Schulleiter und Schüler im Kreis Ludwigsburg Autokorrektur oder Rechtschreibregeln

Von Emily Schwab
Ist es in Zeiten von Autokorrektur und Künstlicher Intelligenz noch wichtig, korrekte Rechtschreibung zu lernen? Foto: dpa/Jens Büttner

Einige Bundesländer wollen die Benotung von Rechtschreibfehlern im Unterricht abschaffen. Schüler sowie Schulleiter aus der Region sind aber weiterhin für die Einhaltung von Regeln.

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iktate und Minuspunkte bei Fehlern in der Rechtschreibung – in der Schule wird großen Wert auf fehlerfreies Schreiben gelegt. Doch ist die Wichtigkeit der Rechtschreibung in Zeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) und Autokorrektur-Diensten noch so elementar wie sie einst war? Und wie könnten diese Dienste das Schulwesen beeinflussen?

Rechtschreibung: Kein gravierendes Problem?

Als das Bundesland Schleswig-Holstein verkündete, den sogenannten „Fehlerquotienten“ zur Benotung von Rechtschreibfehlern abzuschaffen, wurde diskutiert – sollen Rechtschreibfehler einfach ignoriert werden? Ministerpräsident Winfried Kretschmann legte auch seine Zweifel an der Bedeutsamkeit der Rechtschreibung offen. „Ich glaube nicht, dass Rechtschreibung jetzt zu den großen, gravierenden Problemen der Bildungspolitik gehört“ sagte er. Laut seiner Aussage sei das fehlerfreie Erlernen der deutschen Rechtschreibung überflüssig, da Computer- und Handydienste Fehler ohnehin automatisch korrigierten. Zudem hinterfragte er, ob es noch wichtig sei, eine zweite Fremdsprache in der Schule zu lernen „wenn das Handy Gespräche in fast jede Sprache der Welt in Echtzeit übersetzen kann“.

Wir haben Schüler und Schulleitungen im Kreis Ludwigsburg gefragt, welche Vorteile sowie Gefahren sie in KI und Autokorrektur-Diensten sehen oder ob sie in Bezug auf die Rechtschreibung Veränderungen wahrgenommen haben.

So bestehe laut den Schulleitern der Realschule im Aurain in Bietigheim-Bissingen, Melanie Heffner-Leitner und Harald Schmitt, eine Gefahr dann, wenn man sich auf Autokorrektur-Dienste verlässt und sich daran gewöhnt, dass jeder Fehler automatisch korrigiert wird. Denn: „Wenn die Fehler zu grundlegend sind, helfen auch die besten Korrekturprogramme nicht“, so die beiden Schulleiter.

Zudem hätten sie in den vergangenen Jahren vermehrt Probleme mit der Rechtschreibung bei den Schülern wahrgenommen. Manche hätten auch Schwierigkeiten mit der richtigen Haltung eines Stiftes, was vermutlich darauf zurückzuführen sei, dass zuhause nicht mehr viel Wert auf Schreiben und Lesen gelegt werde, oder die Nutzung von Medien dies beeinflusse, so die Schulleiter. Ebenso gebe es jedoch mehr Schülerinnen und Schüler, deren Muttersprache nicht deutsch ist und für die Rechtschreibung ein noch größeres Problem sei.

Eine Veränderung im Schreibduktus konnte auch der Schulleiter des Lichtenstern-Gymnasiums Sachsenheim, Helmut Dinkel, feststellen. Seiner Beobachtung nach verfallen manche Schüler in eine Schreibweise, welche sehr der einer Chatnachricht ähnele. Jedoch habe es auch früher Schülerinnen und Schüler gegeben, die große Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung hatten.

Gezielte Rechtschreibförderung notwendig

Mit einer gezielten Rechtschreibförderung soll dies bewältigt werden. Laut Dinkel habe die Bildungspolitik sicherlich viele andere Entscheidungen zu treffen und Rechtschreibung sei bestimmt nicht das wesentliche Thema. Doch für Lehrerinnen und Lehrer sei es von permanenter Relevanz. So ist auch die Medienkompetenz am Lichtenstern-Gymnasium Teil des Unterrichts. Von den Klassen fünf bis acht werden digitale Medien modulweise eingesetzt, ab der neunten Klasse werden die Schüler mit Tablets ausgestattet, da ab dieser Jahrgangsstufe Autokorrektur-Dienste laut Dinkel eine wesentliche Rolle spielen.

