Hanf als Heilpflanze Wie Cannabis einem Bietigheimer hilft

Von Bigna Fink
Cannabidiol, kurz CBD, ist ein Bestandteil der Hanfpflanze und nicht psychoaktiv – es macht nicht „high“. CBD kann entkrampfend, schmerzstillend und entzündungshemmend wirken. Unter Auflagen ist CBD-Öl in Deutschland legal. Der THC-Gehalt muss dabei unter 0,2 Prozent liegen. Foto: IMAGO//Zeljko Dangubic

Die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken ist im Land umstritten. Als Medikament ist die Droge seit 2017 legal. Mit THC auf Rezept macht ein Patient mit Schlafstörungen aus Bietigheim-Bissingen sehr gute Erfahrungen. Er hält eine Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten für längst überfällig.

„Die Gesellschaft ist in der Steinzeit, was die Hanfpflanze in all ihren Facetten angeht“, meint Armin Fellner aus Bietigheim-Buch (Name von der Redaktion geändert). Weil der Konsum in Deutschland so stigmatisiert sei, selbst bei einem medizinischen Fall wie seinem, will er anonym bleiben. Im Gespräch mit der Bietigheimer Zeitung spricht er über seine Erfahrung mit Cannabis, das seit 2017 für medizinische Zwecke freigegeben ist und über die geplante Legalisierung der Droge zu Genusszwecken. Der Mitte-Dreißigjährige nimmt seit mehr als einem Jahr Cannabis gegen seine starken, krankheitsbedingten Schlafstörungen und sagt: „Es ist das einzige Mittel, das mir bisher wirklich geholfen hat.“

CBD als Schlafmedizin

Nach einem Unfall 2019 fing das Leiden an: Fellner bekam starken Tinnitus. Die chronischen Ohrgeräusche ließen ihn schlecht einschlafen und nicht durchschlafen. Depressionen und ein Burnout sowie zwei Reha-Kuren folgten. „Ich habe alles ausprobiert, was es an Tipps und Medikamenten gegen Schlafstörungen gibt“, sagt Fellner. Anti-Depressiva lösten bei ihm „extreme Nebenwirkungen“ aus, vor allem eine bleierne Müdigkeit tagsüber.

2020 bekam er Cannabidiol, CBD, verordnet. Die biochemische Verbindung aus dem weiblichen Hanf hat keine psychoaktive, berauschende Wirkung. „CBD beruhigte etwas und half, besser durchzuschlafen“, erzählt Fellner.

400 Euro pro Quartal

Seit Juni 2021 verordnet ihm ein Neurologe auf eigenen Wunsch medizinisches Cannabis mit der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol, kurz THC. „Das ist der Jackpot“, sagt Fellner. Er nimmt das Medikament als Öl, das er unter der Zunge zergehen lässt, oder inhaliert die verdampften Blüten. „Ich kann dadurch sehr gut ein- und durchschlafen und am nächsten Tag die Welt umarmen.“ Apotheken vor Ort hätten es ihm schwer gemacht, an das Mittel zu kommen. Also erhält er es postalisch von einer auf medizinisches Cannabis spezialisierten Apotheke in Leipzig. Derzeit muss er die rund 400 Euro pro Quartal selbst zahlen.

Fellner ist ein entschiedener Befürworter, den Cannabis-Konsum bei Erwachsenen zu entkriminalisieren. Der Bietigheimer sagt aber auch: „Es ist eine pflanzliche Droge, also jedes Mal eine andere Blüte. Sie wirkt bei jedem Menschen individuell.“ Deshalb sei Vorsicht geboten: „Jugendliche sollten aufgeklärt und vor jedem Drogenrausch, vor allem auch durch Alkohol, geschützt werden.“

 
 
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