Mordprozess um Tabitha E. Keine DNA des Angeklagten an Fundort und Leichnam

Von hevo
Noch immer ist am Fundort der getöteten Tabitha E. am Ufer der Enz zwischen Unterriexingen und Untermberg Absperrband der Polizei zu sehen. An der Uferböschung wurde der Leichnam abgelegt und fünf Tage später von der Kriminalpolizei gefunden. Foto: /Martin Kalb

Am vierten Prozesstag beschrieb die Kriminaltechnikerin den Fund der Leiche der getöteten Tabitha E. aus Asperg am Enzufer bei Unterriexingen. Die Spurenlage ist dünn, es läuft auf einen Indizienprozess hinaus.

Es herrschte eine sonderbare Stille am Ende des vierten Prozesstages in den Reihen der Zuschauer. Das öffentliche Interesse am Mordprozess vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Stuttgart, an dem der Fall der 17-jährigen Tabitha E. aus Asperg verhandelt wird, war von Beginn an groß und auch an diesem Mittwoch waren die Reihen im Verhandlungssaal gut gefüllt.

Es waren drei Zeugen geladen, eine davon war eine 34-jährige Kriminalhauptkommissarin aus Ludwigsburg. Sie entdeckte die Leiche des 17-jährigen Mädchens am 17. Juli 2022 – fünf Tage nach deren Verschwinden. An der Landstraße 1141 zwischen Unterriexingen und Untermberg, etwa 400 Meter nach der Brücke über die Enz wurde die Leiche des Mädchens gefunden. Die Landstraße war zu dem Zeitpunkt wegen Baumaßnahmen gesperrt, jedoch konnte man sie befahren.

Die Kriminaltechnikerin berichtet

Von einem „dicht bewachsenen Bereich an der Böschung“, berichtete die für diesen Fall zuständige Kriminaltechnikerin. Am Heckenbereich habe es einen etwa 60 Zentimeter breiten Durchgang gegeben, an dem das Gebüsch zerdrückt gewesen sei. Der leblose Körper des Mädchens wurde etwa 19 Meter von der Fahrbahn entfernt entdeckt. Aufgrund des Wildwuchses und der Brombeersträucher sei es schwer gewesen, den Leichnam zu erkennen, auch weil er mit Gestrüpp bedeckt gewesen sei.

Anhand der Kleidung ist die Identifizierung schnell geglückt: es war die vermisste Tabitha E. Dass der Körper des Mädchens genau dort liegengeblieben war, führt die Kriminaltechnikerin auf einen querliegenden Baumstamm zurück, der den Körper am Abrutschen hinderte.

Massive Verletzungen seien nicht feststellbar gewesen, jedoch gab es an Händen, Stirn, Bauch und Oberschenkel kleine Schürfungen und Hautdefekte. Es wurden zig Proben genommen, die vom Kriminaltechnischen Institut (KTI) in Stuttgart untersucht wurden. Jedoch sind „keine verwertbaren Befunde nachweisbar“, teilte die Kriminalhauptkommissarin mit. Es seien größtenteils „Mischspuren am Rande der Nachweisbarkeit“.

Am Fundort der Leiche wurden Reifenspurfragmente sichergestellt, doch diese „haben augenscheinlich nicht mit den Reifenspuren des Angeklagten übereingestimmt“, so die Kriminalhauptkommissarin weiter. In den Akten, die sie für das Gericht zusammengestellt hatte, waren Fotos von einem Kirschbaum am Enzufer zu sehen. Sie erklärte, dass im Flur der Wohnung des Angeklagten eine zertretene Kirsche sichergestellt wurde und der Verdacht aufkam, dass es sich um eine Kirsche vom Enzufer handeln könnte. Tatsächlich sei das aber nicht der Fall, da die Wildkirschen alle vertrocknet seien und es sich im Flur um eine „Supermarkt-Kirsche“ handelte.

Auf dem Beifahrersitz des BMWs des Angeklagten jedoch konnten unter Zuhilfenahme der chemischen Verbindung Luminol Blutspuren nachgewiesen werden, die auch mit der DNA von Tabitha E. übereinstimmen. Auch auf der Kofferraumabdeckung wurden Spuren von Speichel des Mädchens gefunden. Die Menge jedoch war gering und die Nachfrage der Verteidigerin des Angeklagten, Sibylle Walch-Herrmann, nach dem Alter des Blutes, musste die Kriminaltechnikerin mit „unbekannt“ beantworten.

Verwesung bereits eingesetzt

Am Körper der 17-Jährigen selbst konnten keine DNA-Spuren des Angeklagten festgestellt werden, auch weil der Leichnam bereits Verwesungsgeruch verströmte und am Kopf des Mädchens starker Madenbefall festzustellen war. Die Beweislage anhand der ausgewerteten Spuren am Tatort, im Auto und am Leichnam ist dünn, es läuft daher auf einen Indizienprozess hinaus.

Am Tag nach dem Leichenfund wurde nach den fehlenden Gegenstände von Tabitha E. gesucht. Etwa 300 Meter vom Leichenfundort entfernt, konnte im Gebüsch ihr Verbundpass sichergestellt werden. Im Schotterbereich einer Parkbucht wurde ihre Handyhülle gefunden. Auch an den Gegenständen waren nur nicht verwendbare Mischspuren nachzuweisen.

Nach der Festnahme des Angeklagten wurde auch er auf Spuren des Kampfes untersucht. Seine Hände waren ohne Auffälligkeiten, berichtete die Kriminaltechnikerin. Er habe aufgeraute Haut an den Knien gehabt und rötliche Hautverfärbungen an der linken Wange sowie am Hals. DNA des getöteten Mädchens jedoch sei nicht zu finden gewesen.

Zwei ehemalige Mitbewohner beschreiben den Angeklagten
Zwei 30-Jährige waren als Zeugen geladen. Beide wohnten 2017/18 im selben Flüchtlingsheim wie der Angeklagte. Einer der Männer, ein Elektroniker aus Sachsenheim, war auch ein Jahr lang sein Mitbewohner in der Markgröninger Wohnung. Sie hätten sich auch danach noch wöchentlich getroffen. Früher seien sie öfters zusammen in die Disco gegangen. Der Freund habe den Angeklagten mehrfach darauf hingewiesen, dass es per Gesetz nicht erlaubt sei, Minderjährige zu treffen. Der 36-Jährige hätte gesagt, dass er sich nicht von der 17-Jährigen fernhalten könne, er sei verliebt, sie seien zusammen, er wolle sie heiraten, sobald sie 18 Jahre alt sei. Von Geschlechtsverkehr habe er berichtet. Auch dem anderen Bekannten sagte Naim A., dass er und Tabitha E. ein Paar seien. Auch jener habe wegen des Alters zum Angeklagten gesagt: „Das passt nicht zusammen.“

Info
Weitere vier Verhandlungstage sind angesetzt, der nächste ist am Montag, 15. Mai. Das Urteil wird voraussichtlich am 25. Mai gesprochen.

 
 
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