Prozess um erschossenen Asperger Mutter des Getöteten: „Wir werden die Tat niemals verzeihen“

Von Petra Häussermann
Auf diesem Schotterplatz in Asperg vor ziemlich genau einem Jahr sind die tödlichen Schüsse gefallen. Der 18-jährige Lukas starb. Foto: /Martin Kalb

Im Prozess um den erschossenen 18-Jährigen forderten die Verteidiger des Schützen am Dienstag eine Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht.

Drei Tage nach dem ersten Todestag ihres Sohnes hat sich die Mutter des getöteten Lukas aus Asperg im Gericht mit einem leidenschaftlichen Plädoyer an jeden Einzelnen der drei Angeklagten gewandt und deren Tatbeteiligung am grausamen Geschehen aus ihrer Sicht bewertet. Mehrere Male brach ihre Stimme ab, doch sie fing sich wieder, wollte „Lukas hier eine Stimme geben“. Sie bewertete die Tat als Mord und forderte eine Verurteilung der Angeklagten nach dem Erwachsenenstrafrecht statt dem milderen Jugendstrafrecht.

„Wir hoffen auf ein gerechtes Urteil der Kammer, denn wir haben lebenslang bekommen und müssen mit der unsagbaren Schwere überleben“, sagte die Mutter, die gemeinsam mit ihrem Mann und dem jüngeren Bruder des Getöteten als Nebenkläger am Verfahren beteiligt ist. Ganz im Gegensatz dazu forderten die beiden Verteidiger des jüngsten Angeklagten aus Möglingen seinen Freispruch und eine Entschädigung für die elfmonatige Untersuchungshaft. Damit folgten sie dem Antrag der Staatsanwaltschaft, der eine Beteiligung am Tatort für nicht nachweisbar hielt.

Verteidiger fordern Anwendung des Jugendstrafrechts

Aus Überzeugung der Verteidigung des Schützen bewegt sich dieser Fall im klassischen Jugendstrafrecht. Die beiden Rechtsanwälte halten demnach eine Strafe von nicht mehr als fünf Jahren für tat- und schuldangemessen. Angesichts seines multiplen Drogenkonsums plädierten sie zudem für eine Anordnung des Gerichts, dass ihr Mandant in einer Entzugsklinik eine Therapie machen kann.

Vor genau einem Jahr hatten sich der 18-Jährige aus Asperg und ein gleichaltriger Kumpel auf einem Schotterparkplatz in der 13 000-Einwohner-Gemeinde mitten in der Nacht mit den beiden gleichaltrigen Cousins getroffen. Der Schütze hatte in weniger als drei Sekunden 21 Schuss aus einer illegalen Kriegswaffe abgefeuert und damit den 18-jährigen Lukas sofort getötet und seinen Freund schwer verletzt. Bis heute ist der tatsächliche Anlass für die „Aussprache“ nicht ans Tageslicht gekommen. Auch von der Waffe fehlt jede Spur.

Zu Beginn des Verfahrens ließ der 21-jährige Schütze, der sich unmittelbar nach der Tat zunächst nach Serbien abgesetzt hatte, seine Verteidiger eine Erklärung abgeben und räumte die tödlichen Schüsse ein. Angesichts der unzuverlässigen Zeugen und den teilweise unklaren Punkten in der Anklageschrift habe das Geständnis einen „enorm hohen Wert“, betonte die Verteidigung nun. Für sie ist „das spontane Tatgeschehen durch tragische Umstände vollkommen aus dem Ruder gelaufen“, als sich der 21-Jährige im Dunkeln des Parkplatzes durch die herannahenden beiden Kumpels und einer Bewegung wie das Ziehen einer Waffe bedroht fühlte und schoss.

Die beiden Verteidiger des Fahrers, der den gesamten Prozess von seinem Recht zu schweigen, Gebrauch gemacht hatte, werden in fünf Tagen plädieren. Er hatte seinen Cousin mit der automatischen Waffe extra in Leinfelden abgeholt und damit aus Sicht der Mutter „den Mörder unseres Sohnes mitgebracht“. Die unvorstellbar sinnlose Tat habe den einst sicheren Ort, „wo unsere Kinder glücklich aufgewachsen sind“, zu einem Platz gemacht, der nie mehr so sein werde wie zuvor.

 
 
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