Sersheim Von der Putzfrau zur Bereichsleiterin

Von Claudia Mocek
Glückwünsche an Marina Lysak (Zweite von links) gab es von Armin Dzaferovic (von links), Claudia Deimel-Hirsch und Hausdirektorin Kerstin Zerrenner. Foto: /Richard Dannenmann

Marina Lysak (50) hat vor Kurzem im Haus am Schlösslesbrunnen zwei Ausbildungen abgeschlossen. Die Agentur für Arbeit hat sie und das Altenheim dabei unterstützt. Warum das Qualifizierungschancengesetz für Arbeitnehmer und Arbeitgeber Möglichkeiten bietet.

Zuerst hatte ich ein bisschen Angst, ob ich das mit der Sprache schaffe“, sagt Marina Lysak. Doch dann traute sich die heute 50-Jährige und begann im Haus am Schlösslesbrunnen in Sersheim eine Ausbildung – zunächst zur Altenpflegehelferin, dann zur Altenpflegerin. Beides schloss sie mit der Note 1,0 ab. In Kürze wird sie außerdem die Ausbildung zur Wohnbereichsleiterin absolvieren. „Ein echter Gewinn für unser Haus“, sagt Hausdirektorin Kerstin Zerrenner. „Eine besondere Leistung“, sagt Armin Dzaferovic von der Agentur für Arbeit Ludwigsburg. Marina Lysak sei ein gutes Beispiel dafür, wie Arbeitnehmer und Arbeitgeber vom Qualifizierungschancengesetz profitieren könnten.

Als Putzfrau gestartet

In Russland geboren, studierte Marina Lysak an einer Hochschule in der Ukraine. 1999 kam die Ingenieurin mit Fachrichtung Maschinenbau nach Deutschland und wurde Mutter einer Tochter. Da ihr Abschluss hier jedoch nicht anerkannt wurde, begann sie im Haus am Schlösslesbrunnen zu arbeiten – zunächst als Putzfrau.

Nach über drei Jahren wechselte sie in den Pflegebereich, und Kerstin Zerrenner überzeugte sie schließlich davon, die Ausbildung zur Altenpflegehelferin und im Anschluss zur Altenpflegerin zu absolvieren. Praxiseinsätze etwa beim Mobilen Dienst oder in der Langzeitpflege wechselten mit Blockunterricht am Diakonischen Institut für Soziale Berufe in Heilbronn ab. Insgesamt konnte Marina Lysak die Ausbildungszeit von vier auf drei Jahre verkürzen. „Ich weiß nicht, ob das ohne die Unterstützung durch das Arbeitsamt möglich gewesen wäre“, sagt die Alleinerziehende.

Auch eine Chance für Ältere

Aufgrund des Qualifizierungschancengesetzes kann das Arbeitsamt Arbeitnehmer fördern und gleichzeitig den Arbeitgeber entlasten, erklärt Teamleiter Armin Dzaferovic. Der Arbeitnehmer erhält während der Ausbildung das bisherige Gehalt, der Arbeitgeber bekommt einen Zuschuss von bis zu hundert Prozent für den Arbeitsausfall. Darüber hinaus können zum Beispiel Fahrtgeld zum Blockunterricht bezahlt werden, Kosten für die Kinderbetreuung und bei bestandener Prüfung gibt es eine Prämie. Allerdings nur, wenn es nicht zu viele Fehlzeiten gibt. „Ich war noch nie krank“, sagt Lysak stolz.

Die Ausbildung sei auch für Ältere eine Chance, ist sich Arbeitsvermittlerin Claudia Deimel-Hirsch von der Agentur für Arbeit Bietigheim-Bissingen sicher. Sie bedeute Wertschätzung und auch mehr Verantwortung. Während Pflegehelfer für die Grundpflege zuständig sind, dazu zählen zum Beispiel das Wecken der Bewohner und die Pflege im Bad, übernehmen die Fachkräfte die Kommunikation mit den Ärzten, dürfen Verbände wechseln und Spritzen setzen. Bei der Ausbildung zur Altenpflegerin habe ihr die Erfahrung aus der Praxis sehr geholfen, erzählt Lysak. In den gemischten Klassen seien auch sehr junge Mitschüler gewesen, denen diese Erfahrung gefehlt habe.

Marina Lysak hat ihre Ausbildung am 1. Oktober abgeschlossen und wurde sofort von dem Heim der Evangelischen Heimstiftung als Fachkraft übernommen. Das Qualifizierungschancengesetz sei eine gute Möglichkeit, um den Fachkräftemangel in fast allen Branchen abzumildern, ist Dzaferovic überzeugt. Doch bisher halte sich die Nachfrage im Kreis in Grenzen. Solche Qualifizierungen bedeuten für den Arbeitgeber einen gewissen Aufwand, bestätigt Claudia Deimel-Hirsch. „Doch er lohnt sich, denn es geht um viel Geld“, sagt Dzaferovic. Bei den Ausbildungen gehe es auch darum, das eigene Unternehmen zukunftssicher aufzustellen: „Es ist eine Investition in die eigene Belegschaft.“

Ein Koffer voller Geld

Claudia Deimel-Hirsch, die Unternehmen zu Qualifizierungen berät, bedauert, dass in manchen Betrieben zwar Ausbildungen nach dem Qualifizierungschancengesetz vorgenommen würden, diese Möglichkeit aber zum Beispiel durch einen Wechsel in der Personalabteilung rasch wieder in Vergessenheit gerate. „Bildlich gesprochen bieten wir einen Koffer voller Geld, mit dem Unternehmen ihre Mitarbeitenden zu Fachkräften qualifizieren können“, sagt Dzaferovic.

„Pflege, das hat mit meiner Seele zu tun“, sagt Marina Lysak. Das Haus am Schlösslesbrunnen „ist mein zweites Zuhause“. Deswegen freut sie sich darüber, dass sie nun als Wohnbereichsleiterin für 31 Mitarbeiter noch mehr Verantwortung übernehmen kann.

 
 
- Anzeige -