgrölt, lässt sich das gut beobachten. „Der Song funktioniert immer“, kommentiert Jan Pfirrmann vom Veranstalter an dieser Stelle lachend.

Der beste Song gewinnt

Zwischen den Kanälen scheint zudem ein regelrechter Wettbewerb zu bestehen. Laut Pfirrmann ist das „pure Demokratie, der beste Song gewinnt“. Häufig scheint es aber einfach die Neugierde zu sein, die siegt, wenn man beobachtet, dass ein Kanal gerade besonders beliebt ist. „Wenn plötzlich alle auf Blau wechseln, will man wissen, was da läuft“, sagt auch Tina Hofert. Die in verschiedenen Farben leuchtenden Kopfhörer sind jedoch nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern sorgen auch für ein besonderes Ambiente. In der offenen und nur wenig beleuchteten Halle des Clubs „Hi.Francky“ wirken die bunten Punkte, die sich mit den tanzenden Gästen auf und ab bewegen, ein wenig wie Glühwürmchen.

Wer besonders viel Wert auf die perfekte Tonqualität oder satten Bass legt, wird an dem Sound der Kopfhörer, der per Funk übertragen wird, vielleicht etwas auszusetzen haben. Für alle, die jedoch einfach die Lust verspüren, zu den Klassikern verschiedenster Musikrichtungen in ungezwungener Atmosphäre zu tanzen und zu singen sowie anschließend ohne Tinnitus nach Hause zu gehen, ist die „Silent Disco“ einen Besuch wert.

Auf dem Franck-Areal in Ludwigsburg sind in diesem Jahr noch zwei weitere Termine im Juli und September geplant.

 
 
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