Marbach Barrierefrei mit App

Von Petra Neset-Ruppert
Mit der App „Dinable“ möchte die Architektin Amelie Hofer aus Marbach barrierefreies Bauen erleichtern. Die App entstand im Rahmen ihrer Abschlussarbeit. Foto: /Richard Dannenmann

Die 25-jährige Amelie Hofer entwickelte für ihre Masterarbeit die App „Dinable“ mit der die Planung für Barrierefreies Bauen erleichtert wird.

Das Thema schwirrte mir schon immer im Kopf herum“, sagt Amelie Hofer aus Marbach. Die 25-Jährige hat für ihren Masterabschluss in Architektur an der Universität Stuttgart eine App entwickelt, mit der Barrierefreies Bauen einfacher gemacht werden soll. Das Problem beginne nämlich schon häufig bei der Planung: „Die Architekten bekommen dann häufig die Rückmeldung, dass eine bestimmte Planung mit einer DIN-Norm kollidiert, doch was diese genau beinhaltet und warum sie so wichtig ist, muss dann erst in den sogenannten Handreichungen nachgelesen werden. Das ist umständlich“, erzählt die Masterabsolventin.

Bei ihren Praktika während des Studiums kamen immer wieder die Architekten auf sie zu und fragten, warum denn zum Beispiel in einem Türbereich unbedingt die 1,50 Meter Freifläche benötigt würden, denn das werfe das ganze Konzept durcheinander. „Ich konnte dann zeigen und erklären warum Menschen, die im Rollstuhl sitzen, diese freie Fläche für die Bewegung benötigen und weshalb das ein essenzieller Teil der Barrierefreiheit ist“, erinnert sich Hofer.

Barrierefreiheit fehlt im Studium

Die Marbacherin ist an spinaler Muskelatrophie erkrankt und sitzt seit ihrem dritten Lebensjahr im Rollstuhl. Die fehlende Inklusion im Baubereich sei auch mit einer der Gründe gewesen, weshalb sie Architektin werden wollte und damit das Thema Barrierefreiheit voranbringen (die BZ berichtete). Doch bereits im Studium merkte sie, dass Barrierefreiheit kaum ein Thema in Vorlesungen und Seminaren war.

Bei einer Fortbildung zum Barrierefreien Bauen kam die 25-Jährige mit einem Architekten ins Gespräch, der ebenfalls im Rollstuhl sitzt. Dabei waren sie sich einig, dass inklusives Bauen leichter werde, wenn man den Planern unkompliziert vermitteln könne, weshalb bestimmte DIN-Regeln einzuhalten sind. „So entstand die Idee für meine Masterarbeit.“ Doch nach der Idee folgte die nächste Hürde: „Programmieren ist nicht der klassische Weg für eine Architektin. Ich habe erst einmal zwei Institute angefragt, ob ich meine Arbeit so bei Ihnen machen kann. Das Institut, das sich unter anderem mit Robotik beschäftigt, nahm mich dann“, erzählt Hofer.

Also lernte sie „noch schnell programmieren“ – erst einmal mit dem Programm Python, dass sich aber als ungeeignet für ihre Zwecke erwies, dann mit Java Script. So entstand die App „Dinable“ mit der Architekten ein Werkzeug an die Hand gegeben werden soll, das frühzeitig vor Planungsfehlern warnt und gleichzeitig auch erklärt, woran es liegt.

In der derzeitigen Version kann man eine Datei der eigenen Planung auf die Seite setzen und dann das Programm seine Arbeit machen lassen. Bereiche, die nicht der Barrierefreiheit laut DIN-Normen entsprechen, werden in rot angezeigt und in einer Legende an der Seite wird dann erklärt, was das Problem ist. Auf dem Plan kann man dann direkt ausprobieren, wie die Planung barrierefrei wird. Bevor Hofer die Arbeit einreichte, ließ sie Architekturstudenten das Programm ausprobieren. „Da bekam ich dann häufig die Rückmeldung: Wie, so was gibt es noch nicht?“, erinnert sich die Marbacherin.

Nachdem sie ihr Masterstudium nun mit 1,0 abgeschlossen hat, ist sie jetzt auf Jobsuche. Parallel dazu arbeitet sie auch weiter an ihrer App: „Ich schreibe gerade an einem Artikel für ein Fachmagazin und hoffe, dass die Idee der App so einem größeren Publikum bekannt wird.“

Inklusive App noch inklusiver?

Neben einer Arbeit als Architektin hofft sie auch, dass „Dinable“ aufgegriffen und dann vielleicht auch weiterentwickelt wird, denn derzeit bezieht sich die Planung nur auf Menschen im Rollstuhl; darauf habe sie sich für ihre Abschlussarbeit konzentriert.

Wenn man dann auch noch die App Inklusiver machen und damit die Bedürfnisse aller Menschen mit Behinderung berücksichtigen könnte, wäre das ein großer Schritt. „Ein direkter Austausch mit Menschen mit Behinderung über die App, das wäre wirklich gelebte Inklusion. Ich bin offen für Menschen, die das weiterentwickeln“, antwortet Hofer auf die Frage, wohin es mit „Dinable“ in die Zukunft gehen soll.

Auch mit ihrer zukünftigen Arbeitsstelle will sie das Thema Inklusion im Bausektor voranbringen. „Barrierefreiheit von Anfang an mitzudenken macht Sinn und ist eine Bereicherung für die Planung“, ist Hofer überzeugt.

 
 
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