Auch hier sieht der Pädagoge die Gefahr, dass durch Einsatz dieser Techniken die korrekte Rechtschreibung vernachlässigt werde. „Korrektes Schreiben ist eine Kulturtechnik. Bedauerlich, wenn diese an Bedeutung verlieren würde“, sagt Dinkel.

Manche Schüler der Gemeinschaftsschule am Sonnenfeld in Sachsenheim beobachten, dass ihre Rechtschreibung darunter leide, wenn sie sich zu sehr auf Autokorrekturdienste verlassen. Von fünf befragten Schülern der Gemeinschaftsschule sagen drei, dass sie Mankos in der Rechtschreibung haben, da sie gewohnt seien, dass die Autokorrektur Fehler korrigiert. Zwei der Schüler betonten jedoch, dass sie sich das Korrigierte sogar besser merken können und das Neugelernte beim nächsten Mal gleich anwenden.

Dies bestätigte der Schulsprecher des Ellentalgymnasiums Bietigheim-Bissingen, Timo Schlegel. Er könne keine dramatischen Fehler ohne die Anwendung eines Korrekturdienstes feststellen. In beiden Schulen werde großen Wert auf Rechtschreibung gelegt und auch dementsprechend – zumindest im Deutschunterricht – bewertet. Das soll auch weiterhin so bleiben, nicht nur, weil dies zum Allgemeinwissen gehöre, sondern weil Kenntnisse in Rechtschreibung auch das Selbstvertrauen stärken können.

Allgemeinwissen bleibt von Bedeutung

Die Schüler der Gemeinschaftsschule Sonnenfeld sind sich einig darin, dass auch in Zukunft nicht auf Papier verzichtet werden kann. Denn schließlich gebe es auf Papier keine Autokorrektur.

Zudem würde das Erlernen der Rechtschreibung und das Schreiben von Hand andere Bereiche im Gehirn aktivieren als beim Benutzen von Computer oder Handys , so der Sprecher des Ellentalgymnasiums. Sein Fazit: Die Erhaltung eines fundierten Allgemeinwissens bleibe für Schülerinnen und Lehrkräfte von Bedeutung.

Künstliche Intelligenz in Schulen

Künstliche Intelligenz (KI) in der Schule? Wie sind die Meinungen von Schülern und Lehrer in Bezug auf den Einsatz von KI. Alle befragten Schüler nennen den Einsatz der KI als Vorteil. Sie könne eine gute Hilfestellung sein, ob beim Schreiben von Zusammenfassungen, beim Recherchieren, Vokabeln lernen oder wenn man eine PowerPoint-Präsentation vorbereiten muss, so die Schülerinnen und Schüler.

Eine zweite Fremdsprache zu erlernen, halten die Schulleiter der Realschule im Aurain in Bietigheim-Bissingen, Melanie Heffner-Leitner und Harald Schmitt, sowie Helmut Dinkel vom Lichtenstern-Gymnasium Sachsenheim als essenziell. Eine Fremdsprache fördere das Kulturverständnis und gehört zum Allgemeinwissen. Dies würde nicht nur helfen, andere Kulturen sondern auch seine eigene Sprache besser zu verstehen. Laut Dinkel, sei selbst eine „tote“ Sprache wie Latein maßgeblich für ein besseres Kulturverständnis. Desgleichen sei Sprache ein wesentlicher Schlüssel für eine friedvolle Völkerverständigung, sagt der Schulleiter.

Doch wie sieht die Zukunft mit den neuen Medien aus? Könnte die KI erhebliche Veränderungen des Lehrplans oder des Schulsystems bedeuten? Dass die KI verantwortungsvoll für das Schulwesen genutzt werden soll, ist beiden Schulen wichtig. Zudem müsse man „eine gewisse Beurteilungskompetenz erwerben, Ergebnisse, die uns künstliche Intelligenz liefern, richtig einschätzen zu können“, so Dinkel. Dafür benötige es einen fundierten Wissensschatz. Ebenso betont er, dass man sich die Frage stellen müsse, welchen Wert Prüfungsformate wie Referate oder Hausarbeiten in Zukunft haben werden, bei Einsatz von KI.

Einig sind sich Heffner-Leitner und Schmitt, dass sich das Schulwesen auf eine Art verändern wird, wie wir es noch nicht voraussehen können. Wichtig sei es jedoch, „die Chancen und Risiken zu kennen und sie gewinnbringend einzusetzen, wo es angebracht ist“. 

 
 
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